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Die Bibel

Die Bibel

Titel: Die Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Nürnberger
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auf die Kollaborateure herunterschauten. Man versteht auch, warum der Geringste unter ihnen, der Zöllner, der halt auch seinen kleinen Vorteil aus der allgemeinüblichen Korruption und Kollaboration ziehen wollte, der am meisten Verachtete in Israel war – obwohl diese Rolle eigentlich dem König und einigen opportunistischen Hohepriestern hätte zufallen müssen.
    Das wird Jesus durch den Kopf gegangen sein, als er seine Pharisäer-Zöllner-Geschichte erzählte. Er sieht das Ganze mit einem anderen Blick, und unter dieser anderen Sichtweise tut Jesus der sündige Zöllner plötzlich Leid. Und über den schriftgelehrten Gutmenschen ärgert er sich.
    Ihm, dem zu Recht geachteten, anständigen Menschen, sagt Jesus: Bilde dir nicht so viel ein auf deinen vorbildlichen Lebenswandel. Was aus dir geworden ist, verdankst du zum geringsten Teil dir selbst und zum größten deiner Herkunft, für die du nichts kannst, deiner Bildung, die man dir angedeihen ließ, sodass du heute lieber arm und gerecht als ein reicher Ausbeuter sein willst und darum jetzt vor Gott so großartig dazustehen scheinst.
    Dass einer zum Zöllner wird, ist zwar dessen eigene Schuld, niemand wird dazu gezwungen. Aber wenn so einer sich seiner Schuld bewusst wird und bereut, dann ist die pharisäische Verachtung das Letzte, was dieser reuige Sünder verdient. Vor Gott sind alle gleich, vor Gott sind alle Sünder, auch der Pharisäer.
    So etwas treibt natürlich die Pharisäer zur Weißglut: Willst du etwa unsere Lebensleistung in den Dreck ziehen? Willst du etwa die Unterschiede zwischen unserem aufrechten Gang und dem schmierigen Gebuckel der Zöllner verwischen? Woran soll das Volk sich halten, wenn jetzt plötzlich der Zöllner auf der gleichen Stufe steht oder gar auf einer höheren als der Pharisäer?
    Sie haben ja recht, die Pharisäer, aber genau daran, an ihrer Selbstgerechtigkeit, nimmt Jesus Anstoß. Wer immer nur Recht hat und längst alles weiß, ist nicht mehr zu ändern. Deshalb schleudert er diesen gebildeten, politisch korrekten, hochanständigen Leuten entgegen:
Wahrlich, ich sage euch: Die Zöllner und die Huren kommen eher in das Reich Gottes als ihr
.
    Gott ist es egal, ob einer ein Gerechter oder ein Sünder ist. Es kommt einzig darauf an, ob einer mithilft an der Verwirklichung der Pläne Gottes. Dabei macht Gott die Erfahrung, dass gerade von den Gerechten, oder denen, die sich dafür halten, die geringste Hilfe kommt. Wozu auch? Sie machen doch bereits alles richtig. An ihnen liegt es nicht, wenn diese Welt nicht funktioniert. Sie wissen ohnehin, was zu tun ist. Dass es nicht getan wird und die Welt nicht auf sie hört, liegt nicht an ihnen, sondern an den anderen.
    Was also will dieser Jesus eigentlich von uns? Warum muss er uns dauernd piesacken und auf die Nerven gehen? Er soll doch erst mal seinen Umgang mit Huren und gottlosen Zöllnern überdenken, dieser Fresser und Weinsäufer. Wer Umgang mit Unreinen hat, ist selber unrein. Und von so einem sollen wir, die Reinen, uns belehren und beschimpfen lassen?
    Deshalb, weil die «Gerechten» in dieser Weise argumentieren, ist Gott auf die Sünder und Zöllner angewiesen. Nur mit Menschen, die wissen, wie sehr sie sich in Schuld verstrickt haben, die darunter leiden und denen bewusst ist, dass sie sich aus eigener Kraft nicht aus ihrer Verstrickung befreien können, kann Gott das Neue schaffen.
    Mit solchen Überlegungen dringt Jesus bei den Pharisäern und Schriftgelehrten nicht durch. Für die ist es schon schlimm genug, dass er sie dauernd angreift. Es kommt aber noch hinzu, dass er selbst kein Schriftgelehrter ist, nicht dazugehört und sich eigentlich mit nichts anderem legitimieren kann als mit seinem durch nichts gerechtfertigten Selbstbewusstsein. Außerdem bringt er das Volk in Aufruhr, er ist gefährlich. Darum muss dieser Jesus zum Schweigen gebracht werden. Mit welchen Mitteln auch immer.
    Außer den Pharisäern gibt es in Israel noch die Sadduzäer, die Essener und Zeloten. Wäre Jesus ein kluger Taktierer mit diplomatischem Geschick, würde er sich mit einer dieser einflussreichen Gruppen verbünden, ein paar Kompromisse machen, um wenigstens einen Teil seines «Programms» zu verwirklichen. Das Problemist nur: Gottes Plan, den Jesus wieder neu ausführen will, verträgt keine Kompromisse. Alle diese Gruppen haben schon ihr festes Weltbild, ihre unverrückbaren Überzeugungen, und darin ist der Plan Gottes entweder nicht vorgesehen oder, wie viele glauben, schon

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