Die bitter sueße Fortsetzung
Köchen, wenn sie im Stress sind, doch nicht ungewöhnlich. Das kennst du doch!«
»Er hat auch noch andere Macken. Du solltest mal hören, wie er seinen Kaffee morgens schlürft. Das klingt, als wenn Kurt aus seinem Trinknapf schlabbert. Und beim Kauen macht sein Kiefer so laute Geräusche, dass ich befürchte, dass er jeden Moment eine Maulsperre bekommt. Dieses Knacken geht mir jedes Mal durch Mark und Bein. Essen, trinken und arbeiten mit Gerald ist die reinste Zumutung. Also was bleibt da noch?«
»Sex?«
»Solange er sich zu seiner gewohnten Lieblingsmusik rhythmisch rein und raus bewegen kann, ist die Welt des kleinen Geralds in bester Ordnung. Aber wehe ich lege eine andere CD ein. Dann kommt er gewaltig in die Bredouille und verzieht sich schneller, als du gucken kannst wieder in sein Schneckenhaus. Wir vögeln jetzt seit einem halben Jahr zu Kuschelrock 1 bis 7. Aber gestern reichte es mir mit The Power of Love. Mir war nach ACDC! Das hat ihn komplett überfordert.« Obwohl ich über die intimen Geständnisse meiner Freundin schmunzeln muss, sage ich »Ich würde liebend gern mit dir tauschen. Gegen meinen Kummer feierst du hier gerade einen gemütlichen Kindergeburtstag.«
»Kummer? War Nürnberg etwa ein Flop?« Ich schüttle den Kopf und überlege, wie ich meine Probleme in einem Satz zusammenfassen kann.
»Während ich auf der Messe den Megadeal an Land gezogen habe, hat Martin bei Corinna geschlafen!«
»Bei ihr oder mit ihr?!«
»Weiß ich nicht«, heule ich. Anja steht auf und nimmt sich das Haustelefon. Sie spricht mit Lena und trägt ihr auf, reichlich gut gekühlten, trockenen Sekt, Holunderblütensirup, Limetten und Minze in die Wohnung zu bringen.
»Und zackig, wenn ich bitten darf. Danach fährst du zu Lotte ins Haus und holst Kurt ab und gehst mit ihm spazieren.«
Es ist schon nach zehn und unsere Konversation ist aufgrund des stetig steigenden Alkoholspiegels auf zwei bis maximal dreisilbige Worte geschrumpft.
»Mistkerle!«
»Sauhunde!«
»Verdammte!«
»Wie blöd...«
»Waren wir?«
»Nach Hause!«
»Geht nicht!«
»Wieso nicht?«
»Haus verkauft!«
»So schnell?«
»Guter Preis!«
»An wen?«
»Frag Gerald!«
»Ich muss gleich spucken!«
»Das waren fünf Silben. Also schenk nach, Lotte!«
»Guter Hugo!«
»Auf Lotte!«
»Auf Anja!«
»Auf früher!«
»Auf künftig!«
»Ja, auf uns!«
Als sich gegen Mitternacht die Wohnungstür öffnet und Gerald und Martin im Wohnzimmer stehen, ruft Anja erbost »Raus hier!« Und ich füge an »Ja, genau!«
»Ihr seid ja völlig blau!«
»Zu viele Silben. Du bist raus, Seibert!«
»Und du Schnapsdrossel kommst jetzt mit mir nach Hause!« Der Riese wirft mich über seine Schultern und trägt mich die Treppe hinunter. Auf dem dunklen Parkplatz stellt er mich an seinem Wagen ab und fragt nach dem Grund für unser Saufgelage. Mit großer Anstrengung versuche ich, in sein Gesicht zu sehen und ich merke, dass ich ständig nach vorn und wieder zurück wanke.
»Du allein bist der Grund!«, jammere ich.
»Ich? Was habe ich denn schon wieder verbrochen?«
»Wo warst du Mittwochnacht?«
»Mittwoch? Nach dem anstrengenden Tag mit den Münchnern habe ich bei Corinna auf dem Sofa geschlafen. Es war spät und ich durfte nicht mehr fahren.«
»Du streitest es noch nicht einmal ab?«
»Warum sollte ich?«
»Weshalb hast du dir kein Taxi genommen? Etwa knapp bei Kasse? Verkauf mich nicht für blöd!«
»Du hast dich ganz umsonst zugeschüttet. Deine Vermutung ist völlig absurd. Ich will nichts mehr von Corinna und sie will nichts mehr von mir.« Ich versuche mich auf einen Punkt zu konzentrieren und spreche mit erhobenen Finger betont langsam und deutlich.
»Sie.. will.. dich.. zurück! Ich.. habe.. es.. mit.. eigenen Ohren.. gehört. Und ..weißt.. du.. was, Seibert. Du ..solltest.. ihrem.... Rülps! Oh Tschuldigung«...solltest ihrem Wunsch folgen. Sie passt viel besser zu dir. Lass uns vernünftig sein und uns eingestehen, dass es mit uns nicht geklappt hat. Es.. war.. ein.. Versuch.... Und höre sofort auf, mich ständig zu küssen, wenn ich gerade dabei bin, mit dir Schluss zu machen!«
»Du willst in deinem Brausebrand mit mir Schluss machen? Warum?« Ich sehe, dass er schon wieder über mich lacht und ich antworte ihm so ernsthaft wie mein Zustand es zulässt.
»Ich bin nicht die Richtige für dich. Du
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