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Die Bleiche Hand Des Schicksals

Die Bleiche Hand Des Schicksals

Titel: Die Bleiche Hand Des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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dass die Frage gar nicht so weit hergeholt war. Denn auf seine Weise hatte sein Vater seiner Mutter häufig weh getan.
    Als der Chief ihn dabei erwischt hatte, wie er Jack Daniels trank und eine Gruppe Jugendlicher dabei anführte, Reifen anzuzünden und den Hügel der Müllhalde hinunterzurollen, hatte er Russ hinter seinen Geländewagen gezogen, um ihm ins Gewissen zu reden. Für die übrigen Jungs musste es so gewirkt haben, als wäre Russ nur mit knapper Not einer Festnahme entgangen. Aber in Wahrheit hatte Liddle Russ nicht mit dem Gefängnis gedroht. Stattdessen hatte er Russ gemustert, als wäre dieser in eine Kirche eingebrochen, und gesagt: »Russ, meinst du nicht, dass deine Mutter schon genug durchgemacht hat, ohne dass du ihr mit diesen Narrheiten Kummer bereitest? Wie willst du ihr in die Augen sehen, wenn ich dich nach Hause bringen muss …« Er sagte nicht, wie deinen Vater. Das musste er nicht.
    Russ hätte nicht gewusst, wie er Shaun davon erzählen sollte, deshalb grunzte er nur und schlug eine ein Jahr alte Ausgabe von Life auf. Darin war eine Fotostrecke einer großen Antikriegsdemonstration. Er schlug sie wieder zu, lehnte sich in dem Plastikstuhl zurück und schloss die Augen.
    Es hätte ein vergnügter Angeltag werden sollen, ein letzter Tag, an dem er nirgendwo Bestimmtes sein und nichts Bestimmtes tun musste. Jetzt war alles verdorben.
    »Ihr Jungs wollt mir erzählen, was passiert ist?«
    Russ öffnete die Augen. Chief Liddle stand vor ihnen, die Daumen in sein Halfter gehakt. Russ und Shaun rappelten sich auf, und Russ ließ Shaun über ihren Angelausflug, die alte Frau, ihre Rettung und die Wiederbelebung quasseln. Er schloss mit dem Bericht, wie sie die alte Frau zum Krankenhaus gefahren hatten, dann sagte er: »Kann ich bitte meine Mutter anrufen, damit sie uns abholt? Mir ist gerade eingefallen, dass uns jemand zum See fahren muss, damit wir mein Auto holen können.«
    Der Chief musterte sie beide gründlich. Er schnüffelte. »Ihr zwei riecht wie eine Kneipe am Samstagabend.«
    Shauns Augen wurden groß und weiß.
    »Das bin ich, Sir«, sagte Russ. »Ich hab Bier getrunken. Aber es ist nicht so schlimm, wie es riecht – ich habe es umgestoßen, als ich mir die Jeans ausgezogen habe, um zu der alten Dame zu schwimmen. Deshalb stinke ich so.«
    Der Chief schüttelte den Kopf. »Russ …«, setzte er an.
    »Russ geht nächste Woche zur Army«, platzte Shaun heraus. »Sie wissen doch, wie es heißt, Chief: ›Wenn du alt genug bist, um für dein Land zu kämpfen …‹«
    »Du gehst nicht, oder?«, fragte Chief Liddle Shaun.
    »Äh, nein.«
    »Dann schlage ich vor, dass du den Mund hältst und nichts trinkst, wenn ich in der Nähe bin. Los jetzt, ruf deine Mutter an.« Das musste man Shaun nicht zweimal sagen. Er spurtete zur Telefonzelle am anderen Ende der Eingangshalle. Liddle sah Russ an, und die Tatsache, dass der Chief mittlerweile nach oben blicken musste, um ihm in die Augen zu schauen, erzeugte in Russ ein merkwürdig orientierungsloses Gefühl, wie damals, nach der Beerdigung seines Vaters, als Mr. Kilmer, der Bestatter, um »Mr. Van Alstynes Unterschrift« gebeten hatte und ihm klar geworden war, dass er ihn meinte, dass er jetzt Mr. Van Alstyne war.
    »Stimmt das?«, fragte der Chief.
    »Ja, Sir.«
    »Hast du dich freiwillig gemeldet, oder bist du eingezogen worden?«
    Russ zögerte. »Ich wurde eingezogen.«
    »Und du fährst nächste Woche?«
    »Mittwoch.«
    Der Chief kaute auf seiner Wange. »Wie nimmt es deine Mutter auf?«
    »So gut, wie zu erwarten war.«
    »Ich werde hin und wieder bei ihr vorbeischauen. Die Dinge im Auge behalten.«
    Russ’ Aufgabe übernehmen. »Ich bin sicher, dass sie das zu schätzen weiß.«
    Der Chief wirkte, als ob er noch etwas anderes sagen wollte, aber er streckte nur die Hand aus. »Dann viel Glück.« Sie schüttelten sich die Hände. »Ich brauche deine Aussage nicht. Du kannst gehen.«
    »Sir?«
    Der Chief zog fragend die Augenbraue hoch.
    »Wer ist die alte Dame? Und warum ist sie in den Stausee gegangen?«
    Die Falten um die Augen des Chiefs vertieften sich ein wenig. »Neugierig?«
    »Ja, Sir.«
    Liddle warf einen Blick auf die Türen der Notaufnahme. »Das ist Mrs. Ketchem.«
    »Ketchem? Wie die Klinik? Und die Molkerei?«
    »Genau die.«
    »Aber sie muss reich sein.«
    Der Chief lächelte ihn an. »Ob das so ist, kann ich dir nicht sagen. Reich oder arm, alle Menschen haben Probleme, Russell.«
    »Hat sie darum versucht, sich, Sie

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