Die Blut-Loge
Estelle sah ihn nur an.
„Sorry, Anwesende ausgeschlossen“, sagte er entschuldigend.
„Ruben hat keine Ahnung, dass ich hier bin. Wenn dein Plan aufgehen soll, wäre es gut, wenn ihn jemand ablenkt“, schlug die Vampirin jetzt vor. Thilo sah sie entsetzt an.
„Du willst doch nicht etwa noch mal in die Höhle des Löwen? Hast du nicht schon genug hinter dir?“
Die junge Frau seufzte. „Ich habe alles verloren, sogar meinen Sohn. Außerdem will ich so nicht mehr weiterleben. Das ist kein Leben, das ist bloßes Existieren, nur von Instinkten geprägt“, gab sie zur Antwort. Thilo verstand.
„Weißt du eigentlich, dass ich mal ganz schön in dich verknallt war, als du noch Evi warst?“, gestand er ihr jetzt.
Estelle blickte ihn verwundert an. „Nein, weiß ich nicht. Ehrlich gesagt, ich habe ich immer für einen Zyniker gehalten, der mir furchtbar auf die Nerven ging.“
Thilo grinste. „Klar, anders konnte ich ja nicht auf mich aufmerksam machen. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr.“ Es blieb eine Weile still.
„Andererseits“, begann er wieder zögerlich, „wenn du dich einsam fühlst, ich meine… ich könnte mir schon noch eine Zukunft mit dir vorstellen.“
Estelle musste lachen. „Lass gut sein, Thilo. Ich möchte dich nicht wandeln. Ich hab schon genug Artgenossen. Als Freund bist du mir lieber.“
„Ich verstehe“, sagte Thilo enttäuscht und unterdrückte ein Gähnen.
Estelle legte tröstend ihre Hand auf seinen Arm. „Fahr nach Hause und ruh dich aus. Ich halte hier weiter Wache. Wir treffen uns morgen Abend wieder hier.“
Thilo Weinbach nickte. „OK, ich sollte mich auch mal wieder rasieren. Also pass auf dich auf.“
Estelle gab ihm einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange. Als sie sich abwandte, um auszusteigen, ergriff sie mit einer blitzschnellen Bewegung die Druckluftpistole und steckte sie vorne in ihren Gürtel. Ohne sich noch einmal umzudrehen, stieg sie aus dem Wagen und ging davon.
Es schien, als hätte Ruben Stark Estelles Besuch erwartet. Seine Haushälterin hatte Ausgang. Er war allein in dem großen Haus. Er war nicht einmal verwundert, als seine frühere Geliebte sein Arbeitszimmer betrat.
„Du siehst immer noch recht mitgenommen aus. So blass – du hast bestimmt lange nichts Frisches mehr zu dir genommen“, begrüßte er sie mit einem süffisanten Lächeln.
„Du siehst auch nicht besser aus“, fauchte sie zurück, „es war ein Fehler, mich dort zurück zu lassen! Bela hat mich befreit.“
Ruben Stark erhob sich langsam hinter seinem Schreibtisch. „Aber genau das lag doch in meiner Absicht. Du solltest mich besser kennen. Ich bin überzeugt, er hat dich nicht gerade überschwänglich begrüßt, oder?“, fragte er lauernd. An Estelles Gesichtsausdruck konnte er erkennen, dass er Recht hatte. „Warum gibst du nicht endlich auf? Unser Sohn wird die Patenschaft der Loge übernehmen. Das ist seine Bestimmung.“
„Wird er nicht, er ist nur gewandelt!“, warf die junge Frau ein.
Ruben Stark lachte laut auf. „Wird er doch – wenn er sich mit der mächtigsten Vampirin verbindet.“ Estelle erschrak bis ins Mark.
„Die schwarze Dame“, murmelte sie. Dr. Hadley hatte ihr einmal von der früheren Fürstin aus Byzanz erzählt. Ruben nickte stolz.
„Richtig, Lady Rilana. Sie wird ihn in den Stand erheben, der ihm zusteht. Bei der Vermählung wird er ihr Blut trinken und damit alle Rechte zurückerhalten, die du ihm durch diese unsinnige Taufe gestohlen hast!“
„Du verfluchter….“, mit unbändigem Zorn sprang Estelle vor und griff den älteren, aber immer noch stärkeren Vampir mit einem Sprung an. Dabei flog die Pistole aus ihrem Gürtel und rutschte auf dem Boden in Richtung Tür.
Ruben lachte wieder, als er das sah. „Silberkugeln? Ich hätte dich für schlauer gehalten!“
Sein linker Arm schnellte vor, und er fing ihren Angriff ab, indem er sie mit einer Hand an der Kehle packte und mit aller Kraft gegen die Wand stieß. Estelle keuchte und versuchte, den erstickenden Griff mit beiden Händen abzuwehren. Ruben presste sie mit seinem ganzen Gewicht gegen die Wand.
„Vergiss es, Engelchen. Du gehörst nach wie vor mir! Diese Droge hat mich vielleicht älter gemacht, aber ich habe immer noch den gleichen Appetit wie früher!“.
Estelle spürte seine rechte Hand in ihrem Schritt. Ihre Situation schien ausweglos.
„Und erlöse uns von dem Bösen!“ kam eine bekannte zynische Stimme aus Richtung Tür. Es folgte ein
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