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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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Er war klein, schwarz, schwach, eine schlecht verharschte Narbe durchschnitt wie ein weißer Haken sein vertrocknetes und schlaffes Gesicht. Es war dies die Erinnerung an eine Wunde, die ihn für tot auf den Sand hingestreckt hatte, und zu dieser Erinnerung gesellten sich noch andere, die sein Körper an verschiedenen Stellen aufwies. Wie durch ein Wunder kam er trotz all' dieser Verletzungen mit dem Leben davon, doch das Grausamste war für ihn, daß die Leute über sein Unglück lachten und ein Vergnügen daran fanden, wenn sie sahen, wie die Stiere ihn zugerichtet hatten. Endlich mußte sich seine starrköpfige Ungeschicklichkeit vor der Ungunst des Glückes für besiegt erklären und er wurde der treue Diener seines alten Kameraden. Er war der glühendste Bewunderer Gallardos und tat sich manchmal etwas auf seine Freundschaft zugute, indem er sich Ratschläge und Kritiken erlaubte: wäre er an Stelle seines Herrn gewesen, so hätte er manches besser gemacht. Die Freunde des Torero hatten über die gescheiterten Ambitionen seines Dieners viel zu lachen, doch dieser kümmerte sich nicht um diese Scherze. Er sollte auf die Stiere verzichten? Niemals! Um aber die Erinnerung an seine Vergangenheit nicht ganz zu verwischen, kämmte er sich das störrige Haar in glänzenden Locken über die Ohren und trug rückwärts das traditionelle Büschel Haare, das Kennzeichen des Toreros. Wenn sich Gallardo mit ihm zankte, ereiferte sich der Espada immer über diesen Kopfputz. Garabato hörte alle Drohungen seines Herrn an, ohne ein Wort zu erwidern,rächte sich aber, indem er sich in Schweigen hüllte und mit einem Achselzucken die fröhliche Laune Gallardos beantwortete, wenn dieser nach einem glücklichen Stiergefecht mit kindlicher Befriedigung fragte: »Nun, was denkst du?« Von ihrer früheren Kameradschaft her hatte er das Vorrecht behalten, seinen Herrn zu duzen, er konnte gar nicht anders mit ihm sprechen. Doch begleitete er jedes »Du« mit einer würdevollen Bewegung, mit einem Ausdruck tiefen Respektes. Seine Vertraulichkeit war ungefähr dieselbe, mit welcher die alten Knappen ihre Raubritter behandelten.
    Torero vom Scheitel bis zur Sohle war er gleichzeitig auch Schneider und Kammerdiener. Bekleidet mit einem englischen Anzug, einem Geschenk seines Herrn, brachte er Büchsen mit Näh- und Stecknadeln und auf einem Kissen verschiedene schon eingefädelte Nadeln. Seine trockene, braune Hand hatte eine fast frauenhafte Anmut, die Gegenstände zu handhaben und herzurichten. Als er die für seinen Herrn notwendige Kleidung auf dem Bette ausgebreitet hatte, musterte er noch einmal die verschiedenen Gegenstände, um sich zu überzeugen, daß nichts fehlte. Dann stellte er sich in die Mitte des Zimmers, und ohne Gallardo anzublicken, sagte er, gleichsam zu sich sprechend, mit mürrischer Stimme und starker Betonung: »Zwei Uhr!«
    Gallardo hob nervös den Kopf, als hätte er die Gegenwart des Dieners bis jetzt noch nicht bemerkt. Er steckte seinen Brief in die Tasche und ging nachlässig durch das Zimmer, wie um den Augenblick des Anziehens hinauszuschieben. Doch plötzlich belebte sich sein blasses Gesicht wie unter einem heftigen Schlag, seine Augen öffneten sichweit, als ob er unter der Einwirkung einer furchtbaren Überraschung zu leiden hätte. »Welches Kleid hast du da herausgenommen?« Garabato zeigte auf das Bett, doch ehe er antworten konnte, schrie ihn der Torero zornig an: »Verdammt! Kennst du noch immer nicht dein Geschäft? Bist du verrückt! Ich soll hier in Madrid gegen Stiere aus Miura auftreten und du bringst mir den roten Anzug, denselben, welchen der arme Emanuel Espartero trug? Es scheint, daß du mir den Tod wünschest, du Schurke!« Seine Erregung stieg in dem Maße, als er den Gedanken, der einer Todesdrohung gleichkam, weiterspann. Seine Augen funkelten in einem feindseligen Feuer, als wenn er gerade einen heimtückischen Überfall erlebt hätte. Das Weiße der Augen rötete sich und es schien, als ob er über den armen Garabato herfallen wollte.
    Ein diskretes Klopfen an der Tür machte dieser Szene ein Ende. »Herein!« Ein junger, weißgekleideter Mann mit roter Krawatte und dem Filzhut in der Hand, trat in das Zimmer. Gallardo erkannte ihn sogleich mit jener Leichtigkeit, mit der sich Leute, welche immer vor den Augen der Menge stehen, an Gesichter erinnern. Sein Zorn verwandelte sich sofort in liebenswürdigste Freundlichkeit. Es war ein Freund aus Bilbao, einer aus der Schar seiner

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