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Die Blutlinie

Die Blutlinie

Titel: Die Blutlinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyn
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gebeten zu bleiben, nachdem die anderen gegangen sind, nur für ein paar Minuten.
    »Und?«, fragt sie nach einer Weile. »Ich nehme an, dass inzwischen so ziemlich jeder über mich und Marilyn Bescheid weiß?«
    Ich grinse. »So ziemlich, ja.«
    Sie seufzt, doch es klingt nicht nach einem Seufzer des Bedauerns. »Na ja, meinetwegen.« Sie zögert für einen Moment. »Marilyn liebt mich, wusstest du das?«
    »Ich weiß.«
    »Aber das ist nicht der Grund, warum ich dich gebeten habe zu bleiben«, sagt sie.
    »Nicht? Warum dann?«
    »Es gibt etwas, das ich jetzt tun muss, und … na ja, ich bin noch nicht so weit, es bei Marilyn zu tun. Vielleicht niemals.«
    Ich sehe sie verwirrt an. »Was denn?«
    Sie bedeutet mir, näher zu kommen. Ich setze mich auf ihre Bettkante. »Komm noch ein wenig näher.«
    Ich gehorche. Sie streckt die Hände nach mir aus und fasst mich sanft bei den Armen, zieht mich noch näher heran, bis sie mich umarmt.
    Ich brauche einen Moment, bis ich begreife, und als ich es tue, schließe ich die Augen und halte sie ganz fest.
    Sie schluchzt. Still und ohne Worte, aus ganzem Herzen.
    Also halte ich sie fest und lasse sie weinen. Diesmal bin ich nicht traurig. Dies sind keine Tränen der Trauer.

KAPITEL 58
    Es ist fünf Uhr, und James und ich sind die beiden Letzten im Büro. Es ist ein seltener Augenblick. All die Monster sind schlafen gegangen, für jetzt. Wir können pünktlich Feierabend machen, und ich habe vor, das auszunutzen. Ich sehe, wie mein Bericht aus dem Drucker kommt. Die letzte Seite kommt heraus, und dieses Blatt symbolisiert das Ende des Jack-Junior-Falles mit all dem Blut und dem Elend und den Leben, die auf grausame Weise ausgelöscht wurden.
    Aber es ist nicht wirklich abgeschlossen. Die Dinge, die er getan hat, und die Art und Weise, wie sie uns und andere berührt haben, werden uns noch jahrelang verfolgen. Er hat mit einer breiten Klinge zugeschlagen, unterschiedslos und tief. Narbengewebe mag verheilen, doch es ist trotzdem sichtbar, und in einer einsamen Nacht kann es manchmal jucken wie ein Phantomglied.
    Wie der Tod von Keenan und Shantz. Dieses Gliedmaß juckt nicht nur, es schmerzt.
    »Hier sind meine Notizen«, sagt James, und ich schrecke aus meinen Gedanken hoch. Er legt sie mir auf den Schreibtisch.
    »Danke. Ich bin fast fertig.«
    Er steht da, sieht wie ich zum Drucker. Ein weiterer seltener Augenblick: James und ich in einvernehmlichem Schweigen.
    »Ich schätze, wir werden es nie herausfinden«, sagt er.
    »Ich schätze nicht, nein.«
    Wir fahren auf dem gleichen schwarzen Zug, und deswegen teilen wir die gleichen Fragen, ohne sie in spezifische Worte kleiden zu müssen.
    Gab es einen Ripper vor Peter Hillsteads Vater? Gab es einen mordenden Großvater oder Urgroßvater? Wenn wir die Spur zurückverfolgen könnten, bis in die Tage, als es noch keine Forensik und keine Datenverarbeitung gab, würden wir uns dann auf von Gaslaternen erhellten Kopfsteinpflastergassen jenseits des Ozeans wiederfinden? Und könnten wir jenen gesichtslosen Mann mit einem glitzernden Skalpell in der Hand und einem Zylinder auf dem Kopf dort zu fassen bekommen? Könnten wir jenem namenlosen Entsetzen endlich ein Gesicht abringen?
    Wahrscheinlich nicht. Doch das werden wir niemals mit Sicherheit wissen.
    Es ist die Fähigkeit, Fragen wie diese unbeantwortet zu lassen und davonzugehen, ohne sich noch einmal umzudrehen, die es uns ermöglicht, unseren Verstand zu behalten.
    Die letzte Seite kommt aus dem Drucker.

Epilog
    Ich habe Annie neben Matt und Alexa begraben. Auf diese Weise können Bonnie und ich unsere Familien gemeinsam besuchen.
    Es ist ein wunderschöner Tag. Die kalifornische Sonne, die Art von Sonne, die mein Vater am meisten geliebt hat, scheint in all ihrer Pracht auf uns herab, und eine kühle Brise verhindert, dass uns zu heiß wird.
    Das Gras auf dem Friedhof ist diese Woche noch nicht gemäht worden, und es neigt sich im Wind. Ein üppiges, dichtes, wogendes Grün. Ich blicke über den Friedhof, und die Grabsteine erstrecken sich, so weit das Auge reicht. Ich stelle mir den Friedhof als den Grund des Ozeans vor, bedeckt von Seetang und Reihen untergegangener Schiffe.
    Ich sehe andere Menschen auf diesem Friedhof, einzeln oder in Gruppen, junge und alte. Sie besuchen ihre Frauen oder Männer, ihre Söhne oder Töchter, ihre Brüder oder Schwestern. Viele von ihnen starben friedlich. Einige starben gewaltsam. Einige wurden getröstet, andere starben allein.
    Einige

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