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Die Bourne-Identität

Titel: Die Bourne-Identität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Gewalttätigkeit neigt und gelegentlich zu
    Temperamentsausbrüchen. Das ist auch eine Krankheit, nicht wahr?
    Als er aus dem Lokal rannte, sah er gerade noch ein Taxi um die nächste Ecke biegen. Er blieb stehen, atmete schwer, sah sich nach allen Seiten nach einem anderen um. Es dauerte einige Minuten, bis wieder ein Taxi auftauchte. Er lief hinterher. Er mußte es aufhalten; er mußte nach Paris zurück, zu Marie.
    Er war wieder in das Labyrinth zurückgekehrt und wußte, daß es kein Entrinnen gab. Aber er würde weiter nach seiner wahren Identität forschen - ohne Marie. Die Entscheidung war unumstößlich. Es würde keine Diskussionen, keine Debatte geben, keine Vorwürfe. Er wußte, wer er war ... was er gewesen war; er war schuldig im Sinne der Anklage - wie er das vermutet hatte.
    Eine Stunde oder zwei würde er sie nur ansehen. Ganz ruhig würden sie über alles mögliche reden, nicht von der Wahrheit. Sich lieben. Und irgendwann würde er weggehen; sie würde nie wissen, wann, und er konnte ihr nie sagen, warum. Das war er ihr schuldig. Eine Weile würde sie darunter leiden, aber der Schmerz würde weit geringer sein als der, den das Stigma von Cain verursachen würde.
    Cain!
    Marie. Marie! Was habe ich getan?
    »Taxi! Taxi!«

18.
    Du mußt Paris verlassen! Jetzt! Was auch immer du gerade tust, hör auf und verlaß die Stadt! Das sind Anweisungen deiner Regierung.
    Marie drückte ihre Zigarette im Aschenbecher auf dem Nachttisch aus, dabei fiel ihr Blick auf das drei Jahre alte Heft von Potomac Quarterly. Ihre Gedanken befaßten sich kurz mit dem schrecklichen Spiel, das Jason sie zu spielen gezwungen hatte.
    »Ich will nicht zuhören!« sagte sie laut und erschrak über den Klang ihrer Stimme in dem leeren Hotelzimmer. Sie ging ans Fenster, das gleiche Fenster, zu dem er hinausgesehen hatte, verängstigt, verzweifelt, in dem Versuch, sie zu erreichen.
    Ich muß gewisse Dinge wissen ... Genug davon, um eine Entscheidung zu treffen. Aber vielleicht nicht alles. Ein Stück von mir muß imstande sein ... einfach zu verschwinden. Ich bin ein Mensch ohne Erinnerungsvermögen; das bedeutet, ich habe nie existiert ...
    »Mein Liebling, mein Liebling. Paß auf, daß sie dir nichts tun!« Jetzt erschreckten sie ihre Worte nicht mehr, denn es war so, als befände er sich mit ihr im Zimmer und wäre bereit, wegzulaufen, zu verschwinden ... mit ihr. Aber im Inneren fühlte sie, daß es unmöglich war; er durfte sich nicht mit einer halben Wahrheit und einer halben Lüge zufriedengeben.
    In Bezug auf Paris hatte Jason recht; des Rätsels Kern lag hier. Er war der Sündenbock, und sein Tod sollte einen anderen vor dem Tode bewahren. Wenn er das nur sehen könnte; wenn sie ihn nur überzeugen könnte. So drohte die Gefahr, ihn zu verlieren. Sie würden ihn ihr wegnehmen; ihn toten.
    Sie.
    »Wer bist du?« schrie sie das Fenster an und die Lichter von Paris. »Wo bist du?«
    Sie konnte den kalten Wind im Gesicht spüren, als wären die Glasscheiben zerschmolzen, als wehte die Nachtluft herein. Und es war ihr plötzlich, als verengte sich ihre Kehle, und einen Augenblick lang konnte sie nicht schlucken ... nicht atmen. Doch es ging vorüber, und sie atmete wieder. Sie hatte Angst; das war ihr schon einmal passiert, nach ihrer ersten Nacht in Paris, als sie das Café verlassen und ihn auf den Stufen des Cluny gefunden hatte. Sie war schnell den Boulevard Saint-Michel hinuntergegangen, als es geschehen war: der kalte Wind, das Anschwellen in ihrer Kehle ... in jenem Augenblick hatte sie auch nicht atmen können. Später glaubte sie zu wissen, weshalb; in jenem Augenblick war Jason auf eine Entscheidung zugerast, die er binnen weniger Minuten umstoßen würde - aber da hatte er sie getroffen. Er hatte sich entschlossen, nicht zu ihr zurückzukommen.
    »Hör auf!« schrie sie. »Das ist verrückt«, fügte sie hinzu, schüttelte den Kopf und sah auf die Uhr. Er war jetzt mehr als fünf Stunden weg. Wo war er nur?
    Bourne stieg vor dem verblichen-eleganten Hotel in Montparnasse aus dem Taxi. Die nächste Stunde würde die schwierigste in seinem kurzen, neuen Leben sein - einem Leben, das vor Port Noir leer war und seitdem ein Alptraum. Der Alptraum würde bleiben, und er würde alleine mit ihm leben müssen; er liebte sie viel zu sehr, als daß er sie bitten könnte, diesen Alptraum mit ihm zu leben. Er würde schon eine Möglichkeit finden, um zu verschwinden. Sie mußte aus all dem Dreck herausgehalten werden. Er würde

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