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Die Braut sagt leider nein

Titel: Die Braut sagt leider nein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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bisschen mehr Würze gegeben.
    Peter und Julia tauschten ihre Ringe. »Mit diesem Ring gelobe ich dir ewige Treue«, sagte Peter, und Julia gelobte das Gleiche.
    »Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht trennen«, behauptete der Pastor ohne weitere Umschweife, die Orgel intonierte »Großer Gott, wir loben dich«, und die Gemeinde fiel zaghaft ein.
    Ich suchte missgestimmt nach meinem Gesangbuch. Das war's doch nicht etwa schon? Kein »Sie dürfen die Braut jetzt küssen!«? Nicht mal »Wenn jemand gegen diese Verbindung Einspruch zu erheben hat, so tue er das jetzt unter den Augen Gottes oder schweige für immer«.
    Enttäuschend.
    Brautmutter und Trauzeugin halfen Julia wieder auf die Füße, und Peter geleitete sie durch den Mittelgang zum Portal.
    »Das wäre geschafft«, seufzte Alex und stand ungeduldig auf. Er hatte Schwierigkeiten gehabt, seine langen Beine in der engen Bank unterzubringen. »Endlich.«
    »Das ging alles so schnell«, maulte ich. »Also, ich an Julias Stelle würde mich beschweren.«
    »Bloß nicht! Ich habe Hunger«, sagte Alex. »Hoffentlich gibt es bald was!«
    Aber es dauerte eine ganze Weile, bis wir den Parkplatz der Kirche verlassen konnten, um zu dem Landgasthof zu fahren, in dem die Hochzeitsfeier stattfinden sollte. Alle wollten dem Brautpaar sofort ausführlich gratulieren - auch zu diesem herrlichen Spätsommerwetter, wie ich mehrfach vernahm - und der Braut Komplimente wegen des Kleides machen. Und dann mussten ja auch noch die Fotos geschossen werden.
    Obwohl jeder zweite einen Fotoapparat um den Haistrug, hatte man einen Fotografen engagiert, der sofort ganz professionell damit begann, die Hochzeitsgäste auf der Kirchentreppe um das Brautpaar herum zu postieren. Bis alle im Bild waren, vergingen fast zwanzig Minuten. Julias Tante Emmi wollte nämlich unbedingt in der ersten Reihe stehen, obschon sie hinter ihrem taillierten Blümchenzelt, Größe 50, die beiden Trauzeugen und eines der fotogenen kleinen Mädchen, die vorhin Blumen aus einem Spankörbchen gestreut hatten, völlig verdeckte. Als es dem Fotografen endlich mit Geduld und diplomatischem Geschick gelungen war, Tante Emmi auf einen Posten weiter außerhalb zu versetzen, die Mütter ihre Kinder wieder eingefangen hatten und alle erleichtert in die Kamera lächelten, schrie Julia plötzlich schrill auf. Dabei ruderte sie so heftig mit den Armen, dass das ganze Gruppenbild aus der Form geriet.
    »Hilfe! Etwas ist unter meinem Rock!«, schrie sie mit überschnappender Stimme. »Etwas ist unter meinem Rock! Hilfe!«
    Brautmutter, Trauzeugin und zwei andere hilfreiche Frauen stürzten herbei und vor Julia auf die Knie. Hastig rafften sie die Tüllröcke hoch.
    »Eine Wespe«, schrie die Brautmutter, und ein Raunen ging durch die Gästeschar. »Ich höre sie summen. Halt ganz still, Kind!«
    »Hilfe, eine Wespe«, kreischte Julia. »Ich will nicht, dass sie mich sticht! Macht sie tot! Macht sie tot!«
    »Das haben wir gleich«, versprach die Trauzeugin in beruhigendem Tonfall, und sie und die anderen Frauen hoben nun Tülllage für Tülllage an und entblößten dabei mehr und mehr von Julias Beinen.
    Der Bräutigam lockerte nervös seine Fliege, die Hochzeitsgästeverfolgten das Spektakel ebenfalls atemlos. Durch die letzten Tüllschleier hindurch sah man schon deutlich Julias halterlose Strümpfe und das Strumpfband, das ihr Glück bringen sollte. Plötzlich herrschte Mucksmäuschenstille auf der Kirchentreppe. »Da!«, schrie Julia. »Sie krabbelt auf meinem Bein herum! Sie soll mich nicht stechen! Hilfe! Macht sie doch endlich tot! Macht sie tot!«
    Die Brautmutter lüftete den letzten Tüllrock, und alle Hälse ringsum reckten sich noch ein bisschen mehr. Vor allem die angeheirateten Onkel hatten auf einmal kein Doppelkinn mehr.
    Alex stieß mich in die Rippen.
    »Jetzt sollte der Fotograf mal Fotos machen«, flüsterte er grinsend. »Das wäre der Knüller für die Lokalpresse.« Ich musste kichern.
    »Da ist ja das Untier«, rief die Trauzeugin froh und meinte die völlig verstörte Wespe, die sogar nur eine Biene war und nun mit erleichtertem Brummen in den Septembernachmittag entwich.
    Die Hochzeitsgäste klatschten ebenfalls erleichtert Beifall. Seufzend machte sich der Fotograf wieder ans Werk. Bis nun Julias Kleid in Ordnung gebracht war, ihre schreckensbleichen Wangen sich wieder zart gerötet hatten, alle zurück auf ihre Plätze dirigiert worden waren und die Kamera endlich losklickte, hatte auch

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