Die Meute der Morrigan
ie
stiegen auf, hoch in die Lüfte und durchflogen die Himmel. Von Westen und von
jenseits des Westens her, mit dem Wind und gegen den Wind, an zahllosen Monden
und Sonnen vorbei. Die eine lachte und trug für Augenblicke einen Schleier aus
Regenwolken im Haar; dann trat sie boshaft nach einer Wolke, daß von deren
Regen ein Boot vollschlug.
Zuweilen tauchten sie in die
Lichtspur des Mondes auf dem dunklen Meer und verschlangen mit offenen Mündern
ihr Silber. Zuweilen stürzten sie sich in die gleißende Sonnenbahn auf dem
grünblauen Meer und tranken ihr Gold.
Immer waren sie unsichtbar. Nur
einmal nicht, als sie auf einen Riesenhai hinabstießen und ihn mit albernen
Grimassen erschreckten. Dann zeigten sie ihm ihr wahres Gesicht, und er tauchte
tief tief hinab auf den Grund seiner Welt und zitterte noch stundenlang.
Immer waren sie stumm; nur dann
nicht, wenn sie mit den Fingernägeln auf ihre Zähne klopften und Blitze zucken
ließen, oder wenn sie wild lachten, daß es donnerte.
Sie hatten so lange
geschwiegen, während Mensch auf Mensch folgte als kleiner Hauch des Lebens.
Sie lachten, als sie über
Connemara flogen, wo der stürmische, gierige Atlantik große blaue Stücke aus
dem grünen Land beißt, und dieses Lachen allein vernichtete ein Feld von
gelbsprießendem Hafer und ließ es aschfahl werden.
Sie erreichten die Stadt Galway
und ballten aus der dünnen Luft einen dreifachen Überschallknall, so daß alle
Leute auf die Straße liefen und nach einem Flugzeug Ausschau hielten, das es
nicht gab. Dann wandten sie sich nach links, drehten sich wild im Kreis und
wirbelten am Ostufer des Lough Corrib entlang, bis sie an einen bestimmten,
ganz gewöhnlichen und unscheinbaren Wegweiser kamen, den sie anbliesen, daß er
sich im Kreise drehte wie sie selbst, und sie schließlich hinter einem
kleinen Hügel auf die Erde herabstießen. Dort hielten sie inne, nahmen Gestalt
an und wurden augenblicklich sichtbar: zwei seltsame Frauen auf einem schweren
Motorrad.
Ihre Hunde waren ihnen die
ganze Zeit gefolgt
Wenn sie miteinander sprachen,
nannten sie sich Macha und Bodbh, und sie sahen sich um nach der dritten, die
ihnen folgte: die Mórrígan — die Große Königin. Sie waren auf dem Weg zu einem
Ort namens Kyledove, und sie veränderten unterwegs ihre Namen und ihre Gestalt.
Und all das nur, weil ein Junge
gerade versuchte, in einem Antiquariat in der kleinen grauen Stadt Galway ein
bestimmtes Buch zu kaufen.
achdem
er sich vergewissert hatte, daß die Einkäufe für Tante Bina und seine
zusammengefaltete Jacke sicher in der Satteltasche verstaut waren, schob Pidge
sein Fahrrad durch die überfüllten Straßen. Der Tag war unangenehm heiß. Die
Menschen bewegten sich langsam, als seien sie erschöpft, und selbst der junge
Polizist auf seinem Posten machte einen verschlafenen Eindruck. Er stand
schwankend da und winkte die Autos nur mit einer leichten Bewegung aus dem
Handgelenk weiter; und als er schließlich den Arm in die Höhe streckte, um den
Verkehr anzuhalten, und sich umdrehte, zum Zeichen, daß die Wartenden die
Straße überqueren konnten, bemerkte Pidge einen großen feuchten Schweißfleck
auf seinem Hemd. Er sah aus wie die Landkarte von Australien.
Die Glocke im Turm der
St.-Nicholas-Kirche schlug halb.
Erst halb drei, sagte Pidge zu
sich selbst. Dann muß ich noch nicht so bald nach Hause.
Er ging weiter und blieb einmal
stehen, um zwei Nonnen nachzusehen, die durch die leichtbekleidete
Menschenmenge gingen.
Sicher ist ihnen heiß in ihren
schweren Gewändern, dachte er. Und sie müssen sogar Strümpfe tragen. Das ist
bestimmt kein Vergnügen.
Er bog in eine Seitenstraße ein
und sah zu seiner Freude, daß dort ein Antiquariat eröffnet hatte. Das
Schaufenster war mit roten Zetteln beklebt, die das Ereignis verkündeten, und
alle Arten von Büchern waren hübsch dahinter angeordnet. Über dem Eingang
hingen immer noch drei Messingglocken.
Dieser Laden war jahrelang mit
Brettern vernagelt — jedenfalls, solange ich mich erinnern kann. Vor langer
Zeit gab es da einmal ein Pfandhaus, überlegte er. Ich bin wirklich froh, daß
es jetzt ein Buchantiquariat ist Außen hatte man den Laden unverändert
gelassen; man konnte das Schild unter den Messingkugeln ebensowenig lesen wie
früher; da war immer noch die abgeblätterte blaue Farbe, mit der einmal ein
Name geschrieben stand.
Er schob sein Fahrrad zum
Schaufenster und sah durch die Scheibe.
Drinnen war alles
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