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Die Braut sagt leider nein

Titel: Die Braut sagt leider nein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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ich Hunger bekommen.
    Aber ich musste mich noch über anderthalb Stunden lang gedulden, denn die anwesenden Hobbyfotografen durften nun ebenfalls Gruppenbilder schießen, und anschließend führten Braut und Bräutigam die mit weißen Schleifchen an den Antennen gekennzeichnete Autokolonne mit ihrem blumengeschmückten Leih-Rolls-Royce konsequent mit Tempo 30 zu dem elf Kilometerentfernt liegenden Landgasthof. Bis dann alle vierundachtzig geladenen Gäste ihre Platzkärtchen an der riesigen, hufeisenförmigen Hochzeitstafel gefunden hatten, knurrte mein Magen wie ein gereizter Tiger.
    »Ich bin schon ganz hohl«, jammerte Alex, und ich wusste genau, wie er sich fühlte.
    Zunächst sah es so aus, als würde unserem Leiden bald ein Ende bereitet. An der Stirnseite des Saales war ein verlockend aussehendes Büfett aufgebaut. Hinter duftenden, dampfenden Behältern, in denen ich Unmengen von Kartoffelgratin und Engadiner Gulasch vermutete, standen bereits livrierte Kellner mit gezückten Kellen. Die Gäste scharrten ungeduldig mit den Füßen. Alles wartete nur noch auf den Startschuss.
    »Erlösung naht, mein Retter lebt«, flüsterte Alex.
    Aber jetzt war es erst mal Zeit für eine Rede des Brautvaters. Er klopfte, um Gehör bittend, an sein Glas und sprach dann eine geschlagene Viertelstunde über das Glück, das er an diesem heutigen Tage empfand. Das Publikum quittierte mit anerkennendem Raunen seine ganz nebenbei fallen gelassene Bemerkung über die Freude, mit der er die zigtausend Mark für die Hochzeitsfeier lockergemacht habe.
    Das hätte er allerdings besser nicht erwähnt, denn nun konnte der Vater des Bräutigams mit seiner Rede unmöglich bis nach dem Hauptgang warten. Er klopfte also ebenfalls an sein Glas und hielt eine Rede, die der seines Vorredners in nichts nachstand. Besonders betonte er, mit welch großer Freude er dem jungen Brautpaar eine seiner Lebensversicherungen überschrieben habe, von der nun die gerade fertig gestellte Doppelhaushälfte der beiden finanziert würde.
    Die Gäste klatschten begeistert Beifall. Erleichtertwollte der Bräutigam nun das Zeichen zum Essenfassen geben, als eine rundliche Gestalt im weißen Nachthemd in die Mitte des Hufeisens trat. Sie trug einen Reif aus Alufolie über der Stirn und auf dem Rücken Pappflügelchen. In der Hand hielt sie einen mit Goldpapier ausgeschlagenen Marktkorb, randvoll mit kleineren Gegenständen.
    Braut und Bräutigam tauschten einen besorgten Blick. Sie schienen die Dame im Nachthemd zu kennen. Ich musste zweimal hinsehen, bevor ich sie erkannte: Es war die Brautmutter.
    Sie lächelte freundlich in die Runde und behauptete:
    »Ich bin ein Engel, wie ihr seht,
    und komme hoffentlich nicht zu spät!«
    »Eher zu früh«, sagte ein hungriger Onkel vorwitzig, und alle lachten. Aber davon ließ sich der Brautmutterengel nicht beirren.
    «Vom Himmel hoch, da komm ich her,
    ich muss euch sagen, ich trage schwer.«
    Dabei deutete sie auf ihren Marktkorb.
    »Denn alle die Heiligen im Himmel oben,
    die wollen das Brautpaar mit Geschenken loben.
    Jeder dachte sich was Feines aus,
    und dann schickten sie mich mit diesem Korb aus
    dem Himmelshaus.«
    Sie hielt eine Tütensuppe in die Luft.
    »Über dies feine Geschenk von der heiligen Jutta
    geriet der ganze Himmel ins Schwärmen;
    denn ob ihr es glaubt oder nicht, das Süppchen soll
    euch das Herze erwärmen.«
    Die Zuschauer schwiegen verwirrt. Eine Heilige, die Tomatencremesuppe mit Croutons verschenkte? Hatte man so was schon mal gehört?
    Der Himmelsbote im Nachthemd überreichte dem Brautpaar die Suppentüte und zog dann eine Klopapierrolle aus dem Korb.
    »Dies wichtige und weiche Papier am Meter,
    das gab mir der heilige Hans-Peter«, rief sie, und da ertönte hier und da vereinzelt Gelächter. Sicher waren das diejenigen, die noch vor der Kirche warm zu Mittag gegessen hatten.
    »Ich wusste gar nicht, dass es Heilige namens Jutta und Hans-Peter gibt«, raunte ich meiner Tischnachbarin, einer jungen Frau in meinem Alter, zu. Sie hatte sich zurückgelehnt und verfolgte das Tun des Engels mit bewölkter Miene.
    »Nein, aber die Trauzeugin heißt Jutta«, antwortete sie. »Und Hans-Peter ist ein Cousin von Jutta. Der sitzt dort drüben.«
    Ich ahnte Böses. Die Brautmutter hatte ihren himmlischen Reimen die Gästeliste zugrunde gelegt, und der Korb war noch bis oben hin voll!
    »Macht die jetzt etwa alle vierundachtzig Gäste durch?«, flüsterte ich schwach.
    Meine Tischnachbarin nickte

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