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Die brennende Gasse

Die brennende Gasse

Titel: Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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seine Miene verriet Hoffnung und Erregung.
    » Marcel glaubt, wenn wir uns zeitweilig mit Navarra verbündeten, wären die Streitkräfte des Königs zu schlagen. «
    » Aber – Navarra ist ein Ungeheuer! Ihr müßtet sehr auf der Hut sein! «
    » Ich weiß. Trotzdem sollte ich gründlich darüber nachdenken. «
    Sie konnte die Unsicherheit in seiner Stimme hören und dachte bei sich, daß er zu Recht zögerte. Doch ein gerissener Provost, ein Politiker mit großer Überredungskunst, dessen Diplomatie er vermutlich nicht gewachsen war, hatte ihn dazu gebracht, dieses seltsame Bündnis in Erwägung zu ziehen.
    Vielleicht sollte ich doch versuchen, ihm diesen Weg auszureden. Er überblickt das Ganze nicht.
    » Karle, ich denke … «, begann sie.
    » Was? «
    » Ach … nichts. Es ist nicht meine Angelegenheit. « Denn bald, wenn sie Père wiedersah, würde sie das nichts mehr angehen. Sehr leise sagte sie: » Ich wollte nur ausdrücken, daß ich Euch bei diesem Unternehmen Glück wünsche. Und ich danke Euch, daß Ihr gekommen seid und mich abgeholt habt. « Dann gab sie dem Gespräch eine andere Richtung. » Übrigens keine Minute zu früh! Marie ist eine angenehme Gefährtin, aber ihr Geplapper – Madame dies und Monsieur das! Man könnte meinen, daß das arme Ding nichts anderes kennt als das Innere dieser Mauern. Ich würde sterben, wenn das mein Los wäre. «
    » Dann seid dankbar, daß Gott Euch kein solches Leben beschieden hat und daß Ihr etwas anderes kennt als Dienstbarkeit. Aber bedenkt dies: Marie hat ein anständiges Zuhause, bekommt regelmäßig zu essen und kann einen oder zwei sous ihr eigen nennen. Das trifft außerhalb der Mauern von Paris nur auf wenige zu. Innerhalb der Mauern übrigens auch, was Marie anbelangt. Und Marcel hat dafür gesorgt, daß sie ein gewisses Maß an Freiheit genießt, weil das seiner Philosophie entspricht. In diesem Hause verkehren oft Menschen von großem Einfluß. Vielleicht möchte er ihnen ein gutes Beispiel dafür geben, wie man Dienstboten behandeln sollte. «
    Er bewundert diesen Marcel viel zu sehr, dachte Kate plötzlich mit erneuter Sorge. Das färbt auf sein Denken ab. » Trotzdem hält er sie als Dienerin. «
    » Das ist richtig. Maries Freiheit ist begrenzt. Euch, meine Dame, steht mehr Freiheit zur Verfügung als ihr. «
    So weit die Freiheit eben reicht. Aber sie empfand für einen Moment Scham, denn sie wußte, daß er die Wahrheit sprach. » Ich bin dankbar für das, was mir Gott gegeben hat. Aber Er ist eigen mit seinen Gaben. Er gibt und Er nimmt. Er spielt mit mir, denke ich manchmal. «
    » Gott spielt nicht mehr und nicht weniger mit Euch als mit allen anderen Sterblichen auf dieser Erde. «
    Sie verlangsamte ihre Schritte, blieb dann stehen und starrte ihn ’ an. » O doch, Karle, das tut er. Gott hat sehr ausgiebig mit mir gespielt. Und mit père. Mehr, als Ihr jemals ahnt. «
    Er erwiderte ihr Starren, und seine Augen brannten vor Neugier.
    » Ich flehe Euch an, erzählt es mir. «
    Seine Anteilnahme schien so echt, daß sie versucht war, ihm alles zu offenbaren. Es wäre eine solche Erleichterung, freimütig von ihrem Leben zu sprechen, die ganze Wahrheit mit noch jemand anderem als Alejandro zu teilen. Seit ihrer frühen Kindheit hatte sie eine solche Gelegenheit nicht mehr gehabt. Aber diese Entscheidung oblag nicht ihr allein. Père wird dazu auch etwas sagen wollen, dachte sie. » Ich … ich möchte schon, Karle, aber zuerst muß ich darüber mit meinem père sprechen. «
    Es plagte ihn die Neugier; aber gleichzeitig erkannte Karle, wie unglücklich es ihn machte, daß Alejandro bald Kate, ihre Gesellschaft, Hingabe und liebende Aufmerksamkeit wieder für sich beanspruchen würde. Ihre bloße Anwesenheit an seiner Seite war ihm ein Trost geworden, und für einen kurzen Moment wünschte er sich von Herzen, die Verantwortung abzuschütteln, die er auf sich genommen hatte – und wieder ein schlichter Mann zu sein, das Blutvergießen hinter sich zu lassen. Wieder ein normales Leben zu führen mit all seinen Prüfungen, Schmerzen und vergänglichen Freuden. Hier an meiner Seite, obwohl kaum mehr als ein Mädchen, ist diejenige, deren Gesellschaft ein gewöhnliches Leben veredeln würde! Sie wäre mein eigentliches Glück!
    Aber bald würde sie fort sein. Mit jedem Schritt in Richtung auf den Treffpunkt wurde der Gedanke an die bevorstehende Trennung von ihr bedrückender. Die Rue des Rosiers war nur noch ein kurzes Stück entfernt, als er

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