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Die brennende Gasse

Die brennende Gasse

Titel: Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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Spuren, zumindest keine sichtbaren. Keine Überbleibsel, kein Topf mit körperlichen Ausscheidungen, der hätte geleert werden müssen. Er war mit wenig gekommen und nur mit einem ordentlichen Anzug gegangen: Nichts von ihm war geblieben als der eine Gegenstand, den ihm der Wachmann bei seiner Flucht hatte entreißen können, sowie sein kleines Vermögen in Gold.
    Aber das war verständlich; während seiner Wanderjahre hatte er die Gewohnheiten eines Vagabunden angenommen. Und das war klug von ihm, dachte de Chauliac, denn ein Jude wußte niemals, wann er gezwungen sein würde, einen Ort zu verlassen. Er tat gut daran, immer darauf vorbereitet zu sein.
    Doch hatte er auch seinen Geist mitnehmen müssen? Hätte er nicht wenigstens eine schwache Spur des wunderbar wißbegierigen Charakters hinterlassen können, der so unwiderstehlich und verführerisch war? De Chauliac hatte die Handschrift, und darin waren freilich Spuren des Mannes zurückgeblieben. Doch jetzt konnte er sie nur noch mit Flamel teilen. Und Flamel würde nicht erfreut sein über die unvollendete Übersetzung.
     
    E ine Stunde zu Pferde nördlich von Compiègne fanden sie einen Priester, einen alten, betrunkenen und übelriechenden Ordensbruder, der sich kaum an die Worte der Zeremonie erinnerte, die er vornehmen sollte. Kate trug einen Kranz spätsommerlicher Blumen in ihrem goldenen Haar, und Karle hatte seine Kleidung für diesen Anlaß sauber ausgebürstet und seine bernsteinfarbenen Locken mit einer Schnur zurückgebunden, die von Alejandro stammte. Ehrfürchtig standen sie vor dem zerlumpten Kirchenmann und versprachen, einander treu zu sein, bis daß der Tod sie scheide.
    Dann kehrten sie in ihr neues Zuhause zurück, und Alejandro kam seiner Pflicht nach, die Strohlager neu zu ordnen. Ein unglücklicher Fasan, den sie auf dem Rückweg von der kleinen Kirche erlegt hatten, diente als Hochzeitsmahl, und dazu aßen sie Äpfel von einem Baum auf der anderen Seite der Wiese.
    Als die Sonne sich zum Untergehen anschickte, sagte Alejandro:
    » Wenn wir in Spanien wären und Eure Hochzeit richtig feiern würden, dann würdet Ihr jetzt die Brautgeschenke Eurer Freunde und Verwandten erhalten. Ihr bekämt von all Euren Großeltern ein Federbett, von Euren Eltern Kerzen und von Euren Nachbarn Stoff und Rührbesen und Wachs. Lauter nützliche Dinge, große und kleine, für den Beginn eines gemeinsamen Lebens! « Er seufzte.
    » Aber ich bin der einzige Anverwandte und Gratulant, und ich kann Euch nichts von diesen notwendigen Gegenständen beschaffen. Deswegen werde ich Euch geben, was ich habe. «
    Er zog den Ring mit dem Smaragd und der Perle vom Finger, den die Gräfin Elizabeth ihm geschenkt hatte, und reichte ihn Kate.
    » Steck ihn an deinen Ringfinger, damit du stolz deinen Ehestand anzeigst. Du bist jetzt seine Gattin und wirst ihm eine gute Ehefrau sein, das weiß ich. «
    Sie nahm den Ring und gab ihn Karle, der ihn ihr an den Finger steckte. Strahlend streckte sie die Arme aus und umarmte Alejandro. Dieser wandte sich an Karle und sagte: » Ich besitze nichts, das Ihr in Händen halten könntet, Karle; aber Ihr bekommt etwas von mir, das nur sehr wenigen Männern zuteil wurde, etwas, von dem ich hoffe, daß Ihr es in Euer Herz aufnehmt. Ich widme Euch meinen uneingeschränkten Respekt. Wir sind jetzt eine Familie. Ihr seid ein Mann von Ehre, und ich denke, meine Tochter hat eine gute Wahl getroffen. «
     
    D ann konnte er nicht weitersprechen, weil er sonst am Freudentag seiner Kate Tränen vergossen hätte. Er wünschte ihnen schlicht gute Nacht und ließ sie im Hauptraum des Langhauses allein. Er ging in den Stall, und als er die Leiter zum Heuboden erklomm, fand er, es sei doch nicht so schmerzlich, eine Tochter wie Kate zu verlieren, wenn man dabei einen Sohn wie Karle gewann.
     
    N achdem er Marcels letzte Nachricht gelesen und festgestellt hatte, daß sie seinen eigenen Ansichten nicht zuwiderlief, las Charles von Navarra sie dem Baron de Coucy laut vor.
    » Heute ist Karle abgereist, wieder begleitet von diesem geheimnisvollen Mädchen. Sie scheint großen Einfluß auf sein Denken zu haben. « Navarra blickte von dem Blatt auf und lächelte de Coucy an. » Das ist der Lauf der Welt, daß wir uns den Frauen unterwerfen. Hoffen wir, daß ihr Einfluß ihn eher zurückhält als entfesselt. «
    Er wandte sich wieder dem Brief zu. » Sie haben die Absicht , nach Norden in die Gegend von Compiègne zu reiten und mit dem Sammeln einer Armee zu

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