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Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon

Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon

Titel: Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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brauchbaren Knochen aus dem Kadaver gelöst und den Rattenschädel mit einem Schlag seines Handeisens zertrümmert. Schädelknochen waren nun mal die härtesten Knochen und sie konnten es sich in ihrer Situation nicht leisten, zimperlich zu sein und sich von Ekelgefühlen beeinflussen zu lassen. Maurice hielt plötzlich in der mühseligen Arbeit inne, starrte angestrengt und mit verkniffener Miene zum Gitter hinüber, als ver suchte er, die Dunkelheit jenseits des Mittelganges zu durchdringen, und schüttelte dann den Kopf. »Was hast du?«, fragte Gerolt verwundert, der seinem Blick gefolgt war. Doch da war nichts als von Gestank erfüllte Finsternis. Ihre Wärter hatten sich schon seit vielen Stunden nicht mehr bei ihnen hier unten sehen lassen. »Ich werde das dumme Gefühl nicht los, dass er uns beobachtet und sieht, was wir hier tun«, raunte Maurice und meinte damit die fremde, zerlumpte Gestalt, die im gegenüberliegenden Gewölbe an die Wand gekettet war und bislang noch kein einziges Wort von sich gegeben hatte. Der Mann hatte auf ihre Fragen, wer er war und was ihn in den Kerker des Emirs gebracht hatte, nicht geantwortet, ja nicht einmal durch eine Bewegung zu verstehen gegeben, dass er zumindest ihre Gegenwart zur Kenntnis genommen hatte. »Unsinn! Dafür ist es doch schon viel zu dunkel. Wir können ihn ja auch nur sehen, wenn wir uns näher ans Gitter begeben«, beruhigte Gerolt seinen Freund leise. »Außerdem wird ihn das, was wir hier treiben, in seinem Zustand kaum interessieren, scheint er dem Tod doch viel näher zu sein als dem Leben. Oder hast du in den beiden Tagen gesehen, dass er auch nur einmal den Kopf gehoben und zu uns herübergeblickt hat?« »Nein, nichts dergleichen. Er scheint wirklich halb tot in den Ketten zu hängen«, räumte Maurice ein. »Aber dennoch wäre mir wohler zumute, wenn ich wüsste, wer der Zerlumpte da drüben ist und was ihn in den Kerker des Emirs gebracht hat.« Gerolt lachte sarkastisch auf. »Ein Mann wie Turan el-Shawar, der über die Macht verfügt, seine Lust an Grausamkeiten ungezügelt auszuleben, findet sicher leicht einen Grund, warum er jemanden quält und langsam verhungern und verdursten lässt.«
    Wenig später stieg Said zu ihnen in das feuchte Gewölbe hi nunter und er brachte ihnen wieder nur ihr karges Essen und da mit auch die Gewissheit, dass der zerlumpte Mann im gegenüber liegenden Kerker langsam zugrunde gehen sollte.

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    Der Mann am Ufer der kleinen steinigen Bucht, die de r Nil an dieser Stelle aus der sandigen Böschung gewa schen hatte, sah wie ein gewöhnlicher Fellache aus. Seine ärmliche Kleidung bestand aus abgenutzten Sandalen, einem verschlissenen, fußlangen Gewand und einem einfachen Kopftuch, das ihm mit lockerem Faltenwurf bis auf die Schultern herabfiel, seinen Nacken bei der Arbeit auf dem Feld vor der Sonnenglut schützte und auf dem Kopf von einer doppelt gewickelten schwarzen Kordel an seinem Platz gehalten wurde. Es war Tarik, der dort einen Steinwurf oberhalb der kleinen Bucht im warmen Sand der Böschung saß und sich unter dieser unauffälligen Kleidung verbarg. Mit wachsender Ungeduld wartete er darauf, dass Maslama endlich auftauchte und ihm brachte, was er zu organisieren versprochen hatte. Wo blieb er nur? Ruhelos sprang sein Blick zwischen Fluss und Land hin und her. Etwa zweihundert Schritte weiter flussabwärts ragten in Ufernä he die beiden Türme des Bab al-Qantara, des südlichsten von Cai ros Stadttoren, aus der mächtigen Umfassungsmauer empor. Im flammenden Licht der Abendsonne leuchteten die Lehmziegel der Türme und Mauern wie glutrotes Erz, das allmählich erkalte te und dabei langsam seine Strahlkraft verlor. Eine viertel Meile unterhalb vom Bab al-Qantara stemmte sich die Südspitze der mehr als zwei Meilen langen Nilinsel Rhoda gegen den anfluten den Strom. Die Insel war mit dem Ostufer durch eine doppelte Brücke verbunden, die auf im Fluss fest verankerten Booten ruh te. Herrschaftliche Landhäuser, ausgedehnte Gartenanlagen und die Paläste besonders einflussreicher Emire und Günstlinge des Sultans lagen auf Rhoda. Das hatte dann auch den Bau einer Moschee mit einem prächtigen, hohen Minarett nötig gemacht, damit sich die Mächtigen und Vornehmen nicht der Mühe unterziehen mussten, sich zum Gebet aufs Festland zu begeben. Und seit mehr als einem halben Jahrhundert gab es auf der Insel auch noch die sogenannte Nilburg, bei der es sich um eine eigenwillige Mischung aus stark befestigter

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