Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
breitete er die Köstlichkeiten, die er in Cairo gekauft hatte, vor der Feuerstelle auf einem schlichten Tuch aus. Auch die Sachen, die er Maslama in der Nacht abgenommen hatte, legte er so hin, dass sie ihm sofort ins Auge fallen mussten. Und kaum war er damit fertig geworden, als er auch schon ihre Stimmen nahen hörte. Maslama schimpfte über irgendetwas, was der bucklige Paukenschläger angeblich falsch gemacht hatte. Es klang in Tariks Ohren so, als ginge es um einen versuchten Diebstahl, bei dem sie wegen Ali Omars Unaufmerksamkeit um ein Haar gefasst worden wären. Der spindeldürre Albino zitierte mit seiner Fistelstimme einen Prophetenspruch, der zur Nachsicht gemahnte, doch die beiden anderen gingen in ihrem Streit überhaupt nicht darauf ein. Als sie um die Ecke kamen und sahen, wer da auf der anderen Seite des Trümmergrundstücks im tiefen Schatten der Restmauer auf sie wartete, blieben sie vor Überraschung abrupt stehen und ihre Stimmen erstarben mitten im Satz. Ungläubig starrten sie ihn an, was jedoch sicherlich nicht allein an seiner Kleidung und Bewaffnung lag. Maslama, der Ratte, fiel im ersten Moment vor Fassungslosigkeit regelrecht die Kinnlade herunter. Dann schoss ihm das Blut ins Gesicht. »Du stinkende Ausgeburt einer läufigen Ratte!«, stieß er hervor, riss Ali Omar das klobige Messer von der Hüfte und wollte sich auf Tarik stürzen. »Das lässt du besser bleiben!«, rief Tarik mit scharfer, schneidender Stimme. Gleichzeitig fuhr seine Hand blitzschnell im Rücken unter seinen Kaftan, zog eines der Wurfmesser und schleuderte es auf die Melone, die rechts von Maslama zwischen dem Fladenbrot, den Lammkeulen und anderen Köstlichkeiten lag. Die Klinge bohrte sich mit einem satten, schmatzenden Geräusch in die kopfgroße Frucht und verschwand bis halb über das Heft in ihr. »Das Messer hat noch einen Zwilling, der sein Ziel genauso treffsicher erreicht, wenn du es unbedingt darauf ankommen lassen willst!« Und wie hingezaubert lag da auch schon das zweite Wurfmesser in seiner Hand. »Also überlege dir gut, was du tust!« Erschrocken riss Maslama die Augen auf, zuckte wie unter einem Schlag zusammen und blieb unschlüssig stehen. »Es tut mir leid, was ich letzte Nacht getan habe«, sagte Tarik schnell, um den Moment zu seinen Gunsten zu nutzen. »Aber wie du siehst, habe ich dich nicht angelogen, sondern mein Versprechen gehalten und deine Sachen zurückgebracht. Und an eine Wiedergutmachung habe ich natürlich auch gedacht, wie du siehst.« Er deutete auf das Essen. »Bei Allahs himmlischem Thron!«, stieß der bucklige Paukenschläger mit leuchtenden Augen und aufgeregter Stimme hervor. »Sieh doch, Maslama! Das ist ja eine fürstliche Festtafel, die er uns bereitet hat!« Maslama nahm erst jetzt richtig wahr, was Tarik aus der Stadt mitgebracht und dort am Feuerkreis ausgebreitet hatte. »Das . . . das ist . . .« Sprachlos brach er ab, schüttelte den Kopf und fasste sich erst beim dritten Anlauf. »Das ist das Verrückteste, was mir je passiert ist! Und dabei dachte ich bis heute, keiner könnte wirrer im Kopf sein und verrücktere Dinge anstellen als unser Knochengestell Zahir!« »Ich hatte etwas bei dir gutzumachen«, sagte Tarik. »Und ich hoffe, du nimmst meine Entschuldigung an.« Der Albino hob seine knochige Hand und wedelte mahnend sei nen Finger, während er mit hoher Stimme den Propheten Mohammed zitierte: »Wir haben gefordert, dass man hingeben soll Leben für Leben, Auge um Auge, Nase um Nase, Ohr um Ohr, um die Wunde mit der Wiedervergeltung zu strafen. Gibt aber einer solches als Almosen zurück, so ist es angenommen als Tat der Versöhnung. Spruch des Propheten!« Maslama, die Ratte, schenkte ihm keine Beachtung. »Verrückt! Du musst völlig verrückt sein, so etwas zu tun«, sagte er noch einmal kopfschüttelnd, doch mit einem Auflachen in der Stimme. Gleichzeitig gab er Ali Omar das Messer zurück. »Warum hast du das getan? Wer mit dem Messer so treffsicher umzugehen weiß wie du, der hat ja wohl kaum jemanden wie mich zu fürchten, geschweige denn solche Hohlköpfe wie Ali und Zahir!« »Weil ich zu meinem Wort stehe«, antwortete Tarik schlicht. »Und woher hast du auf einmal das Geld, um dich in so teures Tuch kleiden und solche Waffen kaufen zu können?«, wollte Maslama wissen und beeilte sich nun, dem Beispiel seiner Gefährten zu folgen, die sich heißhungrig über das Essen hermachten. »Woher der plötzliche Reichtum? Ist dir vielleicht ganz zufällig
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