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Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon

Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon

Titel: Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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Saal, den die Templer in der Stadtburg seit Beginn der Belagerung als ihr Refektorium* benutzten, war ein lang gestreckter, tonnengewölbter Raum fast ohne jeden Zierschmuck. Er wirkte streng und nüchtern – und war daher wie geschaffen für die Kriegermönche. Nicht einmal das helle Son nenlicht, das jetzt zur Mittagsstunde schräg durch die hohen Bo genfenster fiel, vermochte die kahle Strenge zu mildern. In Friedenszeiten nahmen die Brüder vom Tempel Salomons ihre Mahlzeiten in den Räumen ihrer eigenen, turmbewehrten Temp lerburg ein. Doch dieses größte, eindrucksvollste und am stärks ten befestigte Gebäude von ganz Akkon lag zu weit von den Fes tungsmauern entfernt, um für schnelle Truppeneinsätze geeig net zu sein. Die »Eisenburg«, wie der trutzige Sitz der Templer von den Einheimischen wie auch von den Ordensbrüdern zu meist genannt wurde, ragte mit ihrem mächtigen viereckigen Festungsturm und den vergoldeten Löwen hoch über dem eisen beschlagenen Portal ganz im Süden auf der äußersten Landspitze der Stadt auf, die als breiter Felsenkeil in die klaren Gewässer des Mittelmeers vorstieß. Und während der Belagerung durch ein so großes Heer wie das von Sultan el-Ashraf Khalil mussten kampf bereite Einsatztruppen bei einem Alarm jederzeit in Minuten-schnelle gefechtsbereit auf den Wehrgängen stehen und auch schwere Waffen, Rüstungen und ausgeruhte Pferde sofort zur Verfügung haben. Aus diesem Grund hatten alle drei Ritterorden einen Großteil ihrer Truppen samt der nötigen Gefechtsausrüstung aus ihren angestammten Ordensburgen in die strategisch besser gelegene Zitadelle verlegt, deren wehrhafter Bau zum inneren Befestigungsgürtel in unmittelbarer Nähe des St.-Antons-Tores gehörte. Mehrere Reihen langer Bänke und Tische durchzogen das schmucklose Refektorium und bildeten auch schon die gesamte spartanische Einrichtung. Einzig am Kopfende des Raumes, wo sich in jeder Komturei der leicht erhöhte Ehrenplatz für den Komtur, den Kommandeur der örtlichen Niederlassung, befand, hing hinter dem schlichten Lehnstuhl ein Wandbehang mit dem Motiv der französischen Lilie. Hier in Akkon, das nach dem Verlust so vieler anderer, stolzer Besitzungen im Heiligen Land zum Regierungssitz des Königreichs Jerusalem geworden war, gebührte dieser Ehrenplatz dem Großmeister Guillaume von Beaujeau oder einem anderen Großwürdenträger des Ordens. Schweigend, ohne sich vom Fleck zu rühren und etwas ausgeruht nach einigen Stunden Schlaf, so wartete Gerolt mit den anderen Rittern darauf, dass ihr Großmeister oder sein Vertreter, der Seneschall, zusammen mit dem Ordenskaplan im Saal erschien und die Mahlzeit beginnen konnte. Die älteren, langbärtigen Templer standen nach alter Sitte mit dem Rücken zur Wand, während sich die jüngeren Ritter ihnen gegenüber aufgestellt hatten. Der heftige nächtliche Beschuss und insbesondere das Gefecht auf der Templerschanze im Morgengrauen hatten in ihren Reihen sichtliche Spuren hinterlassen. Gerolts Blick fiel auf so manch frischen, blutigen Verband. Von den Toten und Schwerverwundeten, die sie zu beklagen hatten, sprachen die Lücken, die hier und da in den Reihen der Ordensbrüder klafften. Sie wurden bei der ersten gemeinsamen Mahlzeit nach einer Schlacht als Zeichen stummen Respekts und Gedenkens bewusst nicht geschlossen. Nicht der Großmeister, sondern der Marschall des Ordens, Gottfried von Vendac, betrat nun mit dem Kaplan das Refektorium. Der vierschrötige, bullige Templer stand in dem Ruf, ein ebenso unerschrockener Kämpfer wie geschickter politischer Verhandlungsführer zu sein. In Kriegszeiten lag auf seinen Schultern eine noch größere Verantwortung als auf denen des Großmeisters, befahl doch er allein im Feld alle Ritter, dienenden Brüder und Hilfstruppen. Der Kaplan sprach den Segen. Anschließend beteten die versammelten Ordensbrüder das vorgeschriebene Vaterunser. Erst dann durften sie sich an die Tische setzen. Während der Mahlzeit herrschte Schweigen, wie es einer frommen Ordensgemeinschaft entsprach. Nur ein Bruder las aus der Heiligen Schrift und dem Heiligenkalender vor. Die Speisen und Getränke wurden den weiß gekleideten Kriegermönchen von Dienern aufgetischt. Fleisch und Gemüse kamen in großen, dampfenden Schüsseln und der mit Wasser gestreckte Wein in kühlen, bauchigen Krügen aus dickem Steingut auf die Tische. Dreimal die Woche gab es Fleisch, an Sonntagen wurden sogar zwei üppige Portionen serviert. Aber die

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