Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
der Templer schriftführend gewesen sein sollte. Es war nie mand anders als dieser arrogante Franzose Maurice von Mont fontaine!
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Gerolt fuhr herum und mit grimmig verschlossene r Miene blickte er ihn an. Nach dem Gefecht auf der Fes tungsmauer war ihm der Franke nicht mehr unter die Augen ge kommen. Und er hätte es auch nicht bedauert, wenn sich ihre Wege weiterhin nicht wieder gekreuzt hätten. Mit einem frechen Grinsen auf dem Gesicht und mit theatralisch weit ausgebreiteten Armen kam Maurice von Montfontaine auf ihn zu.
»Freue dich, starker Kämpfer, wenn du im Herrn lebst und siegst! Aber noch mehr frohlocke und rühme dich, wenn du stirbst und dich mit dem Herrn vereinst!«, zitierte er erneut den legendären Abt, um dann urplötzlich ein übertrieben bekümmertes Gesicht zu machen und im Trauerton hinzuzufügen: »Nun, den Ruhmeskranz des Märty rers habe ich heute Morgen ja um Haaresbreite . . . besser gesagt um eine Drittel Lanzenlänge, verpasst, dank deines Eingreifens, Gerolt von Weißenfels. Aber sei versichert, dass ich dir deshalb keinen Vorwurf mache, sondern es dir großherzig nachsehe. Ein Edelmann von meiner Abstammung sollte ja auch besser im Stehen als im Liegen den tödlichen Stich des Feindes empfangen, findest du nicht auch?« Gerolt glaubte, seinen Ohren nicht trauen zu dürfen, und sah ihn einen Augenblick sprachlos an. Nicht dass er von diesem eingebildeten Burschen, der dem kurzen und scharfen Dreieck seines Kinnbartes mit Sicherheit heimlich nachhalf, ein Wort des Dankes erwartet hätte. Im Gefecht einem Kameraden Beistand zu leisten, auch wenn man persönlich nichts von ihm hielt, und zwar ohne auch nur einen Wimpernschlag lang zu zögern, gehörte nun mal zum ehernen Gesetz eines jeden Ritterordens, insbesondere aber eines Gottesstreiters, der den Templermantel trug. Doch für seinen Beistand nun mit Spott bedacht zu werden, damit hatte er noch viel weniger gerechnet. Ein solch dreistes Betragen schlug doch dem Fass den Boden aus! »Es heißt ja, dass uns Templern Stolz und Hochmut nachgesagt werden«, antwortete Gerolt schließlich mühsam beherrscht. »Auf einige von uns scheint das in der Tat zuzutreffen. Sie haben wohl noch nie davon gehört, dass Demut die Hüterin aller Tugenden ist!« »Nun ja, viele sind berufen, aber nur wenige sind auserwählt!«, erwiderte der Franzose unbekümmert. Jetzt reichte es Gerolt und er schoss ihm einen eisigen Blick zu. »Du kannst froh sein, dass unsere Regel es uns vorschreibt, dass wir gegen einen anderen Christen erst nach dreimaliger Provokation das Schwert ziehen dürfen!«, stieß er drohend hervor und legte demonstrativ die Hand auf den Schwertgriff. »Eine fehlt noch, Maurice von Montfontaine! Dann hast du es geschafft und wirst meine Klinge zu spüren bekommen, auch wenn es mich den Mantel kosten sollte!« Kaum hatte Gerolt die hitzigen Worte ausgesprochen, als ihm jäh bewusst wurde, was ihm da im Zorn herausgerutscht war. Er erschrak insgeheim. Denn ein Duell zwischen Ordensbrüdern hatte so gut wie immer den Ausschluss aus dem Orden zur Folge, zumindest aber musste man zur Strafe den Mantel ablegen und wurde für ein Jahr und einen Tag aus der Gemeinschaft ausgestoßen. Aber nun waren die unbedachten Worte ausgesprochen und sie wieder zurückzunehmen, verbot ihm sein Stolz.
Der belustigte Ausdruck des Franzosen gefror, als hätte ihn eine schallende Ohrfeige getroffen. Dann jedoch wurde er blass und Bestürzung zeigte sich auf seinem Gesicht. »Heilige Muttergottes, nichts lag mir ferner, als dich verspotten oder gar beleidigen zu wollen, Gerolt von Weißenfels!«, stieß er hervor. »Ich schwöre es bei meiner Templerehre!« Gerolt gab keine Antwort, sah ihn nur geringschätzig an und wandte sich abrupt von ihm ab. Insgeheim war er jedoch erleich tert, dass der blasierte Ordensbruder genug Verstand und Ein sicht besaß, um es nicht auf ein Duell ankommen zu lassen, das für sie beide böse Folgen gehabt hätte. »Warte! So können wir nicht auseinandergehen! Ich muss mit dir reden! Du hast das eben völlig in die falsche Kehle bekommen, das musst du mir glauben!«, beteuerte Maurice von Montfontaine und hielt ihn an der Schulter fest. Gerolt stieß die Hand von seiner Schulter und schritt auf das brei te Doppeltor zu, das auf den Burghof hinausführte. Maurice von Montfontaine gab sich jedoch noch nicht geschlagen und hielt mit ihm Schritt. »Ich kann ja verstehen, dass du nicht gut auf mich zu sprechen bist. Es war töricht
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