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Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
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– betrachte ich Sie gewissermaßen als seinen Nachfolger im strengen Mönchtum, obwohl Ihr neuer Anzug Sie vorzüglich kleidet. Wo haben Sie hier nur so einen guten Schneider aufgetrieben? Aber nein, das ist nicht die Hauptsache, davon nachher! Verzeihen Sie, daß ich Sie manchmal Aljoscha nenne, ich bin eine alte Frau, mir ist alles erlaubt«, sagte sie, kokett lächelnd! »Aber davon nachher! Die Hauptsache ist, daß ich nicht die Hauptsache vergesse. Bitte, erinnern Sie mich, sobald ich ins Plaudern gerate! Sie brauchen nur zu sagen: ›Und die Hauptsache?‹ Ach, woher soll ich denn wissen, was jetzt die Hauptsache ist? Seit Lise das Versprechen wieder zurückgenommen hat, ihr kindisches Versprechen, Alexej Fjodorowitsch, Sie zu heiraten, haben Sie natürlich eingesehen, daß das alles nur die kindische Laune eines kranken, gar zu lange an den Rollstuhl gefesselten Mädchens war – Gott sei Dank, jetzt kann sie ja wieder gehen. Dieser neue Arzt, den Katja aus Moskau hat kommen lassen, für Ihren unglücklichen Bruder, der morgen ... Nun, wozu sollen wir über morgen sprechen! Ich sterbe schon von dem bloßen Gedanken an morgen! Hauptsächlich vor Neugierde ... Kurz, dieser Arzt ist gestern bei uns gewesen und hat Lise gesehen ... Ich habe ihm fünfzig Rubel für den Besuch bezahlt. Aber das ist alles nicht das, was ich eigentlich sagen wollte. Sehen Sie, ich bin jetzt schon ganz aus dem Konzept gekommen. Ich habe es zu eilig. Warum habe ich es eigentlich so eilig? Das verstehe ich gar nicht. Überhaupt läßt mein Verständnis für dies und das jetzt erschreckend nach. Alles wirrt sich für mich zu einem unauflöslichen Knäuel. Ich fürchte, daß Sie vor Langeweile einfach aufspringen und gehen. Ach mein Gott, was sitzen wir denn so, ich müßte doch erst mal Kaffee ... Julija, Glafira, Kaffee!«
    Aljoscha dankte und erklärte rasch, er habe soeben erst Kaffee getrunken.
    »Bei wem denn?«
    »Bei Agrafena Alexandrowna.«
    »Ach ... Bei dieser Frauensperson! Sie ist es, die alle zugrunde gerichtet hat, aber ich weiß nicht, es heißt ja, sie sei jetzt eine Heilige geworden, obgleich wohl etwas spät. Das hätte sie lieber früher tun sollen, als es nötig war! Aber jetzt, was hat es jetzt für einen Nutzen? Seien Sie still, seien Sie still, Alexej Fjodorowitsch, ich habe Ihnen so viel zu sagen, daß ich, wie es scheint, überhaupt nicht dazu komme, Ihnen irgend etwas zu sagen. Dieser schreckliche Prozeß! Ich werde unbedingt hinfahren, ich bereite mich darauf vor, ich werde mich im Lehnsessel in den Saal tragen lassen, dort kann ich ja sitzen, ich werde meine Leute mitnehmen. Sie wissen ja, ich gehöre zu den Zeugen. Wie werde ich nur reden, wie werde ich nur reden! Ich weiß nicht, was ich da sagen soll. Man muß ja wohl einen Eid schwören, nicht wahr?«
    »Ja, aber ich glaube nicht, daß es Ihnen möglich sein wird, dort zu erscheinen.«
    »Ich kann ja sitzen! Ach, Sie bringen mich aus dem Konzept! Dieser Prozeß, diese Tat, und dann gehen alle nach Sibirien, und andere verheiraten sich, und alles geht so schnell, und alles ändert sich, und zuletzt ist nichts mehr übrig, und alle sind alt geworden und blicken in ihr Grab. Na, in Gottes Namen, ich bin müde ... Diese Katja, cette charmante personne, hat alle meine Hoffnungen zunichte gemacht! Jetzt wird sie einem Ihrer Brüder nach Sibirien folgen, und Ihr anderer Bruder wiederum wird ihr folgen und in einer benachbarten Stadt leben, und alle werden sich gegenseitig quälen. Mich macht das alles ganz verrückt, besonders aber diese Publizität! In allen Petersburger und Moskauer Zeitungen sind eine Million Artikel darüber gedruckt worden. Ach ja, stellen Sie sich das vor, auch von mir haben sie geschrieben, ich sei eine liebe Freundin Ihres Bruders gewesen! Ich will ja keinen häßlichen Ausdruck gebrauchen, aber stellen Sie sich das vor, stellen Sie sich das vor!«
    »Das ist nicht möglich! Wo ist denn das gedruckt worden?«
    »Ich werde es Ihnen zeigen. Gestern habe ich es bekommen und gleich gelesen. Sehen Sie, hier in der Zeitung ›Gerüchte‹, sie kommt in Petersburg heraus. Diese ›Gerüchte‹ erscheinen erst seit diesem Jahr. Ich bin eine große Freundin von Gerüchten und habe sie abonniert, zu meinem eigenen Unglück! Sehen Sie nur, als was sich diese ›Gerüchte‹ entpuppt haben! Sehen Sie, hier, an dieser Stelle. Lesen Sie.«
    Sie reichte Aljoscha ein Zeitungsblatt, das sie unter ihrem Kopfkissen liegen hatte.
    Sie war nicht etwa nur

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