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Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
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nach Sibirien gehen. Ich habe nicht gemordet, aber ich muß nach Sibirien gehen!‹ Was das bedeuten soll, was das für ein ›Kindelein‹ sein soll, das ist mir völlig unverständlich. Ich brach in Tränen aus, als er das sagte, weil er es so schön sagte! Er selber weinte, und ich weinte auch. Was bedeutet das, Aljoscha? Erkläre mir das, was ist das für ein ›Kindelein‹?«
    »Rakitin hat jetzt, ich weiß nicht warum, angefangen, ihn zu besuchen«, erwiderte Aljoscha lächelnd! »Aber das hat doch wohl nichts mit Rakitin zu tun ... Ich bin gestern nicht bei ihm gewesen, heute will ich wieder zu ihm gehen.«
    »Nein, das hat nichts mit Rakitin zu tun; das setzt ihm sein Bruder Iwan Fjodorowitsch in den Kopf, der besucht ihn, das ist es ...«, sagte Gruschenka, verstummte dann jedoch plötzlich. Aljoscha starrte sie erstaunt an.
    »Er besucht ihn? Tut er das wirklich? Mitja hat mir gesagt, Iwan wäre noch kein einziges Mal zu ihm gekommen.«
    »Na ja, da sieht man, was ich für eine bin! Ich habe mich verschnappt!« rief Gruschenka verlegen; sie war auf einmal ganz rot geworden! »Wart mal, Aljoscha, wo ich mich nun doch verschnappt habe, will ich auch die ganze Wahrheit sagen. Er ist zweimal bei ihm gewesen. Das erstemal, gleich nachdem er damals aus Moskau gekommen war, ich war da noch nicht bettlägerig; und das zweitemal besuchte er ihn eine Woche später. Er verbot Mitja aber, dir etwas davon zu sagen, das verbot er ihm ausdrücklich. Er sollte es überhaupt niemandem sagen. Er wollte, daß seine Besuche ein Geheimnis bleiben.«
    Aljoscha saß gedankenversunken da und überlegte. Diese Nachricht hatte auf ihn offenbar starken Eindruck gemacht.
    »Iwan spricht mit mir nicht über Mitjas Angelegenheit«, sagte er langsam! »Und überhaupt hat er mit mir in diesen ganzen zwei Monaten nur sehr wenig gesprochen. Wenn ich zu ihm kam, war er über mein Kommen immer so mißvergnügt, daß ich seit drei Wochen gar nicht mehr zu ihm gehe. Hm ... Wenn er vor einer Woche da war, dann ... In dieser Woche ist mit Mitja tatsächlich eine Veränderung vorgegangen ...«
    »Jawohl eine Veränderung!« fiel Gruschenka schnell ein! »Sie haben ein Geheimnis! Mitja hat mir selbst gesagt, daß es da ein Geheimnis gibt. Weißt du, es ist so ein Geheimnis, daß er sich gar nicht mehr beruhigen kann. Aber er war doch früher heiter, und er ist es eigentlich auch jetzt noch – nur, weißt du, wenn er anfängt, den Kopf zu schütteln, und dann im Zimmer auf und ab geht und sich mit dem rechten Zeigefinger und dem Daumen hier an der Schläfe am Haar zupft, dann weiß ich schon, daß eine Unruhe ihn gepackt hat, das weiß ich dann schon! Er war doch sonst heiter, und auch jetzt ist er es noch!«
    »Aber du sagtest doch, er sei aufgeregt?«
    »Er ist sehr aufgeregt, aber auch heiter. Er ist vorwiegend aufgeregt, aber für Augenblicke wird er heiter, und dann gerät er auf einmal wieder in Aufregung. Und weißt du, Aljoscha, ich muß mich immer über ihn wundern: Ihm steht etwas Furchtbares bevor, und trotzdem lacht er manchmal über nichtige Dinge wie ein kleines Kind!«
    »Und es ist wahr, daß er dir verboten hat, mir etwas von Iwans Besuchen zu sagen? Hat er ausdrücklich gesagt: ›Sag ihm nichts davon‹?«
    »Ja, so hat er gesagt: ›Sag ihm nichts davon!‹ Vor dir hat Mitja ganz besonders Angst. Denn ein Geheimnis gibt es, das hat er selber gesagt ... Aljoscha, Täubchen, geh hin und bring es heraus, was sie für ein Geheimnis miteinander haben, und dann komm und sag es mir!« fuhr Gruschenka plötzlich flehend auf Aljoscha los! »Klär mich auf, damit ich mein Schicksal erfahre! Deswegen habe ich dich rufen lassen!«
    »Du meinst, daß sich dieses Geheimnis irgendwie auf dich bezieht? Wenn dem so wäre, hätte er dir doch überhaupt nichts von einem Geheimnis gesagt.«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht möchte er es gerade mir sagen und wagt es nur nicht. Er bereitet mich vor. Er sagt: ›Es gibt da ein Geheimnis.‹ Nur was für ein Geheimnis, das sagt er nicht.«
    »Was denkst du selbst davon?«
    »Was ich davon denke? Daß mein Ende gekommen ist, das denke ich. Alle drei sind eifrig bemüht gewesen, mir mein Ende zu bereiten; denn Katka steckt auch dahinter. Katka ist dabei die Hauptperson, von ihr geht alles aus. ‹Was ist sie für ein gutes Wesen‹ – das bedeutet, daß ich keins bin. Das sagt er, um mich vorzubereiten. Er will sich von mir lossagen, das ist das ganze Geheimnis! Das haben sich alle drei zusammen

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