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Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
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Ihnen nicht sagen, warum, ich weiß es selbst nicht ... Oh, natürlich wurde ich ihretwegen so zornig, und weil sie mit Dmitri Fjodorowitsch zusammen ins Ausland fliehen sollte!« rief Katerina Iwanowna plötzlich, und ihre Lippen zitterten vor Wut. »Als Iwan Fjodorowitsch sah, daß ich ihretwegen so zornig wurde, dachte er sofort, ich wäre auf sie eifersüchtig, weil ich Dmitri noch immer liebte. Daraus entstand damals unser erster Streit. Erklärungen mochte ich ihm nicht geben, ihn um Verzeihung bitten konnte ich nicht; es tat mir zu weh, daß ein Mann wie er den Verdacht haben konnte, meine frühere Liebe zu dem anderen wäre noch nicht erloschen. Und daß er das noch glauben konnte, obwohl ich ihm schon längst selber gesagt hatte, meine Liebe gehöre nicht Dmitri, sondern einzig und allein ihm! Drei Tage danach, an jenem Abend, als Sie kamen, brachte er mir ein versiegeltes Kuvert, das ich öffnen sollte, falls ihm etwas zustieße. Oh, er ahnte seine Krankheit voraus! Er sagte mir, das Kuvert enthalte die näheren Einzelheiten über die Flucht; falls er stürbe oder gefährlich erkrankte, sollte ich allein Mitja retten. Gleichzeitig ließ er mir Geld hier, fast zehntausend Rubel – dieselbe Summe, die der Staatsanwalt in seiner Rede erwähnte, als er sagte, er hätte erfahren, daß Iwan Fjodorowitsch Wertpapiere zum Umwechseln weggeschickt hat. Es machte auf mich einen gewaltigen Eindruck, daß Iwan Fjodorowitsch den Gedanken, seinen Bruder zu retten, nicht aufgab und mir, mir selbst dieses Rettungswerk anvertraute, obwohl er noch immer meinetwegen eifersüchtig und davon überzeugt war, daß ich Mitja liebte! Oh, das war ein Opfer! Nein, Sie werden diese Selbstverleugnung in ihrem ganzen Umfang gar nicht verstehen, Alexej Fjodorowitsch! Ich wollte ihm schon zu Füßen fallen; doch da fiel mir auf einmal ein, er könnte ein solches Benehmen nur für den Ausdruck meiner Freude über die beabsichtigte Rettung Mitjas halten, und die Möglichkeit einer so ungerechten Deutung von seiner Seite brachte mich dermaßen auf, daß ich wieder ganz zornig wurde und ihm, statt ihm die Füße zu küssen, wieder eine Szene machte! Oh, ich bin zu unglücklich! Mein Charakter ist nun einmal so – es ist ein furchtbarer, unglücklicher Charakter! Sie werden es erleben: Ich bringe es noch dahin, daß auch er sich von mir abwendet um einer anderen willen, mit der sich leichter leben läßt, so wie Dmitri, aber dann ... Nein, das werde ich dann nicht ertragen, dann werde ich mir das Leben nehmen! Als Sie damals hier erschienen und ich ihn aufforderte zurückzukommen und er dann mit Ihnen eintrat, da packte mich ein solcher Zorn über den haßerfüllten, verächtlichen Blick, mit dem er mich plötzlich ansah, daß ich Ihnen zurief, er, er allein habe mich zu der Überzeugung gebracht, daß sein Bruder Dmitri der Mörder sei! Ich log absichtlich, um ihn noch einmal zu verletzen; denn niemals, niemals hat er mich zu überzeugen gesucht, daß sein Bruder der Mörder sei – vielmehr habe ich selbst ihn davon überzeugt! Oh, an allem ist meine Tollheit schuld! Ich, ich habe diese entsetzliche Szene vor Gericht veranstaltet! Er wollte mir beweisen, daß er edel dachte, daß er trotz meiner Liebe zu seinem Bruder ihn nicht aus Rachsucht und Eifersucht zugrunde richten wollte. Deshalb trat er vor Gericht auf ... Ich bin an allem schuld, ich allein bin schuld!«
    Noch niemals hatte Katja Aljoscha solche Geständnisse gemacht, und er fühlte, daß sie sich jetzt auf jener Stufe unerträglichen Leidens befand, wo auch das stolzeste Herz schmerzerfüllt seinen Stolz fahrenläßt und von Kummer überwältigt zu Boden sinkt. Aljoscha kannte noch eine furchtbare Ursache ihrer jetzigen Qualen, sosehr sie diese vor ihm auch seit Mitjas Verurteilung verborgen hatte. Es wäre ihm jedoch zu schmerzlich gewesen, wenn sie sich entschlossen hätte, so tief zu sinken, daß sie zu ihm auch von dieser Ursache selbst sprach. Sie litt wegen ihres »Verrats« vor Gericht, und Aljoscha fühlte, daß ihr Gewissen sie trieb, sich gerade vor ihm, Aljoscha, anzuklagen, weinend, krampfhaft kreischend, auf dem Boden liegend und um sich schlagend. Aber er fürchtete sich vor diesem Augenblick und wünschte die Leidende zu schonen. Um so schwieriger wurde der Auftrag, mit dem er gekommen war. Er begann wieder von Mitja zu reden.
    »Das hat nichts zu sagen, seien Sie seinetwegen ganz unbesorgt!« begann Katja wieder hartnäckig und in scharfem Ton. »Das dauert bei

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