Die Brüder Karamasow
Lachen gehört und aus den Lauten sofort geschlossen, daß der Vater noch lange nicht betrunken, sondern vorläufig bloß angeheitert war.
»Der ist ja auch da! Der auch!« kreischte Fjodor Pawlowitsch, der sich über Aljoschas Kommen gewaltig freute. »Gesell dich zu uns, setz dich, trink ein Täßchen Kaffee, das ist ja ein Fastengetränk, und heiß ist er und ausgezeichnet! Kognak biete ich dir nicht an, du hast die Fasten einzuhalten. Oder willst du welchen, willst du? Nein, ich will dir lieber einen kleinen Likör, geben, der ist ganz vorzüglich. Smerdjakow, geh doch mal zum Schränkchen, auf dem zweiten Regal rechts sind die Schlüssel, schnell!«
Aljoscha lehnte auch den Likör ab.
»Gebracht soll er doch werden! Wenn nicht für dich, dann für uns«, entschied Fjodor Pawlowitsch mit strahlendem Gesicht. »Aber halt, hast du schon zu Mittag gegessen?«
»Ja, ich habe gegessen«, antwortete Aljoscha, der in Wirklichkeit in der Küche des Abtes nur ein Stück Brot gegessen und ein Glas Kwaß getrunken hatte. »Aber eine Tasse heißen Kaffee trinke ich gern.«
»Du lieber Junge! Du braver Junge! Er trinkt ein Täßchen Kaffee! Ob wir den Kaffee noch einmal anwärmen? Aber nein, er ist ja noch kochend. Es ist vorzüglicher Kaffee, Smerdjakows Leistung. In Kaffee und Fischpasteten ist mein Smerdjakow ein wahrer Künstler, und dann auch noch in Fischsuppe, wahrhaftig. Du mußt mal unsere Fischsuppe essen kommen, gib uns nur vorher Bescheid. Aber warte mal, warte mal ... Ich hatte dir heute mittag befohlen, noch heute endgültig hierher überzusiedeln, mit Matratze und Kopfkissen. Hast du deine Matratze hergeschleppt? Hehehe!«
»Nein, ich habe sie nicht mitgebracht«, antwortete Aljoscha, ebenfalls lächelnd.
»Aber einen Schreck hast du heute mittag doch bekommen, einen Schreck hast du doch bekommen, nicht wahr? Ach du, mein Täubchen, ich kann dir ja nichts zuleide tun. Hör mal, Iwan, ich kann einfach nicht gleichgültig bleiben, wenn er mir so in die Augen sieht und lacht! Ich kann es nicht. Das ganze Herz muß über ihn lachen, ich habe ihn zu lieb! Aljoscha komm her, ich will dir meinen väterlichen Segen geben.«
Aljoscha stand auf, doch Fjodor Pawlowitsch hatte sich bereits eines anderen besonnen.
»Nein, nein, ich will jetzt nur ein Kreuz über dir machen. So, und nun setz dich wieder hin. Na, jetzt wirst du einen Spaß haben, wir reden gerade über ein Thema, das in dein Fach schlägt. Du wirst dich satt lachen. Bei uns hat Bileams Eselin angefangen zu reden, und wie sie redet, wie sie redet!«
Bileams Eselin war, wie sich herausstellte, der Diener Smerdjakow. Ein noch junger Mensch, erst ungefähr vierundzwanzig Jahre alt, war er in hohem Grade ungesellig und schweigsam. Nicht daß er schüchtern war oder sich über irgend etwas schämte, im Gegenteil, er hatte einen hochmütigen Charakter und schien auf alle Menschen herabzusehen. Aber ich kann jetzt nicht umhin, wenigstens ein paar Worte über ihn zu sagen. Das dürfte gerade jetzt angebracht sein. Erzogen hatten ihn Marfa Ignatjewna und Grigori Wassiljewitsch, doch der Knabe wuchs »ohne jede Dankbarkeit« auf, wie Grigori sich ausdrückte, als ein scheues Kind, das aus seinem Winkel die anderen anschaute. In seiner Kindheit liebte er es, Katzen aufzuhängen, und beerdigte sie dann mit allen Zeremonien. Er drapierte sich zu diesem Zweck mit einem Bettlaken, das ein Meßgewand darstellen sollte, und sang und schwenkte etwas über der toten Katze hin und her, als ob er mit Weihrauch räucherte. Alles das tat er ganz leise, mit größter Heimlichkeit. Grigori überraschte ihn einmal bei dieser Beschäftigung und züchtigte ihn empfindlich. Der Knabe ging in eine Ecke und sah eine Woche lang alle schief an. »Er mag uns nicht, dieser Unmensch«, sagte Grigori zu Marfa Ignatjewna. »Er liebt überhaupt niemand. Bist du eigentlich ein Mensch?« wandte er sich plötzlich an Smerdjakow. Du bist kein Mensch, du bist aus der schleimigen Nässe des Badehauses entstanden! So einer bist du ...« Diese Worte hatte ihm Smerdjakow, wie sich später herausstellte, nie verziehen. Grigori lehrte ihn lesen und schreiben und unterrichtete ihn, als er zwölf Jahre alt war, in der biblischen Geschichte. Aber die Sache nahm bald ein jähes Ende. Schon in der zweiten oder dritten Unterrichtsstunde fing der Knabe auf einmal an zu lächeln.
»Was hast du?« fragte Grigori und blickte ihn unter der hochgeschobenen Brille hervor drohend an.
»Nichts. Gott der Herr
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