Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Brüder Löwenherz

Die Brüder Löwenherz

Titel: Die Brüder Löwenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
Vom Netzwerk:
genommen und im Schrank versteckt hatte.
    »Lies!« sagte Jonathan. »Lies schnell, schnell!«
    Sophia las und schrie leise auf.
    »Sie haben auch Orwar erwischt«, sagte sie. »Jetzt gibt es dort niemanden mehr, der wirklich etwas tun kann.« Sie reichte Jonathan den Zettel, und nachdem er ihn gelesen hatte, wurden seine Augen noch dunkler. »Ein Verräter im Kirschtal«, sagte er. »Was glaubst du, wer es ist? Wer kann so schlecht sein?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Sophia. »Noch nicht. Doch gnade ihm Gott, wenn ich es herausfinde!« Ich hörte zu und begriff nichts.
    Sophia seufzte, und dann sagte sie: »Erzähle es Karl. Inzwischen mache ich euch Frühstück.« Und dann ging sie in die Küche.
    Jonathan setzte sich mit dem Rücken zur Wand auf den Fußboden, blieb eine Weile stumm so sitzen und schaute auf seine erdigen Finger.
    Schließlich sagte er: »Also hör zu! Jetzt, wo Sophia es erlaubt hat, kann ich es dir erzählen.«
    Vieles hatte er mir von Nangijala erzählt, schon bevor ich hierherkam und auch später, aber nichts war dem vergleichbar, was ich jetzt in Sophias Kammer zu hören bekam. »Du weißt doch noch, was ich damals gesagt habe«, begann er. »Daß nämlich das Leben hier im Kirschtal leicht und einfach ist. So ist es gewesen, und so könnte es noch immer sein, aber so ist es kaum mehr. Denn wenn das Leben drüben in dem anderen Tal schwer und bedrückend wird, dann wird es auch hier im Kirschtal schwer, verstehst du?« »Gibt es denn noch ein zweites Tal?« fragte ich.
    Und da erzählte Jonathan mir von Nangijalas beiden grünen Tälern, die so schön in Nangijalas Bergen liegen, dem Kirschtal und dem Heckenrosental. Die hohen, wilden Berge, die diese Täler umschließen, seien schwer zu überwinden, falls man die schmalen, gewundenen Pfade nicht kenne, sagte Jonathan. Doch die Leute in den Tälern kennen diese Pfade, und sie können frei und ungehindert von dem einen Tal zum anderen kommen.
    »Oder, richtiger gesagt, sie konnten es früher«, sagte Jonathan. »Jetzt kommt niemand aus dem Heckenrosental herauf und auch niemand hinein. Niemand außer Sophias Tauben.«
    »Weshalb denn?« fragte ich.
    »Weil das Heckenrosental kein freies Land mehr ist«, sagte Jonathan. »Weil das Tal in der Hand des Feindes ist.« Er sah mich an, als ob es ihm leid täte, mich zu erschrecken. «
    »Und niemand weiß, wie es dem Kirschtal ergehen wird« sagte er dann.
    Jetzt bekam ich Angst. Hier war ich so sorglos umhergewandert, hatte geglaubt, in Nangijala gäbe es nichts Gefährliches, aber jetzt bekam ich wirklich Angst. »Was ist das für ein Feind?« fragte ich. »Tengil heißt er«, antwortete Jonathan und sprach den Namen so aus, daß er abscheulich und gefährlich klang. »Wo lebt Tengil?«
    fragte ich.
    Und da erzählte mir Jonathan von Karmanjaka, dem Land oben in den Bergen. Der Uralten Berge hinter dem Fluß Der Uralten Flüsse, dort herrsche Tengil, grausam wie eine Schlange.
    Ich wurde noch ängstlicher, doch ich wollte es nicht zeigen. »Warum bleibt er denn nicht in seinen Uralten Bergen?« fragte ich. »Warum muß er nach Nangijala kommen und alles zerstören?«
    »Ja, warum?« sagte Jonathan. »Wer darauf eine Antwort weiß, weiß viel. Ich kann dir nicht sagen, warum er alles vernichten muß. Es ist eben so. Er gönnt den Leuten in den Tälern nicht, daß sie ihr Leben leben. Und er braucht Sklaven.«
    Dann saß er wieder stumm da und starrte auf seine Hände. Aber er murmelte etwas, und ich hörte es: »Dieses Untier Katla hat er auch!«
    Katla! Ich weiß nicht, weshalb dieses Wort noch abscheulicher klang als alles, was er mir bisher gesagt hatte, und ich fragte ihn: »Wer ist Katla?« Jonathan schüttelte den Kopf.
    »Nein, Krümel, ich weiß, daß du dich schon fürchtest. Von Katla erzähle ich dir nicht, sonst kannst du heute nacht nicht schlafen!«
    Statt dessen erzählte er mir, was an Sophia so Besonderes war. »Sie leitet unseren geheimen Kampf gegen Tengil«, sagte Jonathan. »Wir bekämpfen ihn, um den Leuten im Heckenrosental zu helfen. Wir müssen es allerdings heimlich tun.« »Aber warum Sophia?« fragte ich. »Warum gerade sie?« »Weil sie stark ist und so etwas kann«, sagte Jonathan. »Und weil sie nicht die Spur Angst hat.«
    »Angst, die hast du doch auch nicht, Jonathan«, sagte ich. Da dachte er erst ein Weilchen nach und sagte dann: »Nein, Angst habe ich auch nicht.«
    Oh, wie ich mir wünschte, ebenso mutig zu sein wie Sophia und Jonathan! Aber ich hatte solche

Weitere Kostenlose Bücher