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Die Brüder Löwenherz

Die Brüder Löwenherz

Titel: Die Brüder Löwenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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völlig umsonst.« Und dann sagte er so leise, daß ich es kaum verstehen konnte: »Außerdem tue ich ihr noch manch anderen Gefallen.« Und gerade da sah ich, daß er noch etwas aus dem Korb nahm. Ein winziger, zusammengerollter Zettel war es, weiter nichts. Er rollte ihn auseinander und las, was darauf geschrieben stand, und dann runzelte er die Stirn, als mißfalle ihm, was er dort las. Doch er sagte mir nichts darüber, und ich wollte nicht fragen. Ich dachte, wenn er will, daß ich es erfahre, wird er mir schon erzählen, was auf dem Zettel steht. In einer Ecke der Küche stand ein alter Schrank. Gleich am ersten Abend im Reiterhof hatte Jonathan mir etwas über diesen Schrank erzählt. Es gebe darin ein Geheimfach, hatte er gesagt eins, das man nur finden und öffnen könne, wenn man den Mechanismus kenne. Natürlich hatte ich mir dieses Fach sofort angucken wollen, doch da hatte Jonathan gesagt: »Ein andermal. Jetzt mußt du schlafen.«
    Und dann war ich eingeschlafen und hatte das Ganze vergessen. Erst jetzt fiel es mir wieder ein. Denn Jonathan ging zum Schrank, und ich hörte es ein paarmal seltsam schnarren und knacken. Es war nicht schwer zu erraten, was er da machte.
    Er versteckte den Zettel im Geheimfach. Dann schloß er den Schrank zu und legte den Schlüssel in einen alten Mörser, der oben auf einem Küchenbord stand.
    Danach gingen wir baden, und ich sprang von der Brücke, stellt euch vor, das wagte ich! Und dann machte Jonathan mir genau so eine Angel, wie er selber hatte, und wir fingen ein paar Fische. Gerade so viel, daß es für uns beide zum Mittag-essen reichte. Ich angelte einen stattlichen Barsch und Jonathan zwei.
    Wir kochten die Fische in einem Topf, der an einer Eisenkette über dem Feuer in unserem großen Kamin hing. Und nachdem wir gegessen hatten, sagte Jonathan:
    »Und jetzt, Krümel, wollen wir mal sehen, ob du schießen kannst. Das muß man manchmal können.«
    Er nahm mich mit in den Stall, und dort in der Geschirrkammer hingen Pfeile und zwei Bogen. Mir war klar, daß Jonathan sie selbst gemacht hatte, weil er zu Hause in der Stadt oft genug welche für die Kinder auf dem Hof gebastelt hatte. Doch diese waren größer und besser. Es waren schon richtige Waffen.
    Wir hängten eine Zielscheibe an die Stalltür und schössen den ganzen Nachmittag lang mit Pfeil und Bogen. Jonathan zeigte mir, wie man es machen mußte. Und ich schoß ganz gut, wenn auch nicht so gut wie Jonathan, der fast jedesmal ins Schwarze traf.
    Aber Jonathan war schon komisch. Obwohl er alles viel besser konnte als ich, fand er selbst, es sei nichts Besonderes. Er prahlte nie, sondern tat alles wie nebenbei.
    Manchmal glaube ich fast, er wünschte, mir gelänge es besser als ihm. Einmal traf auch ich ins Schwarze, und da freute er sich so, als hätte ich ihm ein Geschenk gemacht.
    Als die Dämmerung kam, sagte Jonathan, es sei jetzt an der Zeit, zum »Goldenen Hahn« zu reiten. Wir pfiffen Grim und Fjalar herbei.
    Sie liefen frei auf der Wiese vor dem Reiterhof umher, doch sobald wir pfiffen, kamen sie zur Pforte galoppiert. Dort sattelten wir sie und stiegen auf, und dann ritten wir in gemächlichem Trab ins Dorf hinunter.
    Plötzlich wurde ich ängstlich und schüchtern. Ich war es ja kaum gewohnt, mit Menschen zusammenzusein, schon gar nicht mit den Leuten, die hier in Nangijala lebten, und das sagte ich Jonathan.
    »Wovor hast du denn Angst?« fragte er. »Du glaubst doch wohl nicht, daß jemand dir etwas tun will?« »Nein, das nicht, aber vielleicht lachen sie über mich.«
    Eigentlich fand ich es selbst dumm, was ich da sagte, denn warum sollten sie über mich lachen? Aber so was bilde ich mir ja ständig ein.
    »Weißt du, ich finde, wir nennen dich von jetzt ab Karl, weil du doch Löwenherz heißt«, sagte Jonathan. »Krümel Löwenherz - das könnte sie vielleicht zum Lachen bringen. Du selbst hast dich darüber fast totgelacht und ich mich auch.« Ja, ich wollte gern Karl genannt werden. Das paßte wirklich besser zu meinem neuen Nachnamen.
    »Karl Löwenherz.« Ich horchte, wie es klang. »Hier reiten Karl und Jonathan Löwenherz.« Ich fand, es klang gut.
    »Aber für mich bleibst du doch mein alter Krümel«, sagte Jonathan. »Damit du es nur weißt kleiner Karl.« Bald waren wir unten im Dorf und ritten mit klappernden Hufen über die Dorfstraße. Es war nicht schwer, unser Ziel finden. Denn schon von weitem hörten wir Lachen i Stimmengewirr. Und das Schild mit einem großen vergoldeten

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