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Die Buchmalerin

Die Buchmalerin

Titel: Die Buchmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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weit entfernt, um genau erkennen zu können, was sie darstellte. Aber das tiefe Ultramarinblau, das die Malerin verwendet hatte, fiel ihm ins Auge.
    Unvermittelt drehte Donata sich um. Zuerst war ihr Gesicht weich, so als sei sie trotz der Störung noch ganz mit ihrer Arbeit beschäftigt. Doch als sie ihn erkannte, verschloss es sich und nahm den abweisenden Ausdruck an, mit dem sie ihm während ihrer gemeinsamen Wanderung durch das kalte, winterliche Land meist begegnet war.
    Einige Momente blickten sie sich schweigend an. Falls er jemals gewusst hatte, was er ihr sagen sollte, wusste er es nun nicht mehr.
    Endlich meinte Donata: »Ihr habt lange gebraucht, bis Ihr wieder nach Köln gekommen seid.« Die Bissigkeit in ihrer Stimme gab ihm sein Gleichgewicht zurück.
    »Hat Euch die Äbtissin nicht gesagt, dass ich Enzio folgen musste?«, erwiderte Roger ungeduldig.
    »Sicher hat sie das!« Sie warf den Kopf in den Nacken und ihre grünbraunen Augen funkelten zornig. »Aber ich hätte es gern von Euch selbst gehört … Damals, am Gerichtstag, als Ihr plötzlich wie Lazarus aus dem Grab auferstanden seid, nur um gleich darauf wieder zu verschwinden.«
    Donata legte die Glasplatte und das Tuch mit einer heftigen Bewegung auf dem Tisch ab. Kleine Spuren von Grün waren an ihren Händen haften geblieben. Ein blaustichiges Grün. Es musste die Farbe des Malachits sein. Roger erinnerte sich plötzlich, dass sie ihm von dieser Farbe erzählt hatte. Aber er wusste nicht mehr, bei welcher Gelegenheit dies gewesen war.
    »Ihr entschuldigt mich. Die Beginen erwarten mich zu ihrer Abendmahlzeit und ich möchte nicht zu spät kommen.« Sie schritt an ihm vorbei und griff nach ihrem Bündel, das neben einem der Pulte lag.
    Noch konnte er sie gehen lassen … Doch ohne zu überlegen, streckte er den Arm nach ihr aus.
    »Lasst mich …« Sie brach plötzlich ab und ein Ausdruck von Entsetzen huschte über ihr Gesicht.
    Erst als sie mit den Fingerspitzen seinen Unterarm berührte, begriff er, dass der Ärmel seines Hemdes bis zum Ellbogen zurückgerutscht war und die mit roten und glasig weißlichen Flecken durchsetzte Haut freigab.
    »Hat Enzio das getan?«, flüsterte sie.
    »Ja.« Roger zog behutsam seinen Arm von ihr weg und schob den Ärmel sorgfältig bis zum Handgelenk hinunter.
    »Er soll tot sein?«
    »Der Kardinal und seine Soldaten trafen im Süden auf Friedrichs Heer und wurden geschlagen. Viele seiner Leute kamen dabei um, darunter auch Léon«, berichtete Roger knapp. »Enzio zog es vor zu fliehen und stürzte sich tollkühn in einen Fluss, der Hochwasser führte. Nun, er trug ein Kettenhemd und Waffen … Am Tag darauf wurde seine Leiche ans Ufer geschwemmt. Ich habe sie selbst gesehen. Die Verwesung hatte noch nicht eingesetzt. Trotz der treibenden Äste im Fluss und der Steine am Ufer war sein Gesicht weit gehend unverletzt. Es wirkte überrascht und ja … fast ein wenig belustigt …«
    Donata wandte den Kopf und schaute zu einem der geöffneten Fenster. Die tief stehende Sonne verlieh dem Himmel im Westen einen orangeroten Schimmer.
    »Ich bin froh, dass der Kardinal tot ist«, sagte sie schließlich leise. »Er hat keinen sehr schlimmen Tod gehabt.«
    »Einen leichteren jedenfalls als den, den er manchem seiner Gegner zugedacht hatte. Aber er ist tot und begraben und er wird uns nicht mehr heimsuchen.«
    »Außer in unseren Träumen«, murmelte Donata.
    »Lasst uns nicht von Enzio reden«, bat Roger. »Die Äbtissin hat mir gesagt, dass Ihr als Buchmalerin für das Kloster arbeitet …«
    Donata nickte. »Das, was ich an jenem Morgen auf dem Heuboden wieder gefunden habe … Ich habe es nicht mehr verloren. Und auch noch etwas dazugewonnen …« Sie wies auf eines der Pulte, das seinen Platz in der Mitte des Raumes hatte.
    Roger ging zu ihm. Auf dem Holz lag ein beschriebenes Pergament, das mit einer Initiale verziert war. Jene Initiale, die ihm zuvor schon aufgefallen war. Nun erkannte er, dass der Buchstabe ein I darstellte. An ihm lehnte eine junge Frau, die, dem ultramarinblauen Mantel und der Lilie in ihrer Hand nach zu schließen, ein Abbild der Gottesmutter war. Sie schien auf eine Stimme in ihrem Innern zu lauschen. Ihre Züge unterschieden sich von denen, die Roger sonst von Buchmalereien kannte. Sie waren schön – wie es der Mutter des Erlösers zukam –, aber auf eine Art, die nicht einem Ideal entsprach, sondern bei einem wirklichen Menschen zu finden waren.
    »Das ist Bilhildis, die Begine, die

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