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Die Bücherdiebin

Die Bücherdiebin

Titel: Die Bücherdiebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Zusak
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wieder.
    »Traust du dich, Saumensch?«
    DER INHALT VON RUDIS TÜTE
    Sechs trockene Scheiben Brot, jeweils in vier Stücke gebrochen.
    Sie radelten vor der Parade her auf Dachau zu und hielten an einer verlassenen Stelle der Straße an. Rudi reichte Liesel die Tüte. »Nimm dir eine Handvoll.«
    »Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.«
    Er klatschte ihr etwas Brot in die Handfläche. »Dein Papa hat's auch gemacht.« Was konnte sie darauf erwidern? Es war die Peitschenhiebe wert.
    »Wenn wir schnell sind, erwischen sie uns nicht.« Er fing an, das Brot auszulegen. »Na, mach schon, Saumensch.«
    Liesel konnte nicht an sich halten. Ein Grinsen stahl sich in ihr Gesicht, während sie und Rudi Steiner, ihr bester Freund, die Brotstücke entlang der Straße verteilten. Als sie fertig waren, nahmen sie die Fahrräder und versteckten sich in einer Anpflanzung von Weihnachtsbäumen.
    Die Straße war kalt und gerade. Es dauerte nicht lang, bis die Soldaten und die Juden in Sicht kamen.
    In den Baumschatten schaute Liesel den Jungen an. Wie hatte er sich verändert, vom Obstdieb zum Brotgeber. Sein blondes Haar strahlte wie eine Kerze, obwohl es langsam dunklei wurde. Sie hörte, wie sein Magen knurrte - und doch verschenkte er sein Brot an andere Menschen.
    War dies Deutschland?
    War dies Nazi-Deutschland?
    Der erste Soldat sah das Brot nicht - er hatte ja keinen Hunger -, aber der erste Jude sah es sehr wohl.
    Seine hagere Hand streckte sich aus und hob das Stück auf, schob es wie im Traum in den Mund.
    Ist das Max?, dachte Liesel.
    Sie konnte ihn nicht sehen und rückte leicht zur Seite, um einen besseren Blick zu haben.
    »He!«, warnte Rudi aufgeregt. »Bleib ruhig! Wenn die uns hier erwischen und eins und eins zusammenzählen, sind wir geliefert!«
    Liesel ließ sich nicht beirren.
    Weitere Juden bückten sich und hoben Brot von der Straße auf. Vom Rand der Baumlinie aus betrachtete die Bücherdiebin jeden einzelnen von ihnen. Max Vandenburg war nicht dabei.
    Die Erleichterung war nur von kurzer Dauer.
    Sie schlängelte sich um das Mädchen, gerade als einer der Soldaten bemerkte, wie sich die Hand eines Gefangenen zu Boden senkte. Die Straße wurde abgesucht. Die Gefangenen kauten so schnell und so leise, wie sie konnten. Gemeinsam schluckten sie.
    Der Soldat hob ein paar Brotstücke auf und blickte von einer Straßenseite zur anderen. Auch die Gefangenen schauten.
    »Da drin!«
    Einer von den Soldaten kam herübergestapft, zu dem Mädchen neben den Bäumen. Als Nächstes sah er den Jungen. Beide fingen an zu rennen.
    Sie wandten sich in unterschiedliche Richtungen, unter den Sparren aus Zweigen und dem hohen Dach aus Baumkronen hindurch.
    »Nicht stehen bleiben, Liesel!« »Was ist mit den Rädern?« »Scheiß auf die Räder!«
    Sie rannten, und nach etwa hundert Metern rückte ihnen der geduckte Atem des Soldaten auf den Pelz. Er überholte Liesel, und sie wartete auf die dazugehörige Hand.
    Sie hatte Glück.
    Alles, was sie traf, war ein Stiefeltritt in den Hintern und eine Faustvoll Worte: »Renn weiter, Mädchen, du hast hier nichts verloren!« Sie rannte und rannte, etwa einen Kilometer weit. Zweige zerschnitten ihre Arme, Tannenzapfen rollten vor ihre Füße, und der Geschmack von Weihnachtsbäumen legte sich auf ihre Lunge.
    Etwa eine Dreiviertelstunde war vergangen, als sie zurückkehrte. Rudi saß neben den rostigen Rädern. Er hatte den Rest des Brotes zusammengeklaubt und kaute nun auf den trockenen Krusten herum.
    »Ich hab dir doch gesagt, dass du nicht zu nah rangehen sollst«, sagte er.
    Sie drehte sich um und präsentierte ihm ihr Hinterteil. »Habe ich da einen Stiefelabdruck?«
    das versteckte skizzenbuch
    Ein paar Tage vor Weihnachten kam der nächste Luftangriff, doch Molching blieb verschont. Der Radiosprecher erklärte, dass die meisten Bomben auf unbewohntem Land niedergegangen waren.
    Bedeutsamer als diese Tatsache war die Stimmung im Keller der Fiedlers. Nachdem alle eingetroffen waren, setzte man sich mit ernsten Mienen nieder und wartete. Alle schauten Liesel auffordernd an.
    Papas Stimme kam zu ihr, klang laut in ihren Ohren.
    »Und wenn es noch mehr Luftangriffe gibt, lies den Leuten im Keller weiter vor, ja?«
    Liesel wartete ab. Sie wollte sichergehen, dass sie es wirklich wollten.
    Rudi erhob seine Stimme und sprach für alle anderen. »Lies schon, Saumensch.«
    Sie öffnete das Buch, und wieder fanden die Worte ihren Weg aus den Seiten zu allen, die im Keller anwesend

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