Die Büchse der Pandora
sich bestimmt neun Smith. Ich bin daran, eine Monografie über dieses Thema zu schreiben.«
In diesem Augenblick ertönte diskret ein leises Klingeln auf dem Schreibtisch. Das war das Zeichen, dass Tuppence einspringen wollte. Tommy war hungrig, Mr St. Vincent war ihm nicht sehr sympathisch, und deswegen war er nur allzu gern bereit abzutreten.
»Entschuldigen Sie bitte«, sagte er und nahm den Hörer ab. Auf seinem Gesicht malten sich in rascher Folge Erstaunen, Bestürzung und Stolz.
»Was Sie nicht sagen!«, sprach er ins Telefon. »Donnerwetter! Der Premierminister persönlich? Ja, da komme ich natürlich gleich zu Ihnen.«
Er legte den Hörer wieder auf und wandte sich zu seinem Klienten.
»Mein lieber Freund, Sie müssen mich entschuldigen. Eine sehr ehrenhafte Berufung. Vertrauen Sie bitte die Einzelheiten des Falles meiner Privatsekretärin an; sie wird das Nötigste veranlassen.«
Er schritt zur Zwischentür.
»Miss Robinson, bitte.«
Tuppence trippelte herein, adrett und sittsam mit ihrem glattgekämmten schwarzen Haaren und dem zierlichen weißen Kragen. Tommy stellte die beiden einander vor und ging.
»Wie ich erfahren habe, Mr St. Vincent, ist eine Dame, für die Sie sich interessieren, verschwunden«, sagte Tuppence mit ihrer sanftesten Stimme, setzte sich und nahm Mr Blunts Block und Bleistift zur Hand. »Eine junge Dame?«
»O ja!«, rief Mr St. Vincent. »Jung – und – und – furchtbar hübsch und so.«
Tuppence legte ihr Gesicht in ernste Falten.
»O Gott«, murmelte sie, »ich hoffe bloß, dass…«
»Meinen Sie, dass ihr etwas zugestoßen sein könnte?«, fragte Mr St. Vincent ganz außer sich.
»Hoffen wir das Beste«, tröstete sie mit falscher Munterkeit, die auf Mr St. Vincent sehr deprimierend wirkte.
»Miss Robinson, bitte, Sie müssen etwas unternehmen! Scheuen Sie keine Ausgaben. Man muss um alles in der Welt verhindern, dass ihr etwas geschieht! Sie sind eine verständnisvolle Seele, Miss Robinson, ich fühle es. Deswegen darf ich Ihnen gestehen, dass ich einfach die Erde küssen möchte, auf die sie ihren Fuß setzt. Sie ist einzig, absolut einzig!«
»Sagen Sie mir bitte ihren Namen und alles, was Sie von ihr wissen.«
»Ihr Name ist Janet – ihren Nachnamen kenne ich nicht. Sie arbeitet in einem Hutladen, bei Madame Violette in der Brook Street, aber sie ist die Anständigkeit selbst. Hundertmal hat sie mich abgewiesen. Gestern Abend habe ich auf sie gewartet, vor dem Haus von Madame Violette. Alle anderen sind herausgekommen, nur sie nicht. Dann stellte sich heraus, dass sie gar nicht zur Arbeit erschienen war. Ohne Nachricht zu geben. Die alte Madame war wütend darüber. Ich verschaffte mir die Adresse ihrer Wohnung und ging hin. Sie war am Abend vorher nicht nachhause gekommen, und niemand wusste, wo sie steckt. Ich war einfach außer mir. Ich wollte zur Polizei gehen. Aber wenn nichts passiert ist und Janet einfach beschlossen hat, ihre eigenen Wege zu gehen, dann würde sie mir diesen Schritt nie verzeihen, das wusste ich. Dann erinnerte ich mich, dass sie mich einmal auf Ihre Anzeige in der Zeitung aufmerksam gemacht hatte; sie sagte, eine Frau, die ins Geschäft gekommen war, um einen Hut zu kaufen, habe in den höchsten Tönen von Ihrer Geschicklichkeit, Ihrer Diskretion und was weiß ich noch alles geschwärmt. Deswegen bin ich gleich hergekommen.«
»Schön, schön«, sagte Tuppence. »Wie war noch gleich die Adresse der jungen Frau?«
Der junge Mann gab sie ihr.
»Das wäre alles, denke ich«, überlegte sie. »Das heißt – Sie sind wahrscheinlich verlobt mit diesem jungen Mädchen?«
Mr St. Vincent wurde rot.
»Ja – nein – das heißt, nicht so richtig. Ich habe noch nichts gesagt. Aber ich kann Ihnen versichern: Sobald ich sie wiedersehe, halte ich um ihre Hand an. Aber werde ich sie jemals wiedersehen?«
Tuppence legte den Notizblock beiseite.
»Wünschen Sie unseren Spezial-Vierundzwanzigstunden-Dienst?«, fragte sie geschäftsmäßig.
»Was ist das?«
»Das Honorar ist doppelt so hoch, aber wir setzen unser gesamtes Personal ein, um den Fall zu bearbeiten. Mr St. Vincent: Wenn die Dame noch am Leben ist, werde ich Ihnen morgen um diese Zeit sagen können, wo sie sich befindet.«
»Ach, das wäre wunderbar!«
»Wir arbeiten nur mit Fachleuten – und wir garantieren den Erfolg«, erklärte Tuppence trocken.
»Großartig, wirklich großartig. Sie müssen ausgezeichnete Mitarbeiter haben!«
»Ja, das haben wir. Übrigens, Mr St.
Weitere Kostenlose Bücher