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Die Chirurgin

Die Chirurgin

Titel: Die Chirurgin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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roten Lache bildete.
    Er war hier. Der Chirurg war hier.
    Alle Instinkte schrien sie an, zurückzuweichen und die Flucht zu ergreifen, doch sie zwang sich, näher zu treten und neben Nina niederzuknien. Blut tränkte ihre Hose; es war noch warm. Sie drehte den Körper auf den Rücken.
    Ein Blick in das weiße Gesicht und die leeren Augen genügte, um zu wissen, dass Nina tot war. Noch vor wenigen Augenblicken habe ich dein Herz schlagen hören.
    Langsam löste sie sich aus ihrer Benommenheit. Sie blickte auf und sah sich von einem Kreis verängstigter Gesichter umringt. »Der Polizist«, sagte sie. »Wo ist der Polizist?«
    »Wir wissen es nicht« Sie erhob sich wankend, und die anderen traten zur Seite, um ihr Platz zu machen. Ohne darauf zu achten, dass sie blutige Fußspuren hinterließ, trat sie hinaus auf den Flur und blickte wild nach links und rechts.
    »O mein Gott!«, rief eine Schwester.
    Am anderen Ende des Flurs breitete sich ein dunkler Fleck auf dem Fußboden aus. Blut. Es sickerte unter der Tür des Vorratsraums hervor.

13
    Rizzoli starrte über das Absperrband hinweg in Nina Peytons Zimmer. Die Spritzer arteriellen Bluts an der Wand waren in einem Muster getrocknet, das an bunte Papierschlangen bei einer Party erinnerte. Sie ging weiter den Flur entlang bis zu dem Vorratsraum, wo die Leiche des Polizisten gefunden worden war. Auch diese Tür war kreuz und quer mit Absperrband überzogen. Drinnen erblickte sie ein Dickicht von Infusionsständern, Regalen mit Bettpfannen, Schüsseln und Kartons mit Handschuhen, alles mit zickzackförmigen Blutspritzern übersät. Einer ihrer eigenen Leute war hier drin gestorben, und für jeden Polizisten des Boston Police Department war die Jagd nach dem Chirurgen nun zu einer zutiefst persönlichen Angelegenheit geworden.
    Sie wandte sich an den Streifenpolizisten, der in der Nähe stand. »Wo ist Detective Moore?«
    »Unten in der Verwaltung. Sie sehen sich die Überwachungsvideos des Krankenhauses an.«
    Rizzoli blickte den Korridor auf und ab, konnte aber keine Überwachungskameras entdecken. Sie würden keine Videoaufnahmen von diesem Flur haben.
    Sie fuhr ins Erdgeschoss und betrat lautlos das Besprechungszimmer, in dem Moore mit zwei Schwestern die Überwachungsvideos anschaute. Niemand drehte sich zu ihr um, sie starrten alle wie gebannt auf den Bildschirm.
    Die Kamera war auf die Aufzugstür in der Station 5 West gerichtet. Jetzt sah man auf dem Video, wie die Tür sich öffnete. Moore hielt das Bild an.
    »Da«, sagte er. »Da haben wir die erste Gruppe, die aus dem Aufzug kommt, nachdem der Code durchgegeben wurde. Ich zähle elf Personen, und sie haben es alle ziemlich eilig, den Fahrstuhl zu verlassen.«
    »Das ist zu erwarten bei einem Code Blau«, sagte die Oberschwester. »Es gibt eine Durchsage über die Sprechanlage des Krankenhauses, und es wird erwartet, dass jeder, der gerade zur Verfügung steht, darauf reagiert.«
    »Sehen Sie sich diese Gesichter gut an«, sagte Moore.
    »Erkennen Sie alle? Ist da irgendjemand, der nicht da sein sollte?«
    »Ich kann nicht alle Gesichter sehen. Sie kommen alle gleichzeitig raus.«
    »Und Sie, Sharon?«, wandte Moore sich an die zweite Schwester.
    Sharon rückte näher an den Monitor heran. »Also, die drei hier, das sind Krankenschwestern. Und die zwei jungen Männer hier am Rand, das sind Medizinstudenten. Ich kenne auch den dritten Mann dort …« Sie deutete mit dem Finger auf die obere Hälfte des Bildschirms. »Ein Pfleger. Die anderen kommen mir bekannt vor, aber ich kenne ihre Namen nicht.«
    »Okay«, sagte Moore. Seine Stimme klang müde. »Sehen wir uns den Rest an. Und dann nehmen wir uns die Treppenhauskamera vor.«
    Rizzoli trat näher, bis sie direkt hinter der Oberschwester stand.
    Auf dem Monitor liefen die Bilder rückwärts, und die Fahrstuhltür schloss sich. Moore drückte auf Start, und die Tür öffnete sich erneut. Elf Personen kamen aus dem Fahrstuhl heraus; wie ein vielbeiniger Organismus eilten sie der Quelle des Alarmrufs entgegen. Rizzoli konnte an ihren Gesichtern ablesen, dass sie in Eile waren, und selbst ohne Ton war deutlich zu erkennen, dass es sich um eine Krisensituation handelte. Die dicht gedrängte Gruppe verschwand nach links vom Bildschirm. Die Fahrstuhltür glitt wieder zu. Ein Augenblick verstrich, dann ging sie wieder auf und spie eine neue Ladung Personal aus. Rizzoli zählte dreizehn Personen. Bis zu diesem Zeitpunkt waren vierundzwanzig Menschen innerhalb von nur

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