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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Dampf. Dem Schwarzen lief ein schwaches Blutrinnsal den Mundwinkel herunter, wo ihn der Mexikaner versehentlich gestoßen hatte, als sie sich in Aussicht einer handfesten Auseinandersetzung hin und her zu schieben und drängen begonnen hatten.
    Der Schwarze, ein untersetzter Hilfsarbeiter beim Bau mit enormen Schultern und einer wilden, natürlichen Afrokrause, schien durch die Ankunft der Uniformierten sichtlich erleichtert und brüllte wütend los: »Du hast mich blutig geschlagen, du Dreckskerl! Das wirst du mir teuer bezahlen. Dir werd ich's zeigen.«
    »Jederzeit, Mann, jederzeit«, entgegnete der Mexikaner, ein etwas kleinerer Mann, der gelegentlich mit dem Schwarzen zusammengearbeitet hatte und fast mit ihm befreundet war. Wie der Schwarze trug der Mexikaner eine schmutzige Arbeitshose, und um seinen Opponenten einzuschüchtern, hatte er sein Hemd ausgezogen. Nicht, daß er eine sonderlich beeindruckende Figur gehabt hätte, aber sein Rücken und sein Brustkorb waren über und über von böse aussehenden Narben überzogen, von denen einige wie aufgewickelte Seile, andere wie blutigrote Reißverschlüsse aussahen. Sie stammten aus den alten Bandenkriegen von East Los Angeles, in denen er sich durch eine komplizierte Bandenhierarchie zu einem mit Ruhm ebenso wie mit Verwundungen bedeckten veterano emporgefochten hatte. Dann allerdings hatte der Mexikaner geheiratet, sieben Kinder in die Welt gesetzt, seinen Geschmack an den Bandenkriegen verloren, und er war auch schon seit Jahren keinem Gegner mehr unter die Augen getreten.
    »Wie ist das Ganze denn losgegangen?« fragte Roscoe Rules den Mexikaner.
    Der zuckte mit den Achseln, strich sich nervös über seinen Zapata-Schnurrbart, senkte seine Augen und wandte den beiden Polizisten seinen zernarbten Rücken zu.
    Als erste meldete sich darauf die Frau des schwarzen Hilfsarbeiters zu Wort. »Das Problem ist, Herr Wachtmeister, daß dieses Weibsstück und ihre Tochter immer am selben Tag die Wäsche aufhängen muß wie ich. Und an sich wäre das ja noch keine große Sache, wenn sie sich wenigstens anständig aufführen würden und nicht dauernd wie die Säue anderer Leute Sachen auf den Boden schmeißen würden. Und ich kann dann noch mal 'nen Quarter in die Maschine stecken und meine Kleider noch mal waschen.«
    »Das stimmt doch gar nicht«, platzte die kräftige mexikanische Frau heraus und warf sich ihr verschwitztes, langes, braunes Haar über die Schulter zurück.
    »Sie und ihre Tochter sind diejenigen, die sich nicht benehmen können. Wie die Tiere führen sie sich auf.«
    »Geh doch zurück nach Mexiko, du Miststück«, stichelte die Schwarze.
    »Ich bin hier geboren, du Niggerschlampe. Geh du mal lieber nach Afrika zurück«, konterte die Mexikanerin. Als die Schwarze daraufhin auf sie losging, schob sich Wasmeinstdu-Dean zwischen sie, rempelte dabei aber Roscoe Rules an, der gegen den Schwarzen prallte, worauf dieser Roscoe ›versehentlich‹ auf die Zehen trat. Und Roscoe hatte seine Stiefel in den acht Monaten, seit er sie trug, täglich spiegelblank poliert.
    »Verdammt noch mal!« brüllte Roscoe und streckte, seine Augen verächtlich zur Decke gewandt, seine Arme zwischen die beiden Frauen. »Jetzt langt's aber wirklich!« donnerte er los, die Arme immer noch ausgestreckt, die Knie leicht gebeugt, und das Gesicht verzerrt, als wäre er Samson, der gerade an den Säulen des Tempels riß.
    Dann stützte Roscoe seine Fäuste in die Hüften und fing an, langsam im Kreis zu gehen. Schließlich blieb er stehen, sah die Umstehenden wie ein trauriger, geduldiger Onkel an, nickte und sagte noch einmal: »Jetzt langt's aber!«
    »Wissen Sie, Herr Wachtmeister«, meldete sich der Schwarze wieder zu Wort. »Ich will ja nicht frech werden, aber mir langt's allmählich, Sie sagen zu hören: ›Jetzt langt's aber!‹ Davon wird man ja richtig nervös.«
    Roscoe trat auf Wasmeinstdu-Dean zu, zog ihn etwas beiseite und flüsterte: »Dieser Tintenkopf ist der Unruhestifter, soweit ich das beurteilen kann. Ich glaube, der hat ein Loch in seinem Seesack. Meschugge. Verrückt. Nicht mal reden kann man mit dem Kerl. Schau nur mal, was dieser Idiot mit meinem Schuh angestellt hat.«
    »Ach, die werden sich schon beruhigen«, meinte Wasmeinstdu-Dean, während Roscoe wie ein blauer Flamingo auf einem Bein neben ihm stand und sich verzweifelt seinen Zeh an seiner Wade rieb.
    »Kann ich mal kurz mit Ihnen sprechen?« wandte sich Wasmeinstdu-Dean an den Mexikaner, um ihn ein

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