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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Department in Mißkredit gebracht hätte, fiel Commander Hector Moss zu. Es war vielleicht Commander Moss' Sternstunde.
    Der blonde Commander war an diesem Nachmittag so gut gelaunt, daß es ihm nicht einmal etwas ausmachte, daß Deputy Chief Adrian Lynch ihn genau den üblichen Zeitraum warten ließ. Lynch ließ grundsätzlich alle Anrufer erst einmal drei Minuten zappeln, bevor er ans Telefon ging, es sei denn, seine Sekretärin teilte ihm mit, daß es sich um den Polizeichef persönlich oder um einen Untersuchungsrichter, einen Stadtrat oder sonst jemanden handelte, der in direktem Kontakt mit dem Bürgermeister stand.
    Moss verachtete Lynch wegen seines Nichtstuerpostens und seines speziell angefertigten übergroßen Schreibtisches. Moss wußte außerdem, daß Deputy Chief Lynch insgeheim plante, seinen persönlichen Mitarbeiterstab um zwei Personen zu erweitern – um eine Polizistin und eine Zivilangestellte, beide mit einer bemerkenswerten Oberweite ausgestattet.
    Commander Moss hatte diese Information von seinem Adjutanten, Lieutenant Dewey Treadwell, der sich in Lynchs Büro geschlichen und die dort herumliegenden Papiere durchstöbert hatte, als ein Hausangestellter die Tür offen gelassen hatte. Das trug ihm zwar nicht unbedingt eine lobende Eintragung in seine Personalakte ein, aber zumindest eine im privaten Rahmen geäußerte Anerkennung von selten Moss'.
    In einem anderen Zusammenhang war Treadwell bei einem ähnlichen Auftrag jedoch weniger Erfolg beschieden gewesen, und in Commander Moss' Magen fing es jetzt noch zu rumoren an, wenn er daran dachte. Die Sache drehte sich um Moss' IQ von 107. Seine gesamte einundzwanzigjährige Berufslaufbahn lang hatte sein Intelligenzquotient keinerlei Einfluß auf seinen Aufstieg zum Commander gehabt. Moss hatte nicht einmal gewußt, wie hoch sein IQ war. Er hatte auf dem College Polizeiwesen studiert und ging davon aus, daß das niemand mit einem normalen Intelligenzquotienten schaffen konnte. Aber mit der Pensionierung eines Deputy Chief war Moss durch keinen anderen als Deputy Chief Lynch der Umstand zu bedenken gegeben worden, daß die Direktion für solch ein hohes Amt wohl kaum einen Mann heranziehen würde, dessen IQ lediglich 107 betrug. Lynchs Intelligenzquotient betrug 140. Commander Moss war außer sich. Eines Freitags schleppte er Lieutenant Treadwell nach Dienstschluß in eine Bar in Chinatown und drängte dem Antialkoholiker Treadwell fünf Cocktails auf, wobei er ihm für den Rest seiner Zeit bei der Polizei seine Protektion zusicherte, falls er einen höchst delikaten Auftrag ausführte. Und der ehrgeizige, dreißigjährige Lieutenant erklärte sich bereit, noch in derselben Nacht in die Personalabteilung einzudringen und Commander Moss' IQ von 107 auf 141 zu erhöhen.
    Commander Moss kippte seinen vierten Singapore Sling und sagte: »Treadwell, ich weiß, daß ich mich auf Sie verlassen kann.« Aber der Ehrgeiz des Lieutenant wurde auf der Stelle von seiner Angst verdrängt. Er stotterte: »Wenn je etwas davon herauskommt … na ja, Sie wissen, Sir, der Leiter der Personalabteilung ist ein ehemaliger Detektiv. Er könnte doch anfangen, seine Nase in diese Sache zu stecken. Und im Labor können sie doch ohne weiteres feststellen, ob an einem Dokument herumgepfuscht worden ist!«
    »Ach, hören Sie mir mit dem Labor auf, Treadwell«, beruhigte ihn Moss. »Haben Sie je für das Detektivbüro gearbeitet?«
    »Nein, Sir.«
    »Dann hören Sie mal gut zu, Treadwell. Sie sind doch ein typischer Schreibtischmensch, und Sie sind auch nie was anderes gewesen. Sie haben nicht die leiseste Ahnung, was in einer gut funktionierenden Polizeiwache alles los ist. Sie halten einfach nur den Mund und tun, wie Ihnen gesagt wird, und ich werde dafür sorgen, daß Sie eines Tages zum Captain befördert werden und ein eigenes Revier zum Spielen bekommen. Wenn nicht, werden Sie in kürzester Zeit eine Uniform überstreifen und in Watts Nachtstreife gehen. Haben Sie mich verstanden, Treadwell?«
    »Aber selbstverständlich, Sir.«
    »Und jetzt trinken Sie Ihre Pink Lady aus«, befahl Commander Moss abschließend.
    Drei Wochen lang versuchte Lieutenant Treadwell Nacht für Nacht verzweifelt, sich in die Personalabteilung zu schleichen, um freilich jeden Morgen Commander Moss wieder von neuem mit einem resignierten ›Tut mir leid, Sir, negativ‹ Bescheid geben zu müssen. Innerhalb dieser drei Wochen nahm Lieutenant Dewey Treadwell zehn Pfund ab. Außerdem schlief er pro

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