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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Kapitel 20
    Die Zeit bis zum Sonnenuntergang wurde ihm lang, zumal sich sowohl Abu Dun als auch Murida für den Rest des Tages in beharrliches Schweigen hüllten. Doch irgendwann endet auch der längste Tag, und schließlich machte sich Abu Dun kommentarlos auf den Weg nach oben, um den Eingang wieder frei zu räumen.
    Andrej wartete, bis das Scharren und Poltern zentnerschwerer Felsbrocken verklungen war und er einen kühlen Luftzug auf dem Gesicht spürte, bevor er ihm folgte. Es war nicht notwendig, Murida noch mehr zu verunsichern, indem sie sah, wie der Nubier mit Felsbrocken hantierte, die mehr wogen als ein junges Kamel.
    Es war dunkel und damit bitterkalt geworden, als sie ihr Versteck verließen. Auch wenn sie kein Wort darüber verlor, so konnte Andrej Murida doch ansehen, dass sie sich ihren Teil dachte, als sie die zyklopischen Steine betrachtete. Überhaupt verhielt sie sich unerwartet ruhig, dachte Andrej. Er hatte zwar nicht damit gerechnet, dass sie auf der Stelle davonzulaufen versuchte – dazu war sie zu klug –, aber sie wirkte auf sonderbare Weise teilnahmslos, fast wie betäubt oder hoffnungslos übermüdet.
    Er nahm sich vor, das Mädchen auf jeden Fall im Auge zu behalten. Doch im Moment hatte er ein beinahe noch größeres Problem.
    »Wir brauchen ein Beförderungsmittel«, sagte Abu Dun, »nachdem du ja so umsichtig warst, unsere Pferde davonzujagen. Jemand sollte zum Fluss hinuntergehen und die Einheimischen freundlich bitten, uns ein Boot zur Verfügung zu stellen.«
    Andrej sah nur wortlos in die Richtung des Lagers der Machdiji und erschrak, als er sah, wie nahe sie ihm im Grunde noch waren. Allerdings schien es verlassen zu sein, denn es brannte kein Feuer. Ein gutes Stück dahinter meinte er einen blassroten Schimmer am Himmel wahrzunehmen – vielleicht der Ort, von dem Sharif behauptet hatte, er wäre dort geboren. Der Wind stand ungünstig, sodass nicht einmal sein scharfes Gehör etwas wahrnahm.
    Immerhin sah er, dass jemand hier gewesen war: Neben ihren eigenen Spuren und denen des Mädchens entdeckte er auch noch andere und frischere Abdrücke und nur ein kleines Stück entfernt die gespaltenen Hufabdrücke, wie sie typisch für Kamele waren. Viele Kamele, mindestens ein halbes Dutzend, schätzte Andrej, die auch noch von etlichen Pferden mit beschlagenen Hufen begleitet worden waren. So viel zu seiner im Geheimen gehegten Hoffnung, den Machdiji könnte Muridas Verschwinden gar nicht aufgefallen sein oder sie würden wenigstens darauf verzichten, nach ihr zu suchen.
    »Das waren mindestens ein Dutzend, wenn nicht mehr«, sagte Abu Dun, nachdem er die Spuren einer etwas eingehenderen Inspektion unterzogen hatte. »Du musst deinen Brüdern ja eine Menge wert sein, Mädchen.«
    »Jeder ist uns eine Menge wert«, belehrte ihn Murida. »Der Machdi kümmert sich auch um den Geringsten seiner Anhänger. Sie suchen so lange nach mir, bis sie mich gefunden haben.«
    »Wenn das so ist, dann sollten wir dich vielleicht zu deinen Brüdern und Schwestern zurückschicken«, sagte Abu Dun ernsthaft. »Und auf ihren Großmut und den deines Herrn hoffen.«
    »Der Machdi ist niemandes Herr«‚ antwortete Murida heftig. »Wann begreift ihr das endlich?«
    »Ist er nicht?«, fragte Abu Dun mit gespielter Überraschung.
    »Wir alle folgen ihm freiwillig«, antwortete Murida. »Der Machdi verlangt nichts von uns, schon gar kein blindes Vertrauen. Alles, was die Menschen für ihn tun, tun sie vollkommen freiwillig.«
    »Ach ja, tun sie das?« Abu Dun stopfte sich eine weitere Handvoll grüne Blätter in den Mund und begann genüsslich zu schmatzen. »Warum hast du das nicht gleich gesagt?
    Es hätte uns wirklich eine Menge Unbehagen erspart, weißt du? Und sicherlich hätten wir dem armen Machdi nicht so sehr Unrecht getan.«
    »Verspotte ihn nicht«, sagte Murida, wenn auch in eher traurigem Ton. Müde wandte sie sich an Andrej. »Ich würde euch gerne zu ihm bringen, damit ihr ihn kennenlernt und selbst mit ihm reden könnt. Vielleicht würdet ihr dann begreifen, wie sehr ihr euch täuscht.«
    »Weißt du denn, wo er ist?«, fragte Abu Dun.
    Murida nickte. »Ich bringe euch zu ihm, wenn ihr es wollt. Ihr könnt selbst mit ihm reden. Und ich verspreche Euch freies Geleit.«
    »Du? Kannst du das denn?«
    »Ja«, behauptete Murida. »Redet mit ihm. Und wenn euch nicht gefällt, was er sagt, oder er euch nicht zu überzeugen vermag, dann geht einfach eurer Wege. Niemand wird euch

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