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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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überhaupt zu bemerken.
    »Du verdammter –!«
    Abu Dun legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter und sagte: »Andrej!«, und hinter Sharif tauchten zwei Janitscharen aus der Dunkelheit auf, die mit ihren Musketen auf ihn anlegten. Andrej hielt den Hauptmann trotzdem noch weitere zwei oder drei Herzschläge lang fest, bevor er ihn unsanft wieder absetzte und einen Schritt zurücktrat.
    Sharif betrachtete zuerst stirnrunzelnd ihn, dann seine Stiefel, die jetzt wieder Kontakt zum Boden hatten. Er hob die Hand, woraufhin die beiden Soldaten ihre Waffen sinken ließen. »Ich nehme Euch das nicht übel, Andrej«, sagte er. »Ich an Eurer Stelle hätte wahrscheinlich genauso reagiert.«
    »Ich an seiner Stelle hätte dir den Kopf abgerissen«, sagte Abu Dun schmatzend. »Wie gut für dich, dass ich nicht er bin.«
    Hinter ihm erscholl ein Schrei, schrill und wütend, dann ein Klatschen und der gedämpfte Schmerzenslaut einer anderen Stimme.
    »Passt auf, dass sie nicht davonläuft«, sagte Sharif laut.
    »Fesselt sie, wenn es nötig ist, und bringt sie in mein Zelt.
    Aber gebt acht, dass ihr nichts geschieht!«
    Wieder an Andrej gewandt fuhr er fort: »Ich kann Euren Zorn verstehen, Andrej. Aber es gab einen guten Grund für das, was ich tun musste. Lasst Ihres mich erklären?«
    »Warum Ihr mich wie einen dummen Jungen behandelt habt, statt mir reinen Wein einzuschenken?«, fragte Andrej.
    »Ja, das wäre nett. Ich bin gespannt, welche Geschichte Ihr Euch jetzt wieder einfallen lasst.«
    »Keine Geschichte«, antwortete Sharif, »sondern die Wahrheit. Es ist nicht mehr nötig zu lügen.«
    »Jetzt sind wir aber gespannt«, höhnte Abu Dun. »Lass uns deine famose Wahrheit hören.«
    »Nicht hier«, sagte Sharif. Er machte eine einladende Geste. »In einem Punkt hast du dich getäuscht, mein nubischer Freund. Es gibt den Hafen, und es ist nicht einmal besonders weit bis dorthin. Kommt, ich zeige es euch.«

Kapitel 22
    Sharif hatte nicht übertrieben. Es waren tatsächlich nur noch wenige Dutzend Schritte, bis sie die Reste des ehemaligen Hafens erreichten, doch selbst als sie wortwörtlich darauf standen, sah Andrej nichts außer Sand und dem einen oder anderen glatt geschliffenen Steinbuckel, von dem er nicht einmal jetzt sagen konnte, ob er natürlichen Ursprungs oder von Menschenhand geschaffen war. Sie hatten noch mehr Tote gefunden, und Abu Dun hatte es sich natürlich nicht nehmen lassen, auch sie zu fleddern und ihre Kat-Vorräte an sich zu nehmen, bis unter seinem Mantel schließlich kein Platz mehr für weitere Leder- und Leinensäckchen war. Weder Andrej noch der Janitscharenhauptmann verlor auch nur ein einziges Wort darüber, doch der Ausdruck auf Sharifs Gesicht überraschte Andrej. Er beobachtete Abu Dun sehr aufmerksam, und statt zornig oder wenigstens missgestimmt zu wirken, kam er Andrej zufrieden vor. Er nahm sich vor, ihn später darauf anzusprechen. Im Augenblick gab es etwas, das ihn weit mehr interessierte.
    »Wo ist jetzt Euer famoser Hafen?«, fragte er. »Nur Geduld.« Sharif machte noch ein gutes Dutzend weiterer Schritte, blieb dann stehen und klatschte in die Hände, und wie aus dem Boden gewachsen erschien eine Anzahl Janitscharen rings um sie herum, jeder mit einer Muskete in der Hand, deren Läufe allerdings auf den Boden gerichtet waren.
    »Beeindruckend«, sagte Abu Dun, ohne beeindruckt zu klingen. Doch er war es. Wenn Sharif die Machdiji auf dieselbe Weise überrascht hatte, dann hatten sie keine Chance gehabt.
    »Und?«, fuhr Abu Dun schmatzend fort. »Wie viele habt ihr erwischt?«
    »Nicht genug«, antwortete Sharif gelassen. »Mehr als die Hälfte ist uns entkommen, aber wir wissen, wohin sie sich gewandt haben. Sobald es hell wird, beginnen wir mit der Verfolgung.« Er deutete mit dem Kopf Indie Dunkelheit hinein – vollkommen willkürlich, da war Andrej sicher- und bemühte sich dann um ein möglichst nachdenkliches Gesicht. Was das anging, dachte Andrej, war er ein ebenso schlechter Schauspieler wie Abu Dun.
    »Gerade wollte ich Euch fragen, ob Ihr und Euer Freund uns begleitet, aber da fällt mir etwas ein … hatte ich Euch nicht befohlen, Murida zurück nach Konstantinopel zu bringen?«
    »Befohlen?«, grummelte Abu Dun. »Eine interessante Wortwahl. Wann genau sind wir noch einmal in deine Dienste getreten?«
    Sharifs Blick ließ Andrejs Gesicht nicht los, als er jetzt sagte: »Ich hatte Euch darum gebeten, das Mädchen in Sicherheit zu bringen, Andrej.« Er klang

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