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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sehr Wohlüberlegtes?«, fragte Sharif. Das amüsierte Funkeln in seinen Augen war fort. »Das kann ich nicht tun. Es tut mir leid.«
    »Warum nicht?«, fragte Andrej. Als er keine Antwort bekam, stand er auf und sah sich zornig nach Süleyman um.
    Der Sultan stand ein gutes Dutzend Schritte entfernt, von etlichen seiner in Gold gerüsteten Krieger umgeben, deren Reihen wieder aufgefüllt worden waren, und beugte sich über eine reglose Gestalt am Boden. Andrej hätte nicht einmal hinsehen müssen, um zu wissen, um wen es sich handelte, aber er tat es trotzdem.
    So schrecklich zugerichtet, wie er dalag, hatte der Machdi nur noch sehr wenig Beeindruckendes oder gar Übermenschliches. Sein Gesicht soweit man es unter all dem Blut noch erkennen konnte – zeigte einen Ausdruck so vollkommenen Entsetzens, dass Andrej ein eisiger Schauer über den Rücken lief. So, als hätte er selbst bis zum allerletzten Moment nicht glauben können, was geschah. Vielleicht hatte er es ja wirklich nicht, dachte Andrej, und war gestorben, bevor er tatsächlich begriffen hatte, wie grausam sich das Schicksal plötzlich gegen ihn gewendet hatte. Fast wünschte Andrej es ihm sogar. »Das ist erstaunlich, nicht wahr?« Süleyman hatte sich weder zu ihnen herumgedreht noch seinen Blick vom Leichnam des Machdi genommen, aber er musste seine Nähe dennoch irgendwie wahrgenommen haben. »Er sieht gar nicht mehr so beeindruckend aus, jetzt, wo er tot ist, finde ich. Und auch nicht wirklich wie ein Heiliger oder gar wie der legitime Erbe des Propheten.« »Er ist tot«, sagte Andrej. »Ihr habt gesiegt, Sultan. Es ist nicht notwendig, ihn noch zu verhöhnen.« »Aber er ist doch tot und hört es nicht mehr.« Süleyman gab den Wachen einen Wink, ihn durchzulassen. Die Männer gehorchten auch sofort, behielten ihn aber nicht nur überaus aufmerksam im Auge, sondern die Hände auch auf ihren Waffen. Im Näherkommen konnte Andrej erkennen, wie furchtbar die Soldaten den Machdi zugerichtet hatten. Mindestens ein halbes Dutzend Kugeln hatten ihn getroffen, und noch einmal deutlich mehr Speerspitzen und Schwerter. Im Prinzip hätte in dem zerfetzten Seidengewand jeder stecken können. Andrej bezweifelte, dass selbst seine Anhänger den Machdi noch erkennen würden, denn mindestens eine Kugel hatte auch sein Gesicht getroffen und verheert.
    Da niemand versuchte, ihn daran zu hindern, ging er die wenigen Schritte zu dem erschossenen Geistlichen hin. Die vergleichsweise winzige Schusswunde in seiner Stirn war die einzige geblieben. Zumindest hatten die Soldaten darauf verzichtet, ihn ebenso grässlich zu verstümmeln.
    »Ist das nicht furchtbar?«, fragte Süleyman neben ihm.
    »Scheich Omar war ein sehr einflussreicher Mann. Beliebt in der Bevölkerung und mit einer Stimme, auf die die Menschen hörten. Und nun hat dieser Verbrecher ihn auch noch umgebracht. Vielleicht werden die Menschen jetzt begreifen, dass sie einem falschen Propheten gefolgt sind.«
    Andrej schwieg. Omar war kein zufälliges Opfer des allgemeinen Kampfgetümmels geworden. Süleyman hatte ihn gezielt erschießen lassen, was nichts anderes als Mord gewesen war. Glaubte er wirklich, damit durchzukommen?
    »Sie werden Euch nicht glauben«, sagte er.
    »Selbstverständlich werden sie das«, widersprach Süleyman, nicht zornig, wie er erwartet hatte, sondern eher belustigt. »Immerhin habe ich einen Zeugen. Einen Ungläubigen, von dem gewiss niemand annehmen wird, dass er zu meinen Gunsten lügen würde, oder?« »Ihr meint denselben Mann, den Ihr töten lassen wolltet?«, erkundigte sich Andrej.
    Jetzt lachte Süleyman wirklich, wenn auch nur kurz. »Aber Ihr nehmt es mir doch nicht etwa übel, mein Freund?«, fragte er. »Es musste doch echt aussehen. Immerhin sind einige von ihnen entkommen, und Ihr und Euer Freund wollt doch nicht als die Männer durch diese Stadt laufen, von denen die Machdiji glauben, sie hätten ihren Propheten in eine Falle gelockt … oder zumindest Ihr. Das mit Eurem Freund tut mir leid. Sharif war sicher, dass ihres beide überleben würdet. Ich bedauere, dass er sich getäuscht hat. Er hätte vielleicht noch nützlich sein können.«
    »Der Schwarze lebt«, mischte sich Sharif ein, der sich unbemerkt zu ihnen gesellt hatte. Er sah sehr überrascht aus – oder versuchte wenigstens den Eindruck zu erwecken. »Er ist wirklich ein zäher Bursche.« »Er lebt?«, vergewisserte sich Süleyman erstaunt. »Noch vor einem Moment hätte ich geschworen, dass er tot

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