Die Chronik des Eisernen Druiden 1: Die Hetzjagd (German Edition)
Gestalt eines Hundes annahm.
Die Therianthropie eines Druiden ist nicht mit der Verwandlung eines Werwolfs vergleichbar, auch wenn beides magische Vorgänge sind. Ein Hauptunterschied besteht darin, dass ich meine Gestalt willentlich und unabhängig von Tageszeiten oder Mondphasen wandeln kann. Außerdem ist die Prozedur im Gegensatz zur Lykanthropie relativ schmerzlos; und nicht zuletzt kann ich mich in unterschiedliche Tiere verwandeln, auch wenn die Auswahl beschränkt ist.
Normalerweise behalte ich die Tiergestalt nicht für längere Zeit bei, einfach aus psychologischen Gründen. Obwohl ich alles zu mir nehmen kann, was das Tier auch essen würde, ohne körperliche Schäden davonzutragen, habe ich Probleme damit, in Eulengestalt eine lebendige Maus hinunterzuwürgen oder als Hund rohes Wild zu verschlingen. (Wir hatten vor ein paar Wochen im Kaibab Forest ein Reh gejagt, und sobald wir es erlegt hatten, hatte ich mich entfernt und gewartet, bis Oberon satt war.) Daher waren diese Ausflüge eher für Oberon als für mich gedacht: Ich genoss einfach die Jagd und das wohlig-warme Gefühl, jemanden glücklich gemacht zu haben.
Doch als ich diesmal Hundegestalt annahm, war irgendetwas anders als sonst. Ich fühlte mich wie berauscht und war mehr als nur ein bisschen blutdurstig. Ich konnte die Schafe in der Nachtluft wittern, ebenso wie die nahen Hirsche, aber anstatt es nüchtern zu registrieren, überfiel mich plötzlich Heißhunger und ich begann ein wenig zu sabbern. Das war gar nicht gut, und ich hätte mich in diesem Augenblick sofort zurückverwandeln sollen.
FLIDAIS schlenderte zum Zaun, riss mit einer Hand einen Abschnitt aus dem Boden, pfiff einmal und winkte uns herbei. Wir schossen unter dem Maschendraht hindurch und auf die Hügel zu, in denen wir schon öfters gejagt hatten, wobei wir uns so leise wie möglich verhielten, um die Schafe nicht vorzeitig zu warnen. Es galt noch eine Absperrung zu überwinden, um ins eigentliche Reservat zu gelangen, aber FLIDAIS verschaffte uns auch dort Zutritt.
»Und jetzt los, meine Jagdhunde«, rief sie, indem sie ein weiteres Stück Zaun aufriss. Bei ihrem Befehl fühlte ich tatsächlich wie ihr Hund, nicht mehr wie ein Druide, nicht einmal mehr wie ein Mensch, sondern nur noch als Teil einer Meute. »Stöbert die Widder in den Hügeln auf und treibt sie mir vor den Bogen.« Schon sprangen wir los, rannten schneller als jemals zuvor, wichenim schwachen Sternenlicht des städtischen Nachthimmels stachelbewehrten Kakteen aus, und bei alldem war mir nur vage bewusst, dass hier noch eine andere Magie am Werk war als meine eigene. Das Eisenamulett an meiner Kette, die geschrumpft war und nun wie ein enges Halsband anlag, würde mich schützen, wenn es eine finstere Form der Magie war, daher machte ich mir keine Sorgen.
Wir brauchten nicht lange, um die Schafe zu finden. Sie hatten sich in einem dichten Kreosot-Gestrüpp niedergelassen, aber das Scharren unserer Pfoten im Schotter des Wüstenbodens hatte sie aufgeschreckt. Sie sprangen bereits einen annähernd vertikalen Felshang empor, als wir in Sichtweite kamen. Die Muskeln unser Läufe zuckten vor Anstrengung, als wir den Hang mit einem gewaltigen Satz zu überwinden versuchten; ich erreichte mit knapper Not einen schmalen Felsvorsprung, aber Oberon sprang zu kurz und stürzte mit einem verdutzten »Wuff« zurück auf den Wüstenboden.
Lauf um den Fuß des Hügels herum und warte dort , rief ich ihm zu. Ich treibe sie zu dir.
›Gute Idee‹, stimmte er zu. ›Was man im Köpfchen hat, braucht man nicht in den Beinen zu haben.‹
Ich behielt die Flanken der flüchtenden Schafe vor mir fest im Blick, während ich weiter mit aller verfügbaren Muskelkraft bergauf stürmte. Überraschenderweise holte ich auf, und in meinem Triumphgefühl bellte ich einige Male laut, um sie in Panik zu versetzen. Aber diese Tiere waren, anders als ich, für die Fortbewegung in diesen Hügeln geschaffen, und schon bald fiel ich wieder zurück, während ich ständig nach sicheren Tritten und geeigneten Absprungstellen suchen musste. Als sie über die Hügelkuppe verschwanden und auf der anderen Seite hinunterrannten, bellte ich erneut, um sie wissen zu lassen, dass ich ihnen dicht auf den Fersen war und keine Zeit zum Innehalten blieb. Ich wollte, dass sie direkt auf Oberon zuhielten.
Ich hatte natürlich keine Ahnung, wo genau er wartete, aber mein Bellen würde ihm hoffentlich verraten, in welche Richtung sie sich bewegten.
Der
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