Die Chronik des Eisernen Druiden 1: Die Hetzjagd (German Edition)
aussichtslos, da FLIDAIS ihn mit einem magischen Bann ihrem Willen unterworfen hatte. Ich konnte nicht einmal mehr unsere gewohnte mentale Verbindung spüren.
» FLIDAIS ! Gib sofort meinen Hund frei!«, fauchte ich und die Schreie des Mannes verstummten. Doch es war bereits zu spät. Ohne viele Umstände, ohne dramatisches Donnergrollen oder zitternde Violinen im Hintergrund, hatte mein Hund dem armen Mann die Kehle herausgerissen.
Oberons Gedanken wurden wieder wahrnehmbar und eine Flut von Fragen überschwemmte mein Bewusstsein. ›Atticus? Was ist passiert? Ich schmecke Blut. Wer ist dieser Mann? Wo bin ich? Eigentlich wollten wir doch Schafe jagen. Das hab ich nicht wirklich getan, oder?‹
Geh weg von ihm, ich werde dir gleich alles erklären , sagte ich. Wenn man so viele mörderische Kämpfe erlebt hat wie FLIDAIS und ich, steht man dem plötzlichen und gewaltsamen Tod eines Menschen nicht mehr mit unläubigem Staunen gegenüber. Kein Stottern und Stammeln, kein Jammern, kein Haareraufen. Nur eine nüchterne Bestandsaufnahme der Konsequenzen. Sollten diese Konsequenzen allerdings fatal sein, sind Gefühlsäußerungen durchaus angebracht.
»Das war nicht nötig!«, brüllte ich, wobei ich meinen Blick vorsichtshalber auf die Leiche richtete. »Wir hätten ihn entwaffnen und überwältigen können. Sein Tod wird mir und meinem Hund eine Menge Ärger bereiten.«
»Ich wüsste nicht wie«, erwiderte FLIDAIS . »Wir können die Leiche einfach verschwinden lassen.«
»Das ist nicht mehr so einfach wie früher. Sie werden die Leiche irgendwann finden und in ihren Wunden zwangsläufig Hunde-DNA entdecken.«
»Sprichst du von den Sterblichen?«, fragte die Jagdgöttin.
Was soll man tun, wenn man die Götter um Geduld anflehen möchte, aber ausgerechnet eine Gottheit die eigene Geduld auf die Probe stellt? »Ja, die Sterblichen!«, fauchte ich.
»Was ist diese DNA, von der du sprichst?«
Ich knirschte mit den Zähnen und hörte in der dünnen Wüstenluft ein kurzes, wiederholtes Aufjaulen von Coyote. Er lachte mich aus.
»Vergiss es.«
»Er hatte den Tod verdient, Druide. Er hat mich angeschossen, und dich wollte er ebenfalls erschießen. Außerdem hat er mich hinterrücks überrascht, was niemals hätte möglich sein dürfen.«
Dieser Umstand weckte zugegebenermaßen meine Neugier. Ich trat zu der Leiche und befahl Oberon, sich zu entfernen.
›Atticus?‹, winselte er beinahe. ›Bist du wütend auf mich?‹
Nein, Oberon , sagte ich. Das warst nicht du. Es war Flidais. Sie hat deine Zähne als Waffe benutzt, so wie sie ihr Messer oder ihren Bogen gebraucht.
Nun winselte er wirklich. ›Ich fühl mich so elend. Mir ist schlecht. Urrrgh!‹ Er hustete und würgte, dann erbrach er sich auf das trockene, steinige Erdreich.
Ich ging in die Hocke, um den Ranger genauer zu betrachten. Er war ein junger Latino mit einem dünnen flaumigenSchnurrbart und dicken Lippen. Seine Aura hatte sich bereits verflüchtigt und seine Seele war unterwegs in andere Gefilde, aber als ich mit einem meiner Anhänger das magische Spektrum überprüfte, entdeckte ich Spuren druidischen Zaubers in dem Diamantstecker in seinem linken Ohr. Das ließ bei mir die Alarmglocken schrillen.
Ich erhob mich und deutete auf den Mann. » FLIDAIS , sein Ohrring ist magisch. Kannst du mir etwas über seinen Zweck oder vielleicht sogar seine Herkunft sagen?« Natürlich war ich mir über seine Herkunft im Klaren, auch wenn mir dieser spezielle Zauber unbekannt war. Meine Frage war mehr eine Art Test: Wenn FLIDAIS den druidischen Ursprung des Zaubers bestätigte und mir sogar seinen Zweck nannte, spielte sie kein doppeltes Spiel. Wenn sie mir allerdings weiszumachen versuchte, dass es sich um unbekannten Voodoo handelte oder um etwas ganz anderes, dann stand sie auf der Seite von jemand anderem und nicht auf meiner. FLIDAIS ’ Stiefel knirschten auf mich zu, ihre Jagdtrophäe und ihr verwundeter Arm waren vergessen. Sie kniete sich neben den Kopf des Rangers und untersuchte den Ohrring. »Ah, ja, dieser Bann ist mir vertraut. Es ist nichts, was ein niederes Feenwesen wirken könnte. Dieser Mann stand unter der Kontrolle der Tuatha Dé.«
»Das reicht mir«, sagte ich, zufrieden mit ihrer aufrichtigen Antwort. »Dahinter steckt mit Sicherheit AENGHUS ÓG persönlich. Er hat den Ranger mit einem Tarnzauber umgeben und ihn genau in dem Augenblick gelöst, als der Mann zu sprechen begann. Damit hat er einen Überraschungsmoment und den Tod des
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