Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht
dann auf solch seltsame Weise vor?«
»Das scheint eher ein Produkt der Innenpolitik von Lon-Ser zu sein. Das einzig Vielversprechende, was Baram uns heute erzählt hat, ist, dass er und seine Kumpane auf Befehl einer kleinen, aber stetig wachsenden Bewegung in Lon- Ser handelten. Der größte Teil der Bevölkerung von Lon- Ser ist offenbar Fremden gegenüber ebenso feindselig eingestellt wie unser Volk. Sie haben sich gewaltig angestrengt, ihre Grenzen Fremden gegenüber zu schließen, sie haben verlangt, dass hochentwickelte Waren im Land bleiben - obwohl ihre Aufmerksamkeit in dieser Sache, wie Orris' Abboriji-Freund schon andeutete, gewaltig nachgelassen hat.« Er hatte Orris einen Seitenblick zugeworfen, wandte sich nun aber wieder an Trahn. »Die meisten Einwohner von Lon-Ser möchten die Probleme, die ich erwähnt habe, selbst lösen, aber eine wachsende Anzahl hat begonnen, jenseits ihrer Grenzen nach einer Antwort zu suchen. Und zumindest eine Fraktion, Barams Fraktion, hat sich dabei auf Tobyn-Ser konzentriert.
Baram behauptet, dass sie hofften, Tobyn-Ser die Verteidiger zu nehmen, indem sie das Vertrauen der Menschen gegenüber dem Orden unterminierten und schließlich den Orden selbst zerstörten. Wie wir in Kaera und Wasserbogen gesehen haben, hätten die Menschen in Tobyn-Ser ohne den Schutz der Magier keine Chance gegen die Waffen aus Lon-Ser.«
Jaryd schüttelte verwirrt den Kopf. »Aber wenn ihr eigenes Volk diese Idee nicht unterstützt, wie konnten sie hoffen, Erfolg zu haben?«
»Darüber hat Baram nichts gesagt«, erwiderte Baden, »aber ich habe so meine eigenen Ideen. Es kommt mir so vor, als befände sich Lon-Ser inmitten eines ausgedehnten Kampfes um die politische Macht, an dem viele Gruppen beteiligt sind. Vielleicht haben die Anführer dieser Gruppe, Barams Gruppe, daraufgesetzt, dass sie jede Opposition im eigenen Land niederschlagen können, sobald sie Tobyn-Ser erobert und es dem Volk von Lon-Ser übergeben haben. Wahrscheinlich planten sie, damit ihre eigene Position zu stärken. Es ist eine Sache, eine Invasion gegen einen Feind von unbekannter Stärke zu planen, und etwas ganz anderes, die Früchte eines solchen Unternehmens zu genießen, ohne dafür zahlen zu müssen.«
»Also glaubten sie, dass sie sich mit ihrem Erfolg - falls sie Erfolg gehabt hätten - gegen jede Opposition hätten durchsetzen können.« »Sehr wahrscheinlich, ja.«
»Aber was immer dahinter stehen mag«, bemerkte Trahn und gab der Diskussion damit eine neue Richtung, »es sieht so aus, als wäre die Gefahr für Tobyn-Ser noch keineswegs gebannt.«
Baden sah seinen Freund an und nickte. »Von allem, was ich euch gerade erzählt habe, ist das der Punkt, an dem ich am wenigsten zweifle. Die Probleme von Lon-Ser sind nicht verschwunden, und als Ergebnis dessen, was die Fremden getan haben, bevor wir sie aufhalten konnten, ist der Orden nun schwächer als jemals zu vor. Wenn überhaupt, dann ist die Gefahr heute größer als vor einem Jahr.« Jaryd nickte zustimmend. »Die Menschen, denen Alayna und ich heute begegnet sind, haben zweifellos wenig Vertrauen in den Orden. Ein Mann hat uns bezichtigt, wir hätten uns mit den Fremden verschworen.«
»Diese Menschenmenge vor der Großen Halle ist auch immer noch da«, fügte Orris hinzu. »Ich bin nicht sicher, was sie wollen, aber sie haben mich nicht gerade in die Arme geschlossen, als ich vorbeiging.«
»Was machen wir also?«, fragte Alayna.
Baden sah Orris an. »Wie ich schon in jener Nacht auf Tobyns Ebene sagte, als wir Sartol verfolgten, ich glaube, die Zeit ist gekommen, einem Vorschlag zu folgen, den Orris bei der Mittsommerversammlung gemacht hat. Wir müssen das geistige Netz wieder spannen.«
Orris betrachtete den Eulenmeister mit unverhohlener Neugier. »Ich erinnere mich daran, dass du das gesagt hast. Wieso hast du deine Ansicht geändert?«
»Ich habe es nie für eine schlechte Idee gehalten«, gab Baden zu. »Ich wusste einfach nur, dass sich die Eulenmeister dagegen sträuben würden, und ich nahm an, dass eine Delegation zu Therons Hain die Angriffe wahrscheinlich stoppen würde. Ich habe mich geirrt«, fügte er hinzu. »Und um ehrlich zu sein, bedaure ich, mich damals gegen deinen Vorschlag ausgesprochen zu haben. Damit habe ich vielleicht unsere Chance verringert, den Orden davon zu überzeugen, den Vorschlag jetzt wieder aufzugreifen.« »Glaubst du denn, dass sie sich immer noch gegen die Idee sträuben?«, fragte Jaryd. »Selbst nach
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