Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
berichten. Von einer diesbezüglichen wichtigen Zusammenkunft soll nun hier die Rede sein.
Eines Tages im Herbstfall kamen im Hain Buchenstamm in Annoch Féa die edelsten Angehörigen Alter Völker zusammen, die sich im Lande Valia angesiedelt hatten. Der Hain ist an einer Flussaue gelegen, der innere Kreis von stolzen Bäumen mit mächtigen Kronen bewacht und mit dickem, weichem Moos ausgelegt. Ein Ort der Besinnung und Beschaulichkeit, dem sich nicht einmal die Sonne verwehren kann, obwohl sie den Weg hierher kaum noch findet.
Doch an jenem Tag verweilte Lúvenors Licht noch einmal mit üppigem Glanz, bevor es über die Berggipfel tief in den Westen hinabstieg. Der Hain leuchtete in Gold und Purpur, und sanft regneten Blätter herab und kündigten raschelnd jeden neuen Gast an, sobald er eintraf.
Zur Runde geladen hatte der edle Lichtsänger, ein großer Held der Velerii, dessen Lieder noch heute unerreicht sind, ebenso wie seine Stimme. Trotz der Kraft seiner mittleren Jahre wirkte er bereits wie ein alter, gebrochener Mann: fast erblindet, der Pferdeleib von vielen schlimmen Narben entstellt. Er hatte an der furchtbaren Titanenschlacht teilgenommen und war ein Überlebender, doch für den Rest des Lebens gezeichnet.
Alle waren Lichtsängers Einladung gefolgt und trafen am gewünschten Tag ein: Makun als Vertreter der bocksfüßigen Runi, Morgentau und Abendlicht von den ätherischen Blumenvisu, der falkenköpfige Phere Hrakim, und dessen guter Freund Ardir von den geflügelten Daranil, mit seinem hitzköpfigen Sohn Hyan. Dazu kamen Vertreter der Fuchsgeister und Baumhüter, und noch einige weitere, auch von den menschenähnlichen Sentrii. Und zuletzt traf der hochgewachsene, schimmernde Tardil ein, der König von Ardig Hall.
Es gab ein freudiges Wiedersehen und erstes Willkommen untereinander, und es dauerte lange, bis alle Vorstellungen abgeschlossen waren. Lediglich Tardil brauchte niemandem vorgestellt zu werden, und alle rückten ehrerbietig zur Seite, als er schweigend seinen Weg zwischen ihnen hindurch nahm und sich als Erster auf dem Moos niederließ.
Knorrige Baumgnome, kaum handspannenlang, warteten zur Bedienung auf, reichten Genüsse an Speis und Trank, Sitzkissen oder Decken und erfüllten noch so manchen anderen Wunsch, während sich die Mooswiese füllte und einer nach dem anderen seinen Platz im großen Rund einnahm.
Lichtsänger kauerte auf einem weichen Lager am silbrigen Stamm einer riesigen alten Buche, von goldrotem Laub beschattet. Winzige Elfen umschwirrten ihn mit hauchzarten Flügeln, bestäubten ihn mit Sternenstaub und rieben seinen Leib mit duftendem Öl ein. Das alles sollte der Schmerzlinderung dienen, doch sobald der Velerii seine Haltung veränderte, verzerrte sich sein Gesicht und wurde für einen Moment noch grauer und eingefallener. Dann verdoppelten die Elfen ihren Eifer und brachten leuchtende Blüten, deren feine Samthaare bei Berührung eine beruhigende Aura verströmten.
»Ich danke euch allen, dass ihr gekommen seid«, hub Lichtsänger schließlich an. Selbst seine Stimme verlor immer mehr an Kraft und Schönheit. Nicht wenige waren erschüttert, den großen Helden so zu erleben, kannten sie ihn doch ganz anders. Seine halbblinden Augen schweiften durch die Runde. »Ich weiß, welchen Anblick ich euch biete, und ich muss eure Vermutung bestätigen: Mir bleiben nicht mehr viele Mondwechsel, bis ich zu den Silbernen Gestaden aufbreche. Aus diesem Grund habe ich euch zusammengerufen, an diesem Tag, hier, wo ich dereinst begraben liegen werde, denn ich kann diesen Ort nicht mehr verlassen.«
»So wollen wir Euch begleiten!«, rief Makun leidenschaftlich und zog die Doppelflöte. »Ich werde Lieder für Euch spielen ...«
»... und ich werde singen«, warf die zarte Morgentau ein, und ihre liebliche Schwester Abendlicht: »Unsere Weisen werden Euch den Schmerz nehmen und Euch auf weichen Wolken tragen.«
Viele weitere Stimmen wurden laut und versuchten sich gegenseitig zu übertreffen, was sie für den Sterbenden tun wollten.
Lichtsänger hob, sichtlich gerührt, die Hand. »Habt Dank, meine edlen Freunde, dies ist schon so viel Trost, dass ich davon zehren kann, bis kein Leid mehr zu spüren ist.«
»Ich werde denjenigen zur Verantwortung ziehen, der Euch das angetan hat!«, platzte Hyan heraus und schlug heftig mit den Flügeln. »Sein ehrloses Leben ist verwirkt ...«
»Setz dich, Sohn, und schweig still!«, herrschte sein Vater ihn an, und Hyan gehorchte
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