Die Creeds: Wo die Hoffnung lebt
Hieb auf die Schulter. „Sie leitet eine Kleinstadt-Galerie, Conner, und ist nicht zum Bungee-Jumping oder will einen Bullen beim Rodeo reiten.“
Conner verzog kurz das Gesicht, und wieder einmal wusste Brody, was in seinem Zwillingsbruder vorging.
„Zwischen Moms und Tricias Schwangerschaft besteht überhaupt kein Zusammenhang“, fuhr Brody ruhig fort. „Hör auf, nach einem zu suchen.“
Diesmal brachte Conner ein gequältes Lächeln zustande.
Das bewies Brody, wenn auch nicht zum ersten Mal, wie verletzlich ein Mann war, wenn er eine Frau liebte. Und wenn das Baby auf der Welt war? Dann würde es noch viel schlimmer.
Ihm lief ein Schauer über den Rücken, als düstere Erinnerungen über ihn hereinbrachen.
„Was ist eigentlich mit deinen Sachen?“, wollte Connerwissen und musterte ihn von oben bis unten. Er neigte dazu, Themen zu wechseln, wie es ihm gerade passte.
„Moonshine hat sich ein bisschen hinreißen lassen, als wir den Fluss durchqueren wollten“, erwiderte Brody.
Sie gingen ins Haus. Der Hund trottete hinter ihnen her. In der Waschküche schnappte Brody sich eine Jeans, ein T-Shirt und Socken von den zusammengelegten Wäschestapeln auf dem Trockner. Nach einer eiligen Dusche zum Aufwärmen zog er sich in dem Zimmer, das er und Conner und im Sommer auch ihr Cousin Steven als Kinder geteilt hatten, rasch an. Sein Bruder war immer noch in der Küche, wo er mithilfe eines dieser raffinierten modernen Kaffeeautomaten für die unter chronischem Koffeinmangel Leidenden schnell einen Becher Kaffee machte.
„Wie geht der Hausbau voran?“, erkundigte sich Conner und reichte Brody einen dampfenden Becher, den dieser dankbar entgegennahm.
„Langsam“, erwiderte er nach einem Schluck. „Aber der Bauunternehmer schwört Stein und Bein, dass es bis Mitte August bezugsfertig ist.“
Daraufhin schnaubte Conner durch die Nase, zog einen zweiten Becher aus dem blitzenden Ding hervor und hob ihn leicht an. „Schicke Klamotten“, bemerkte er trocken. „Ich hatte mal genau die gleichen.“
Mit angehaltenem Atem beobachtete Carolyn Simmons, wie ihre hochschwangere Freundin Tricia Creed unbeholfen die Leiter herabkletterte. Tricia hatte gerade ein neues Batikbild bekommen, das eine amerikanische Ureinwohnerin am Webstuhl darstellte. Es war das Werk einer ortsansässigen Künstlerin und würde nicht lange im Laden bleiben. Womöglich war das der Grund dafür, dass Tricia es so hoch oben an der Wand angebracht hatte. Zweifellos dachte sie, dass Carolyn und sie sich noch etwas länger daran erfreuen könnten, wennes einigermaßen außer Reichweite hing.
Carolyn fand, dass Tricia mit ihrem langen dunklen Zopf, dem weiten Umstandskleid und diesem gelassenen Gesichtsausdruck, der den Glauben an das allumfassende Gute im Leben ausstrahlte, eine gewisse Ähnlichkeit mit der Weberin hatte.
Carolyn war größer als Tricia, hatte kunstvoll gesträhntes blondes Haar und trug wie gewöhnlich Jeans, Stiefel und ein figurbetontes T-Shirt. Tricia zog sie gern damit auf, dass Carolyn immer für den Fall gerüstet sein wollte, falls sich eine Gelegenheit zum Reiten ergab.
„Was hast du auf der Leiter zu suchen?“, fragte sie jetzt, stemmte die Hände in die Hüften und sah Tricia an. „Ich habe Conner versprochen, ein Auge auf dich zu haben, und kaum kehre ich dir einmal den Rücken zu, schon turnst du auf der obersten Sprosse herum.“
Tricia wischte sich den Staub von den Händen und trat lächelnd einen Schritt zurück, um das Werk zu betrachten. „Ich war weit entfernt von der obersten Sprosse“, widersprach sie heiter. Ihr Gesicht leuchtete im Sonnenschein, der durch das große Schaufenster fiel. Sie seufzte. „Ist sie nicht wunderschön?“
Und in der Tat hatte sich Primrose Sullivan, die Künstlerin, dieses Mal selbst übertroffen. Die Weberin war in der Tat wunderschön. „Ich glaube, einige von unseren Onlinekunden könnten sich dafür interessieren“, überlegte Carolyn. „Aber ich weiß nicht recht, ob sie sich aus dieser Perspektive so gut fotografieren lässt …“
Sie wurde von dem Geräusch quietschender Bremsen unterbrochen.
Schnell trat Tricia ans Fenster und spähte durch die antiken Spitzengardinen. „Schon wieder ein Reisebus“, stellte sie fest. „Mach dich auf einiges gefasst!“
Der Laden, eine Kombination aus Boutique und Kunstgalerie,lag im Erdgeschoss von Natty McCalls ehrwürdigem viktorianischen Haus. Carolyn wohnte in Tricias früherer Wohnung im Obergeschoss,
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