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Die Datenfresser

Titel: Die Datenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kurz
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Einleitung
Homo reticuli – Vernetzter Mensch
    Wir haben die Schwelle zur computerisierten Gesellschaft ganz beiläufig überquert. Unser Leben wird im Bits und Bytes gespeichert, ob wir wollen oder nicht. Wir telefonieren, lesen und schreiben digital, unsere Musik und unsere Bilder sind auf Festplatten gespeichert, der Großteil unserer Nachrichten stammt aus Online-Quellen. Unser Mobiltelefon kann verraten, wo wir gerade sind, und unsere »Freunde« bei Facebook & Co. erfahren alles über unseren Alltag. Egal, was und wo wir arbeiten, es gibt praktisch keine Tätigkeit mehr, die keine Datenspuren hinterläßt. Ohne direkte oder indirekte Computerhilfe werden heute nicht einmal mehr Bäume gefällt, Brote gebacken oder Busse gefahren. Die Digitalgesellschaft macht vor kaum einem Lebensbereich halt – und sie erzeugt immer mehr Daten, die ausgewertet, analysiert, gefiltert und verarbeitet werden können. Die Menge an digital gespeicherten Lebensäußerungen wächst weiter exponentiell, ein Ende ist nicht absehbar.
    Immer einfachere Oberflächen erlauben jedem den Zugang zur vernetzten Welt per Mausklick. Wir haben uns in die Rolle des ständigen Datengebers eingelebt, erlauben bewußt oder unbewußt tiefe Einblicke in unser Kommunikationsverhalten, unsere Wünsche, unser soziales Umfeld. Die neue Spezies des Homo reticuli hat sich durchgesetzt. Milliarden Informationsschnipsel werden weltweit jede Minute in sozialen Netzwerken und Internetdiensten erzeugt. Sie zu sammeln und aus ihnen Profile zu erstellen, sortiert nach Alter, Geschlecht, Aufenthaltsort und Wohnort, Arbeitgeber oder Nationalität, ist zum lukrativen Geschäft geworden. Das fast magische Verhältnis, das wir zu Computern und Mobiltelefonen entwickelt haben, füllt wie nebenbei die Taschen der Datenfresser, der Profiteure der digitalen Goldmine. Hier herrscht der Wilde Westen, der ganz nebenbei über uns kam.
    Versprochen wird uns eine bessere, einfachere, vernetztere Welt. Maschinelle »Intelligenz« soll uns angeblich helfen, bessere Entscheidungen zu fällen, uns intensiver mit unseren Freunden zu vernetzen und die Informationsflut zu organisieren und zu bewältigen. Noch sind die virtuellen Heinzelmännchen, die scheinbar intelligenten Helferlein, unvollkommen. Die Ecken und Kanten werden jedoch von lernenden Algorithmen abgeschliffen, für die jede menschliche Reaktion, jede Suchanfrage, jede digital aufgezeichnete Lebensäußerung ein wertvoller Hinweis ist, es beim nächsten Mal besser zu machen. Mehr und mehr Wissen über uns wird angehäuft und gespeichert, damit uns die Computer immer besser zu Diensten sein können. Das Datenfutter für die Perfektionierung der »künstlichen Intelligenz« liefern wir selbst, und wo diese noch nicht ausreicht, helfen wir gern aus.
    Was aber bleibt, ist ein diffuses Gefühl des Ausgeliefertseins, der Überforderung, der hilflosen Unfähigkeit, die Zusammenhänge und Mechanismen zu verstehen. Wer weiß eigentlich, wo ich mich gerade befinde? Und warum weiß er auch, wo meine Freunde gerade sind – sogar besser als ich? Wie genau kann er es wissen? Warum ist die Buchempfehlung des Online-Shops so gespenstisch gut? Und wer kann meinen Literaturgeschmack noch einsehen? Woher weiß der Online-Buchladen, daß ich eine Gitarre besitze?
    Die Technologien verändern sich mit großer Geschwindigkeit, über die neuesten Entwicklungen lückenlos informiert zu sein ist fast unmöglich. Doch ohne ein wenigstens intuitives Verständnis der technischen Systeme, ihrer Grundlagen und Funktionsweisen ist es schwer, die Risiken der zunehmenden Digitalisierung zu verstehen und unsere digitale Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Analogien und Geschichten können aber helfen, die wichtigen Muster zu erkennen, auch ohne Detailkenntnis der technischen Funktionsweisen. Angst vor komplexer Technik befördert eine Lähmung und den Unwillen, sich mit den Risiken zu befassen, die durch die Digitalisierung der Gesellschaft und des Alltagslebens entstehen. Diese Lähmung macht einen jedoch zum prädestinierten Opfer sowohl der kommerziellen und staatlichen Datenfresser als auch krimineller Online-Übeltäter. Ein Grundverständnis der vernetzten Welt ist mittlerweile unabdingbar geworden – und auch nicht zu schwer zu erlangen.
    Wichtig für das Verständnis der digitalen Welt ist, die finanziellen Mechanismen zu durchschauen, um die daraus resultierenden Motivationen der Menschen und Institutionen erkennen zu können. Wer

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