Die Datenfresser
Aufmerksamkeit und Nutzerzahlen. Benutzergenerierte Inhalte, also Daten und Informationen, die Nutzer kostenlos ins Netz stellen und die gewinnbringend verkauft werden können, sind der Rohstoff von Flickr, Facebook & Co. E-Mailadressen, persönliche Profile, Postleitzahlen, Telefonnummern, Fotos, aber auch die sozialen Verbindungen der Benutzer untereinander werden zur Ware.
Besonders die sozialen Netzwerke offerieren etwas höchst Menschliches: Kontakte, Kommunikation und letztlich die Sichtbarkeit der eigenen virtuellen Identität im Netz. Die persönliche Repräsentanz, das digitale Abbild unseres Selbst, findet mehr und mehr in den Online-Netzen statt. Freundes- und Kollegenkreise bilden sich auf Facebook, Studi VZ oder Stayfriends ab, es wird online geflirtet und gearbeitet. Der Kern der Angebote ist die einfache Publikation und vielfache Weiterverlinkung von fast allem, egal ob Katzenbilder, Geschäftskontakte, Urlaubserinnerungen oder digitale Todesanzeigen. Und scheinbar sind all die praktischen Dienste und Netze kostenfrei.
»Werden Sie Mitglied, unsere Plattform bietet Ihnen alles kostenlos!« schallt es einem im Netz an vielen Stellen entgegen. Internetdienste versprechen mehr Spaß, mehr Freunde, mehr Produktivität, mehr Sex, mehr Informationen oder Shopping-Empfehlungen – meist ohne Bezahlung. Wenn man nicht genau hinsieht, scheint es fast, als wäre im Netz der Kommunismus ausgebrochen: Alles für alle und umsonst.
Wie teuer »kostenlos« wirklich ist
Wenige wissen, wie sich die Anbieter der digitalen Annehmlichkeiten finanzieren. Womit bezahlen wir die vorgeblich kostenlosen Dienste? Denn eine Gratis-Ökonomie ist es mitnichten. Wie funktioniert die magische Umwandlung von Klicks und Teilnehmerzahlen, von Freunden und hochgeladenen Bildern in Geld? Und was sind die Leitwährungen und Umrechnungskurse? Die meisten Nutzer haben eine vage Ahnung, daß sich das alles über Werbung finanziert, aber kaum jemand mag sich so recht mit den Details befassen.
Klar ist: Kein Unternehmen stellt umfangreiche Dienste bereit, ohne sich davon einen monetären Vorteil zu erhoffen. Der Betrieb einer Webseite mit Millionen von aktiven Benutzern kostet jeden Monat hohe Summen. Die Kosten fallen in vielen Bereichen an. So betreiben zum Beispiel Facebook und Google riesige Hallen voller Computer, die Dutzende Megawatt Strom verbrauchen. Ein großes soziales Netzwerk wie Facebook muß Rechner- und Speicherkapazitäten aufbauen, die pro Tag mit fast fünfzig Millionen hochgeladenen Bildern umgehen können. In jeder Minute kommen also mehr als dreißigtausend Fotos neu hinzu.
Die Computer, auf denen ein Webdienst solcher Anbieter läuft, auf denen also die Daten der Nutzer gespeichert und verarbeitet werden, heißen »Server«. Von dort werden die Webseiten an den heimatlichen Computer und seinen Browser ausgeliefert. Meist handelt es sich um vergleichsweise preiswerte, einfache Geräte, die in den klimatisierten Hallen stehen und darauf optimiert sind, möglichst viel Rechen- und Speicherleistung zu erzielen und dabei wenig Platz und Energie zu verbrauchen. Jeder davon kostet etwa ein- bis zweitausend Euro und hält maximal drei Jahre, bevor er ersetzt werden muß.
Die Server werden in sogenannten Racks übereinandergestapelt, meist vierzig oder fünfzig übereinander. Von diesen Racks stehen einige hundert in jeder der Hallen. Jeder Server verbraucht etwa soviel Energie wie drei oder vier Hundert-Watt-Glühbirnen und produziert genausoviel Wärme. Man kann sich das etwa so vorstellen, als würde man zweihundert Glühbirnen mit je hundert Watt in einem Schrank betreiben. Und dann stellt man ein paar hundert von diesen Schränken nebeneinander. Die dabei entstehende Wärme muß von gigantischen Klimasystemen abgeführt werden, bei manchen modernen Rechenzentren wird sie inzwischen zum Teil zurückgewonnen und recycelt.
Die Strom- und Anschaffungskosten für die Server sind nur ein Teil der Ausgaben, die ein großer Inhalte-Anbieter wie beispielsweise Youtube hat. Ein weiterer Posten ist die Internet-Anbindung, sie bewegt sich in Größenordnungen, die einen heimischen Internetanschluß um das Zehntausendfache übertrifft. Der Bedarf an Internet-Bandbreite von Unternehmen wie Youtube ist so groß, daß der Google-Konzern, zu dem es gehört, selbst ein Internet Service Provider ( ISP ) geworden ist. Das Personal, um solche komplexen Netzwerkstrukturen zu bauen und zu betreiben, ist teuer. Einkalkuliert werden müssen
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