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Die Delegation

Die Delegation

Titel: Die Delegation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Erler
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erster Linie der Beobachtung der Ionosphäre. Außerdem vermessen wir den Mond und die nächsten Planeten. Wir arbeiten dabei wie ein Radargerät. Sehr kurze elektromagnetische Impulse werden ausgesandt, auf der Frequenz von vierzig beziehungsweise vierhundertdreißig Megahertz. Die Echos, die das Objekt, zum Beispiel der Mond, reflektiert, werden dann ausgewertet. So erhalten wir sehr detaillierte Oberflächenkarten.
    Schwenkbar ist unsere Antenne nicht, sie ist ja im Berg fest verankert, aber der Fokus ist auf der Meridianebene beweglich. Unser Empfangswinkel reicht etwa vom Äquator bis dreißig Grad Nord.«
    Mit einem Jeep fuhr uns Mr. Dyce einmal ringsherum um die Antenne, dann auf die höchsten Berge zu den Pylonen, schließlich auf einer Serpentine unter dem Drahtnetz hindurch zur Talsohle. Ich gebe zu, wir waren beeindruckt. »Wenn Sie Aufnahmen machen wollen, müssen Sie sich beeilen: Punkt zwölf bezieht sich der Himmel, Punkt zwei wird es regnen – bis halb vier.« Wir beeilten uns.
    Punkt zwölf bezog sich der Himmel. Punkt zwei fielen die ersten Tropfen.
    Blitze zuckten, schlugen ein in die nächsten Bergspitzen, in die Pylone, in die Stahlseile hoch über dem Tal. Wir standen am großen Fenster des Laboratoriums, am Steuerpult. Der Fokus mit seinen Plattformen und Treppen, frei aufgehängt an den mächtigen Stahlseilen, verschwand in den Wolken. Ein ideales Ziel für Blitze.
    Was dann kam, schien unglaublich.
    Als der Fokus wieder kurz aus den Wolken tauchte, sah ich Menschen dort oben. Eine Halluzination? Die Blitze schlugen dort oben ein, jede Minute zwei-, dreimal. Dem ohrenbetäubenden Knall in den Verstärkeranlagen des Labors folgte eine Sekunde später der Donner. »Das ist die Malertruppe. Die sind dort oben unentwegt am Entrosten und Streichen. Aber keine Angst, die sitzen jetzt in einem Faradayschen Käfig, abgeschirmt von den Blitzen. Nur Ohrenschützer müssen sie tragen, sonst werden sie taub.« Gegen halb vier war der tropische Regenguß vorbei, die Wolken verzogen sich innerhalb von Minuten. Nur in den Waldtälern dampfte es noch. Da hatte ich eine meiner dümmsten Ideen:
    Ein Interview mit Mr. Dyce in der Gondel auf dem Weg hinauf zum Fokus.
    Vier Mann fanden gerade Platz in dem offenen Gitterkäfig, der mir bis zur Hüfte reichte. Mr. Dyce, Charly mit der Kamera, Manfred mit der Tonapparatur und ich. Der Kasten wirkte ausgesprochen überlastet. Die Fahrt begann. Nach wenigen Sekunden hingen wir über der Antenne, deren Wände fast senkrecht abfielen. Unter uns der Gitterrost, dann schwindelnde Tiefe. Die Fahrt dauert acht Minuten. Windböen pfiffen über die Berge. Unser Käfig begann zu schwanken. Zweihundertachtzig Meter über dem Abgrund.
    Disziplin, sagte ich mir, kein Blick nach unten! Ich stellte Mr. Dyce immer neue Fragen – Arbeit, hoffte ich, lenkt ab von der Panik.
    Als wir oben ankamen, warteten die Maler in Schutzhelmen und Ölzeug: Feierabend. Der geht vor, wir mußten raus, mußten umsteigen von dem schmalen Kasten auf einen noch schmäleren Steg. Windstärke sechs.
    Plattform, Gitter und Drahtseile sangen wie eine Windharfe. Und die Maler schwebten nach unten. Hinter uns stand eine neue Wolkenwand. Blitze zuckten auf die Bergkegel herunter. Das nächste Gewitter kam näher.
    »Ja, das passiert manchmal um diese Jahreszeit, ein Gewitter nach dem anderen.« Mr. Dyce hatte die Ruhe weg. »Mal sehen, wer schneller ist …«
    Bis zur Rückkehr des Käfigs würden mindestens sechzehn Minuten vergehen. Sechzehn Minuten! Übrigens: Die Gondel war schneller.
    Als wir wieder unten waren, krachten die ersten Blitze in den Fokus. Ein symbolischer Auftakt für den letzten Akt unserer Unternehmung.

 
64
 
    Rolle zehn:
    Flug über schneebedeckte Berge. In einer Boeing sitzt Roczinski und referiert in sein Mikrofon:
    »In etwa zehn Minuten werden wir in Lima landen, der Hauptstadt von Peru. Es kam alles ein wenig überraschend. Hier neben mir sitzt Axel Lundquist, schwedischer Amateurarchäologe und begeisterter Sportflieger.« Lundquist, Anfang Dreißig, ein langes, schmales Gesicht, lächelt in die Kamera.
    »Sein besonderes Interesse gilt der Inka- und Vor-Inka-Kultur von Peru. Wir trafen uns gestern in Los Angeles, es war mehr ein Zufall, wir kamen ins Gespräch. Und jetzt, Herr Lundquist, sind wir unterwegs …«
    »Nach Nazca …«
    »Nach Nazca. Das Tal von Nazca, eine Ebene, in den Küstenkordilleren, ist uraltes Kulturland …« Lundquist spricht deutsch fast ohne

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