Die Delegation
zurück. Die Sonne schickte sich an, über dem Pazifik unterzugehen. Ein Hauch von Abenteuer wehte uns entgegen. Südamerika! Da setzte die Maschine auf – und die einhundertzweiundvierzig spanischen Mamas brachen in frenetischen Jubel aus. Sie applaudierten dem Kapitän, bis die Maschine ausgerollt war. Noch einmal war alles gutgegangen! – ein Wunder! – wir waren gelandet!
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Noch Rolle zehn:
Eingekeilt in eine Menschenmenge – es sind überwiegend Indios, steht Roczinski auf den Stufen einer mächtigen Kathedrale an der Plaza de Armas in Lima.
»Wir sind nicht nach Peru geflogen, um die sogenannten Inka-Straßen in der Ebene von Nazca zu bestaunen – sondern um der Lösung dieses Rätsels näherzukommen. Professor Juan Estrella, Archäologe an der San-Marcos-Universität in Lima, hat Axel Lundquist ein seltsames Telegramm geschickt, Professor Estrella ist gewissermaßen Mentor und Freund von Lundquist. Die beiden haben sich vor Jahren bei Ausgrabungen um Sapantiana und Tampumachay, das sind Ruinenstädte in der Umgebung von Cuzco kennengelernt. Der Text des Telegrammes lautet: ›LOS DIOSES DE NAZCA BACHARAN NUOVAMENTE – AGUARDAMOS EN BREVE POSSIVELMENTE IN LIMA. ESTRELLA‹ – ›Die Götter von Nazca sind wieder gelandet – erwarte Dich dringend in Lima‹.«
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Unser Weg vom Flugplatz in die Stadt führte durch die Slums – kilometerweit.
Lima hat, so heißt es offiziell, zwei Komma zwei Millionen Einwohner. Aber vermutlich sind es vier. Und es werden täglich mehr. Die Indios kommen von den Bergen, angelockt von den Segnungen der Zivilisation. Sie lebten in einer Höhe von drei- bis viertausend Metern, hier unten werden sie tuberkulös. Die Blech- und Lehmhütten wachsen die Hänge der kahlen Berge hinauf, dehnen sich aus bis zum Hafen Callao unten am Pazifik.
Lima – ›Stadt der Könige‹. Pizarro liegt hier begraben, der sie gegründet hat, nachdem er das Inkareich mit seiner Kultur vernichtet hatte.
Doch im Zeichen des steigenden Tourismus leben die alten Formen und Farben wieder auf. Souvenir – Souvenir! Folklore und Airport-Art.
Wir überquerten den Fluß, Rio Rimac. Er führt selten Wasser, die Niederschläge sind hier gering. Sein Bett dient als Kloake und als Abladeplatz für Müll.
Das Zentrum. Ein Dutzend Klöster, schön und reich, für jedes drei Sterne. Ein Dutzend Museen. Das Gold der Inkas, das man dem Ruhme Spaniens und seiner Kirche vorenthielt, hier liegen diese spärlichen Reste alarmgeschützt unter Glas. Fahrt nach Süden – nach Nazca.
Panamericana-Sur, Traumstraße der Welt, südlicher Teil. Zwei Kilometer Autobahn, der Rest Landstraße dritter Ordnung, schmal, ausgefahren, gefährlich. Sie führt durch Wüsten und durch fruchtbare Täler.
Baumwolle flog über die Felder, hochgewirbelt vom Wind. Die Großgrundbesitzer waren enteignet – jetzt ist noch keiner zuständig für diese Ernte.
Kreuze standen am Straßenrand, kleine Kreuze aus Holzlatten, größere aus Eisen, einzeln, auch mal zwei, mal drei, mal fünf auf einem Platz. Autounfälle.
Wir fuhren in einem klapperigen Kleinbus, und wir fuhren zu schnell. Unser Fahrer steuerte mit der linken Hand, die Lenkung sprang, ausgeschlagen vermutlich. Mit der rechten hupte er: Er brachte einen blanken Draht in Kontakt mit der Karosserie, mit der Masse. Er hupte fast regelmäßig. Die Pausen waren selten länger als zehn Sekunden. Die Straße war frei, kein Wagen, kein Fußgänger, kein Eselsgespann weit und breit. Aber er hupte.
Die Polizei stoppte ihn, und es stellte sich heraus, er hatte keinen Führerschein. Ende der Reise.
Als der Polizeioffizier erfuhr, daß wir vom deutschen Fernsehen waren, durfte er weiterfahren – ohne Lizenz. Ein Tunnel – steile Serpentinen – es ging hinunter in die Ebene von Nazca – Pampa Colorada. Vierhundertfünfzig Kilometer – sieben Stunden. Roczinski hatte es sich bequemer gemacht:
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Noch Rolle zehn:
Lundquist steuert die zweimotorige Sportmaschine, neben ihm sitzt Roczinski mit Tonbandgerät und Mikrofon, hinter ihm Callaghean mit der Kamera.
Roczinski versucht, den Motorenlärm zu übertönen:
»Wir befinden uns auf dem Weg von Lima nach Nazca – ohne Professor Estrella. Er war in Lima nicht aufzufinden – wir hoffen, ihn in Nazca zu treffen. Unser Flug dauert etwa eineinhalb Stunden, immer die Küstenkordilleren entlang.«
Die kahlen, faltigen Gebirgskämme treten zurück. Vor uns liegt eine Ebene.
Ein schmaler
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