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Die Delegation

Die Delegation

Titel: Die Delegation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Erler
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und verkarstet, eine Mauer im Dunst. Davor einige Hügel. Geröllbedeckte, verwitterte Kegel, weit auseinander gestreut über die ganze Fläche. Der Jeep hält am Fuße eines dieser Hügel. Roczinski und Lundquist laufen hinauf, Callaghean folgt ihnen, sie halten Ausschau – eine breite Linie läuft auf den Hügel zu und über seinen Gipfel hinweg auf der anderen Seite weiter. Zwei weitere Linien schneiden sich am Halteplatz des Jeeps. Dort versuchen nun Roczinski und Lundquist, sich an Hand einer Karte und der Archiv-Flugfotos, die sie bereits in der Boeing kommentiert hatten, zu orientieren. Roczinski greift zu seinem Mikrofon:
    »Von den geometrischen Linien ist hier unten wenig zu erkennen. Was von oben wie ein Brett wirkt, entpuppt sich als Hügellandschaft.
    Übrigens: Professor Estrella blieb unauffindbar. Die Orientierung ist schwierig. Wir nehmen an, daß wir uns hier an diesem Punkt befinden, am Schnittpunkt dieser Linien, am Fuße dieses Hügels.
    Den Landeplatz vermuten wir auf der anderen Seite dieser Bergkette.«

71
     
     
     
    Eine rasende Fahrt im Jeep querfeldein. Lundquist sitzt am Steuer. Er benutzt die von groben Steinen befreiten ›Inka-Straßen‹ als Fahrwege. Ab und zu verläßt er die Linien, wechselt wiederholt die Richtung, kreuzt über die Schotterebene, sucht eine Piste zwischen Sand und Geröll. Eine lange Staubfahne schleppt der Jeep hinter sich her. Gelber Sand legt sich über den Wagen, auf die Bänke und Kamerakoffer, auf Frontscheibe und Brillen, auf die verschwitzten Gesichter.
    Das ist kein Spaß, keine sportliche Tour, keine Rallye. Die drei gehen aufs Ganze, wollen etwas zwingen, angetrieben von einer ungeheuren Erwartung.
    Lundquist klammert sich an das Lenkrad, der Jeep springt über die Steine, Roczinski verkeilt sich in seinem Sitz, verkrampft, verbissen – und Callaghean, stets unsichtbar hinter der Kamera, filmt und filmt.
    Die Bergkette ist näher gekommen, tritt hervor aus dem Dunst, ragt unvermittelt auf. Die Hänge schieben sich zusammen, enden in einem Kessel.
    Der Jeep beginnt zu schlingern, die Räder drehen durch, mahlen sich ein in den Sand. Der Motor stirbt ab. Ende der Fahrt.
    Roczinski und Lundquist springen aus dem Wagen, schleppen nun Tonbandgerät und Kamerakoffer – die Kamera folgt ihnen. Ein hektischer Aufstieg zu Fuß.
     
     
    Wieder eine Ebene, auch sie von Bergen begrenzt und von diesen mysteriösen Linien durchzogen.
    Roczinski und Lundquist kommen auf die Kamera zu, atemlos, erschöpft. Roczinski bleibt stehen. Er schaltet sein Tonbandgerät ein, nimmt sein Mikrofon:
    »Der Weg war wesentlich langer. Drei Stunden sind wir nun unterwegs – seit unserer Abfahrt vom Flugplatz. Zuletzt eine gute halbe Stunde Fußmarsch – über diese Randberge dort hinten – quer durch diesen Teil der Pampa. Wir gingen immer genau nach Westen – immer der Sonne entgegen. Sie steht nun tief. Viel Zeit bleibt uns nicht mehr. Wenn sie hinter dem Horizont verschwindet, wird es schnell Nacht.«
    Die Kamera schwenkt weiter: Ein steiler Hang, kahl, ausgewaschen, verwittert durch Erosion, bedeckt mit Schotter. Er liegt bereits im Schatten.
    Lundquist hat sein Gepäck abgestellt, beginnt mit dem Aufstieg.
    »Es ist wirklich nur eine Vermutung, aber wir glauben, daß sich der Landeplatz der Raumschiffe nun ganz in unserer Nähe befindet, hier über uns, fünfzig Meter höher. Diese steilen Hänge müssen zu einem Hochplateau führen. Wir haben das vom Flugzeug aus genau erkannt. Nichts ist hier unten zu sehen – nichts zu hören. Vielleicht finden wir auch diesmal nur verbrannte Flecke… Es ist ein Risiko, weiter vorzudringen… He, Lundquist . stop!« Callaghean reißt die Kamera herum.
    Lundquist ist bereits auf halber Höhe. Er bleibt stehen. Geröll beginnt zu rutschen, poltert auf die Kamera zu, landet unten bei Roczinski.
    Der steht immer noch unschlüssig am Fuße des Hanges.
    »Lundquist – Mike – be careful…!«
    Lundquist klettert weiter – und Callaghean mit der laufenden Kamera hinterher.
    Sie treten Steine los und Sand. Der Wind weht vom Tal her, wirbelt den Staub hoch, über den düsteren, schattigen Hang hinauf in die Sonne, die gerade noch über den Kamm des Hügels scheint.
    Lundquist krallt sich ein mit den Händen, hastet weiter. Callaghean ist nur noch wenige Meter hinter ihm. Da richtet sich Lundquist auf, steht in der Sonne, die auf der anderen Seite des Hochplateaus gerade untergeht. Er zögert, verharrt, versucht wieder, zu Atem zu kommen.

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