die Detektivin in Jeans
lehnte, auf einer Parkbank saß oder sich auf einem
baumbestandenen Spazierweg küßte. Näherte sich ihnen ein geeignetes Opfer,
griffen sie blitzschnell zu. Sie stürzten sich auf die Passantin, denn meistens
waren es Frauen, die sie überfielen, oder alte, hilflose Männer, entrissen ihr
die Handtasche und den Schmuck, den sie trug, oder sie zwangen den Mann mit
vorgehaltenem Messer, seine Brieftasche herauszugeben — und verschwanden im
schützenden Dunkel des Parks oder einer Seitenstraße.
Die Polizei vermutete, daß es
sich um eine organisierte Bande handelte.
Rainer wanderte rund um den
Odeonsplatz, der um diese Zeit erst voll erwachte. Die Eisdielen waren noch
alle besetzt. Eine Studentengruppe demonstrierte mit Plakaten gegen das
Mensaessen aus der Tiefkühltruhe. Angehörige einer Sekte warben mit Handzetteln
für ihre Glaubensgemeinschaft. Jungen in Jeans und Mädchen in T-Shirts und
langen, bunten Sommerröcken schlenderten an den Auslagen der Boutiquen entlang.
Durch die offenstehenden Türen der Diskotheken zuckten die bunten Blitze der
rotierenden Lichtorgeln.
Rainer fand das Big Boys um die
Ecke einer engen Seitenstraße. Ein paar alte, klapprige Autos parkten halb auf
den Bürgersteigen. Dazwischen standen Mopeds und Motorräder, was darauf
hindeutete, daß vorwiegend Jugendliche sich im Big Boys trafen.
Rainer fuhr mit den Fingern
ordnend durch seine Haare und ging hinein.
Gerammelt voll, der Laden!
stellte er fest.
Im Hintergrund, auf einer
erhöhten Schaubühne, saßen vier Musiker im Safarilook. Sie zündeten sich gerade
Zigaretten an. Zwei von ihnen verließen ihre Instrumente und gingen an die Bar.
Vermutlich war es Zeit für ihre erste längere Pause.
Rainer schob sich durch die
dichtgedrängt sitzenden Gäste im Halbdunkel des Lokals. Er konnte Eva nirgends
entdecken.
Doch dann sah er an einem Tisch
neben dem Aufgang zur Empore einige ihrer neuen Freunde sitzen. Vier Jungen und
ein Mädchen. Sie schienen im Aufbruch begriffen. Ein Kellner stand mit
Kugelschreiber und Rechnungsblock neben Mark, der lässig mit einem Blauen
wedelte.
Rainer wurde es heiß vor Haß.
Mark hatte ihm Eva weggenommen.
Und sein Anblick machte Rainer erneut deutlich, daß es nahezu aussichtslos war,
gegen ihn anzukämpfen. Mark besaß nicht nur Geld — er sah auch noch gut aus.
Rainer hielt sich nicht gerade für häßlich. Doch Marks brutal schönem Gesicht,
der großen athletischen Figur und seinem selbstbewußten Auftreten hatte er
wenig entgegenzusetzen. Er selbst war nur einssiebzig groß, schlaksig, eher
ängstlich als mutig und nicht sehr robust. „Verträumter Typ!“ hatte Eva einmal
zärtlich zu ihm gesagt, als sie noch nicht auf Kraftbolzen stand.
Wo war sie?
Rainer blickte sich suchend um
— und sah, wie Eva gerade mit einer Freundin aus der Tür zu den Toilettenräumen
kam.
Er ging rasch auf sie zu.
„Rainer...?“
Er hatte den Eindruck, als
freute sie sich, ihn zu sehen, obgleich sie darüber auch etwas erschrocken zu
sein schien. Doch als er sie bat: „Kann ich dich sprechen, Eva?“ runzelte sie
die Stirn und schüttelte den Kopf.
„Wozu?“
„Bitte, Eva!“
Sie blickte zögernd auf ihre
Begleiterin. Das Mädchen lächelte spöttisch, sagte: „Komm nach!“ und ging zu
ihrem Tisch.
Eva fuhr Rainer an: „Was willst
du denn? Wozu läufst du mir nach? Ist doch alles geklärt zwischen uns, oder war
ich nicht deutlich genug?“
„Können wir nicht draußen
reden?“ bat Rainer und legte seine Hand auf ihren Arm.
Sie schüttelte seine Hand ab.
Doch sie ging ihm voraus durchs Lokal und wartete im Flur vor dem Ausgang auf
ihn. „Du bist verrückt, herzukommen. Es ändert doch nichts!“
Er blickte sie an. Der Flur war
nur schwach beleuchtet. Evas Gesicht lag im Schatten. Doch er sah es so
deutlich vor sich, als wäre es von hunderttausend Lampen erhellt. Es machte ihn
krank.
„Ich komme nicht drüber weg,
Eva“, sagte er.
Sie schwieg.
„Wir haben uns doch so gut
verstanden, Eva.“
„Mensch, Rain, fang bloß nicht
an zu flennen! Sei vernünftig. Du machst es dir nur schwer“, sagte sie heftig.
Doch in ihrer Stimme schwangen Mitleid und Bedauern mit.
Er wollte nicht, daß sie ihn
bemitleidete. Er wollte, daß sie wie früher für ihn empfand. Doch dann sagte er
sich, daß er ihr nicht so gleichgültig sein könne wie sie vorgab, wenn sie sich
um ihn sorgte.
Er legte seine Hände auf ihre
Schultern, schüttelte sie leicht. „Eva! Hat jemand gegen mich gehetzt, oder
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