0969 - Die magischen Welten des Duncan W.
Bronx, New York
Angespannt fuhr Mickey Mantle die Lenox Avenue hoch. Im Yankee Stadium erwartete ihn George M. Wasserstecher zu Vertragsgesprächen. Der mächtige Besitzer der New York Yankees wollte seinen besten Pitcher noch vor dem entscheidenden Spiel um den Divisionstitel gegen die Red Sox, den verhassten Erzrivalen aus Boston, weiter verpflichten. Mantle war dies mehr als recht. Er besaß keinerlei Ambitionen, die Yankees zu verlassen, auch wenn dies verschiedene Medien seit einigen Wochen hartnäckig behaupteten. Nein, er würde bleiben. Allerdings war er nicht so bei der Sache, wie er es gerne gehabt hätte und wie das sonst der Fall war.
Ray Possada ließ ihn nicht mehr los. Mantle spürte die fürchterlichen Schmerzen, die ihm Possadas Schlägertruppe zugefügt hatte, noch immer am ganzen Leib. Gut, er war so blöd gewesen, mit der Nutte in den engen, schmutzigen Hinterhof zu gehen, aber bei näherer Betrachtung - er hatte einfach nicht riechen können, dass sie eine von Possadas zahlreichen »Chicks« war!
Egal. Er musste Possada, dieses verdammte Schwein, auf jeden Fall umlegen, denn anders kam er nicht an die Papiere, die er so dringend benötigte. Nur mit ihnen kam er außer Landes.
Mickey Mantle grinste kurz über seinen eigenen Gedanken. Außer Landes, ja, das war gut. Aber er schaffte es nicht allein, ihn umzulegen, das hatte sich als völlig unmöglich herausgestellt. Er brauchte Hilfe. Denn er hatte nach wie vor keine Idee, wie er die stark gesicherte Bürotür, hinter der Possada saß, öffnen konnte. Aber wer sollte ihm helfen?
Ich muss es halt wieder versuchen. Irgendwann krieg ich's hin.
Mantle schaute nervös auf die Uhr. Es war nicht ratsam, den Big Boss warten zu lassen. Wasserstecher hasste Unpünktlichkeit und konnte äußerst ungemütlich werden, wenn man zu spät kam.
Das fiebrige Kribbeln in all seinen Gliedern brachte ihn fast um. Die Dreitausend-Dollar-Uhr zeigte Viertel nach drei. Noch kein Grund also, in Hektik zu verfallen.
Vielleicht sollte ich mich gleich darum kümmern, das Ganze dauert eh schon viel zu lange. Wasserstecher wird mich schon nicht rauswerfen, wenn ich zu spät komme, das kann er sich gar nicht leisten. Schon wegen der Fans. Aber Berra hat er auch rausgekickt, weil der nicht gespurt hat. Oh Shit, Shit, Shit, was soll ich machen?
Ein wunderschöner Sommertag lag über New York und ließ es zu, mit heruntergelassenen Scheiben zu fahren. Mantle drehte den CD-Player lauter, aus dem Hits des Rappers »50 Cent« hämmerten und ließ den linken Arm aus dem Fenster baumeln. Das sah locker aus. Aber die geballte, fast verkrampfte Faust zeigte den wahren Zustand des Baseballstars an.
Rote Ziegelbauten prägten das Bild der Lenox Avenue. An der »Lenox Lounge«, seinem Lieblingsrestaurant, hielt er kurz an, um für heute Abend einen Tisch zu bestellen. Er wollte seine Freundin Velita ausführen und mit ihr den neuen Vertrag feiern. Der Wirt versprach ihm, einen Nebenraum ganz alleine für ihn zu reservieren. Einigermaßen zufrieden legte Mantle einen Einhundertdollarschein auf die Theke. Er war sehr großzügig, wenn er zuvorkommend und seinen Wünschen gemäß behandelt wurde. Mantle hoffte, dass Possada ihm das Date nicht versaute, wie das in letzter Zeit zwei Mal der Fall gewesen war. Wenn es noch einmal passierte, war Velita unter Umständen weg, zumindest hatte sie das angedroht.
Aber Shit, wäre das so schlimm, wenn sie abhauen würde? Dann hätte ich wenigstens meine Ruhe.
Schmerzhaftes Bauchdrücken zeigte Mantle an, dass er sich das nicht wirklich wünschte. Er liebte Velita und wunderte sich über sich selber, überhaupt so was denken zu können. Er atmete tief durch und pustete die Luft mit einem lauten Geräusch aus.
Beim Harlem River endeten die Häuserblocks der Lenox Avenue und machten großen, von spärlichem Gras bewachsenen Freiflächen Platz. Weiter hinten standen alte, verlassene Lagerschuppen. Hier sollte demnächst ein großes Einkaufszentrum entstehen. Mantle seufzte, als er daran dachte. Das würde den vielen Jugendlichen, die hier tagein tagaus Baseball und andere Sportarten trainierten, um irgendwann raus aus dem Ghetto zu kommen und als Profisportler den sozialen Aufstieg zu schaffen, eine wichtige Motivationsgrundlage rauben. Mantle, der selbst aus ärmlichen Verhältnissen in Detroit stammte, hatte viel Verständnis für diese Jugendlichen und unterstützte großzügig einige Projekte, die in diese Richtung wiesen, mit mehreren
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