Die Deutschen
Ketzereien, sondern die Tatsache, daß sie das Evangelium der Freiheit gegen die Lehre der Unterdrückung predigten und dadurch auch für das übrige Volk zu einem Beispiel der Auflehnung wurden.
Der Erzbischof unternimmt in Verbindung mit seinem Bruder, dem Grafen von der Lippe, einen Kriegszug gegen die Bauern. Sie glauben, mit ihrer Ritterschaft das »dumme und kriegsungeübte« Bauernvolk leicht niederwerfen zu können. Die Ritter aber erleiden eine schmähliche Niederlage, und der Bruder des Erzbischofs büßt sein Leben ein.
In diesem Augenblick wendet sich der Erzbischof von Bremen an Papst Gregor IX. und ersucht um die offizielle Erlaubnis, den Glaubenskrieg gegen die Stedinger eröffnen und führen zu dürfen. Und nun wird gegen die Bauern »das Kreuz gepredigt«. 1233 zieht der Graf von Oldenburg mit 200 Kreuzfahrern gegen die »Ketzer« zu Felde. Aber die Stedinger erschlagen den Grafen mit allen 200 Rittern. Nun beginnen die erbitterten Mönche eine neue und heftige Predigtpropaganda gegen die Stedinger, und sie haben Erfolg. Im nächsten Jahre strömen über 40000 Streiter unter dem Herzog von Brabant und den Grafen von Holland, von Cleve, von der Mark und von Oldenburg herbei. Gegen diese Übermacht erheben sich alle Männer des Stedinger Landes, 11000 Bauern ziehen zur Verteidigung ihrer Freiheit gegen die Ritter aus. An ihrer Spitze stehen Bolke von Bardenfleet, Tammo von Hunthorpe und Detmar von Damme. Die Bauern sind nur mit einem kurzen Schwert, einem fünf Fuß langen, vorn zum Stoß, hinten zum Hieb eingerichteten Speer bewaffnet, tragen zum Schutz einen leichten Panzerrock, einen kleinen Schild und eine wenig wehrhafte Kopfbedeckung. Bei Altenesch treten sie gegen den viermal so starken Feind zum Kampfe an. Sie töten den neuen Grafen von Oldenburg, mehrere andere Fürsten und 4000 ihrer Reisigen. Aber am Ende entscheiden doch die Zahl und die Bewaffnung: die Ritter umkreisen auf ihren Pferden das Schlachtfeld, treiben die Aufständischen auf immer engerem Platze zusammen, und die Hälfte der Bauern findet den Tod in der Schlacht oder in der Weser. Der Rest flüchtet zu dem verwandten Stamm der Rüstringer und vereint sich völlig mit ihm. Das Land der Stedinger aber fällt in die Gewalt des Erzbischofs von Bremen. Damit ist der letzte Hort eines freien Bauerntums in Deutschland liquidiert.
Chronik 1306–1476
Pfeiferhänslein – oder Die erste Bauernverschwörung
1476
14. Jahrhundert: Ein Viertel der deutschen Bevölkerung lebt schätzungsweise in etwa 3000 bis 4000 Städten. Köln, die größte Stadt, hat rund 35.000 Einwohner. In 25 Städten leben mehr als je 10000 Menschen, in über 200 Städten leben je 2000 bis 10000 Einwohner. Die Mehrzahl der städtischen Gemeinden zählt 100 bis 1000 Einwohner.
1306 Kampf der abhängigen Bauern des Augustinerchorherrenstifts Suben am Inn um das Erbrecht, das die Versorgung der Familie des Bauern garantiert und eine festgesetzte Höhe der Feudallasten gewährleistet. Die »Zeitpacht« bietet dagegen den Feudalherren die Möglichkeit, die Abgaben und Dienste bei jeder Erneuerung des Pachtvertrages willkürlich zu erhöhen.
1321 Gemeinsame Vereinbarung der Böttchermeister aus Lübeck, Hamburg, Rostock, Wismar, Stralsund und Greifswald zum Schutz gegen die Gesellenorganisationen: Ausdruck des Kampfes zwischen Zunftmeistern und Zunftgesellen.
1329 Streik der Breslauer Sattlergesellen. Die Gürtlerzunft beschließt die Anlegung von »schwarzen Listen« der aufsässigen Gesellen.
1336–1339 Aufstand der »Armlederbewegung« in Südwestdeutschland. Ein Bauernbund, der zeitweise mit Teilen der städtischen plebejischen Schichten zusammengeht, vor allem gegen das »Wucherkapital« gerichtet ist und kirchenfeindliche Forderungen vertritt.
1351 Aufruhr der Gesellen des Weberhandwerks in Speyer zur Durchsetzung höherer Löhne und kürzerer Arbeitszeit.
1361 Der Schweidnitzer Schneidertag (20 Schneiderzünfte schlesischer und benachbarter Städte) beschließt einheitliches Vorgehen gegen die Gesellen in Fragen der Entlohnung und der Arbeitsverhältnisse.
In Südwestdeutschland bilden sich weitere Bündnisse der Zünfte mit klassenkämpferischem Charakter.
1364 Unruhen der Weber in Köln gegen das Patriziat. Die Erhebung wird niedergeschlagen.
1370 Eine erneute Erhebung der Zünfte in Köln, insbesondere der Weber, ist erfolgreich. Ein Teil der Ratsstellen wird mit Vertretern der Zünfte besetzt. Ein Jahr später gelingt es den Patriziern, die
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