Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben

Titel: Die Dienstagsfrauen zwischen Kraut und Rüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Peetz
Vom Netzwerk:
vollen Lkw für eine
letzte Umarmung aufeinandertrafen, brach es aus ihm heraus.
    »Ich gebe euch ein
Jahr, dann seid ihr wieder in Köln«, prophezeite er.
    Das Urteil von Johannes
Thalberg fiel vernichtend aus. Der Designpapst hielt das meiste von dem, was
sein Erstgeborener Max veranstaltete, für eine Schnapsidee. Die Verbindung mit
seiner ehemaligen Angestellten Kiki gehörte dazu. Und Schrottimmobilien im
Osten sowieso.
    »Ich weiß gar nicht,
wie ihr das stemmen wollt«, sagte er.
    Als Chef einer
international renommierten Designfirma hatte er Übung darin, eine schlechte
Idee auch eine schlechte Idee zu nennen.
    »Das Rad, das Auto, der
erste Computer: Ohne Schnapsideen wären wir immer noch im Mittelalter«, meinte
Max lässig.
    »Das ist noch kein
Grund, sich dorthin zurückzukatapultieren«, entgegnete Thalberg. Max’ Eltern
war die Vorstellung, dass ihr diplomierter Sohn nach vier Jahren Designstudium
in London auf einer kleinen Scholle im Osten den Hobbybauern,
Teilzeitselbstversorger und Pensionswirt geben wollte, zutiefst suspekt.
    »Selbst Michelle Obama
züchtet im Weißen Haus Karotten«, sprang Caroline dem jungen Paar bei. »Das
will was heißen.«
    Max startete den Motor:
»Im Sommer ist alles fertig«, rief er durch das Fenster, »dann kommt ihr uns
alle besuchen.«
    Kiki drückte ihren
Freundinnen noch schnell ihre nagelneuen Visitenkarten in die Hand.
    »Nicht verwechseln mit
Bierkowo«, warnte Kiki. »Das liegt in Hinterpommern.«
    »Birkow, Hirtenweg 4«,
las Judith. Das klang nach Abgeschiedenheit und Einöde.
    »Von dort kann es nicht
mehr weit nach Hinterpommern sein«, meinte Estelle.
    Greta lachte auf. Sie
thronte auf Kikis Arm und quietschte fröhlich ob der Luftschlangen, die ein
paar Karnevalisten auf sie niederregnen ließen.
    Kiki fiel es schwer,
sich loszureißen. »Auf dem Land können wir uns viel besser um Greta kümmern«,
betonte sie. »Mit dem Bed & Breakfast sind Max und ich unabhängig von
Aufträgen.«
    Ihre Stimme wackelte.
Seit Wochen hatte Kiki mit Feuereifer den Plan vorangetrieben. Jetzt, wo es
ernst wurde, sah sie aus, als wollte sie in Tränen ausbrechen.
    »Bloß weil Kiki nicht
mehr jeden Monat ins Le Jardin kommt, heißt das noch lange nicht, dass die
Dienstagsfrauen aufhören zu bestehen«, betonte Caroline.
    »Es wird einfach
anders«, tröstete Kiki ihre Freundinnen. Wie das aussehen sollte, konnte sich
keine so recht vorstellen.
    Eine letzte Umarmung,
ein letztes Winken, und dann war es vorbei. Mit lautem Gehupe bog der Lkw vom
Eigelstein Richtung Hansaring ab. Kiki verschwand aus ihrem Leben, einem
unbekannten Ziel entgegen. Köln wirkte gleich ein Stück grauer.
    »Ein Gutes hat es«,
meinte Estelle und schluckte schwer. »Es wird in diesem Jahr keine Diskussion
geben, wohin der Jahresausflug der Dienstagsfrauen gehen soll.«

3
    Normalerweise diskutierten
die Dienstagsfrauen einen ganzen Abend, um sich auf einen Urlaubsort für den
jährlichen Ausflug zu einigen. Das Ziel war diesmal nicht das Problem, dafür
benötigten sie ein geschlagenes halbes Jahr, um einen gemeinsamen Termin zu
finden.
    »Andere bekommen in der
Zeit ein Kind«, übertrieb Judith. Fakt war, dass sie in den vergangenen Monaten
oft die Einzige gewesen war, die am ersten Dienstag im Monat Zeit hatte. »Es
bleibt alles beim Alten«, hatten sich die Dienstagsfrauen am Umzugstag
versprochen. Und dann war alles anders geworden. Fast unmerklich war die Runde
auseinandergefallen. Caroline war in einem spektakulären Entführungsfall zur
Pflichtverteidigerin ernannt worden, Estelle rund um die Uhr damit beschäftigt,
ihren Mann aufzubauen, der nach einem Schwächeanfall kürzertreten musste, und
Eva ruderte an allen Fronten. Eine SMS von Kiki gab
letztendlich den Anstoß, Nägel mit Köpfen zu machen: »Wenn ihr zufällig Zeit
habt, ich könnte ein paar helfende Hände gebrauchen. Schnell.« Eva kannte Kiki
seit ihrem 18. Lebensjahr. Kiki hatte das unschätzbare Talent, in allen und
allem immer nur das Beste zu sehen. So eine SMS bedeutete:
Land unter. Und zwar ganz akut.
     
    Plötzlich ging alles ganz
schnell. Die Woche vor Pfingsten wurde als Reisetermin festgelegt, am Freitag
wollten sie aufbrechen. Eva freute sich, dass es endlich losging. Sie hatte
alles so weit unter Kontrolle, dass sie dem Ausflug der Dienstagsfrauen
gelassen entgegensehen konnte. Ihre Ältesten, David und Lene, waren inzwischen
siebzehn und sechzehn, Frido jr. vierzehn und die Kleinste, Anna, auch schon
zwölf. Die

Weitere Kostenlose Bücher