Die Dirne und der Bischof
Euch stören muss, doch es geht etwas Ungewöhnliches vor. Eine Delegation hat sich von der Stadt aus aufgemacht und wird jeden Augenblick auf der Burg eintreffen.«
»Ja und? Dann sollen diese Bittsteller eben warten, bis ich mein Mahl beendet habe.«
Der Hauptmann straffte die Schultern. »Ich denke nicht, dass es sich um Bittsteller handelt. So wie der Bausback, den Ihr in der Stadt postiert habt, uns gerade gesagt hat, sind das ganze Kapitel und der gesamte bürgerliche Rat der Stadt unterwegs sowie einige Vertreter der anderen Stifte, die Viertelmeister und Vertreter Eurer Landstädte. Selbst ein päpstlicher Legat soll bei ihnen sein. Es sind mehrere Dutzend Männer!«
Der Bischof schien nicht beunruhigt. Er leerte seinen Becher und sah in die Runde. »Wie mir scheint, wird mir eine großartige Möglichkeit zu Füßen gelegt, die Verhältnisse mit einem Schlag grundlegend zu ändern. Welch wunderbare Fügung.«
Elisabeth erschrak. Hatte sie seine Worte eben richtig verstanden? Gab es eine andere Möglichkeit, sie zu deuten? Sie sah in die Gesichter der Ritter am Tisch, der Verbündeten und Vertrauten ihres Vaters, und konnte auch in ihren Mienen Entsetzen lesen.
»Exzellenz, werdet Ihr sie empfangen?«, fragte der Hauptmann Hermann von Saunsheim nun doch ein wenig nervös. »Der Bausback ist zwar schnell geritten, doch ich vermute, dass sie jeden Moment das äußere Tor erreichen werden.«
»Ja, lasst sie herein. Wenn wir sie erst einmal hier im Hof zwischen unseren hohen Mauern haben, dann sehen ihre Forderungen gleich ganz anders aus.«
»Sie haben einige Bewaffnete dabei«, gab der Hauptmann zu bedenken.
Johann von Brunn winkte ab. »Was macht das schon? Ja, lasst sie kommen - und ruft alle unsere Männer zu den Waffen. Sie sollen sich bereithalten.« Zufrieden rieb sich der Bischof die Hände und griff dann nach einem besonders großen Stück fettigen Bratens.
Das Unbehagen stand nun deutlich im Gesicht des Hauptmanns, doch er wagte den Befehl nicht laut in Zweifel zu ziehen. Hermann von Saunsheim neigte nur den Kopf und eilte dann mit seinen beiden Begleitern davon, um die Befehle des Bischofs weiterzugeben.
Konrad von Weinsberg räusperte sich. »Exzellenz, Ihr wollt doch nicht etwa das ganze Kapitel und den Rat gefangen nehmen?«
»Warum nicht?«, gab der Bischof launig zurück. »Ihr meint, dann ist niemand mehr übrig, der sie auslösen könnte? Das ist ein berechtigter Einwand.«
Konrad von Weinsberg sah nicht drein, als hätte er diese Bedenken gehegt.
»Andererseits wäre das doch mal etwas«, fuhr der Bischof fort, der sich für seinen Einfall zunehmend zu erwärmen schien. »Vielleicht könnte ich dann Männer einsetzen, die meiner Sache mehr gewogen wären und mir nicht mit ihrem ständigen Genörgel die Tage verdürben.«
Elisabeth starrte ihren Vater fassungslos an. Das konnte er nicht ernst meinen. Das durfte er nicht ernst meinen! Dann war er nicht besser als die zahllosen Raubritter im Reich, die der König mit so viel Einsatz und doch nur wenig Erfolg zu bekämpfen suchte.
Ach, ist er denn jemals besser gewesen? Du naives Dummchen hast es nur nicht gesehen. Nicht sehen wollen!
Der Bischof schien den Blick zu spüren, denn er wandte sich seiner Tochter zu.
»Liebes, was starrst du mich so an?« Er tätschelte ihre eiskalte Hand. »Natürlich werde ich sie nicht alle in den Kerker werfen lassen.«
Elisabeth spürte, wie sie sich ein wenig entspannte.
»Nein, ich habe unter den Domherren durchaus Verbündete gewonnen. Der junge Niklas von Rothenhan ist mir sehr zugetan, und auch die Herren von Thann, Malkos und Kere, von Beningen und beide Brüder von Siech stehen auf meiner Seite.«
Weil sie der Verlockung des Geldes erlegen sind. Der Bischof wird auch bei seinen Bestechungen nicht knausrig sein!
Aus dem Hof drangen nun viele Stimmen in den Saal hinauf. Offensichtlich war die Abordnung eingetroffen. Der Bischof wischte sich den Mund ab und erhob sich.
»Gehen wir, meine Herren?«, fragte er mit einem breiten Lächeln. »Das scheint ein interessanter Tag zu werden.«
Elisabeth blickte in die Runde. Außer Geradina, die sicher zu dumm war zu begreifen, was hier vor sich ging, sah sie nur ernste und besorgte Gesichter. Keiner der Ritter und Kirchenleute konnte die entspannte Stimmung des Bischofs teilen. Seine beiden »wachenden Engel« an der Seite, schritt der Bischof auf die große Freitreppe hinaus und ließ den Blick über die Versammelten schweifen. Der Hauptmann
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