Die Dirne und der Bischof
Auch meine dunkelsten Stunden und meine Sünden, die im Himmel vergeben werden können, nicht aber von den Menschen auf der Erde. Es wäre für mich schrecklich, wenn ich dich verlieren würde. Darum bitte ich dich von Herzen, dich zu schonen, denn in die Kunst der Bader und Chirurgen setze ich kein Vertrauen.«
»Nein, ich auch nicht. Und nun mach, dass du in die Halle kommst. Dein Vater wartet sicher schon auf dich. Ich verspreche dir auch, dass ich in der Zwischenzeit keine schweren Eimer schleppe oder sonst etwas tue, was meiner wertvollen Gesundheit schaden könnte.« Jeanne lächelte verschmitzt. Elisabeth umarmte sie und verließ dann das Gemach.
Es wunderte sie nicht, ihren Vater und seine Ritter zu dieser Zeit bei ihrem verspäteten Frühmahl anzutreffen. Es waren ungewöhnlich viele Ritter anwesend: Ein paar der Männer waren ihr fremd, doch Elisabeth erkannte die Söhne der Grafen von Solms und Büdingen und den Bruder des Grafen von Hanau. Selbst Konrad von Weinsberg war heute anwesend. Auch zwei der Kapläne und der Generalvikar saßen noch bei Fleisch und Pasteten und großen Krügen Wein. Zwei Plätze neben dem Generalvikar hatte der alte Ritter von Saunsheim Platz genommen, den sicher nicht alle gern hier sahen. Viele nannten ihn schlicht einen Raubritter. Hatte er nicht erst vor Kurzem mit seinen Männern die Stadt Schwarzach überfallen? Zumindest hatte er es versucht, doch sein Plan war in letzter Minute vereitelt worden. Bischof Johann hatte die Stadt gegen zweitausend Gulden an die Edlen von Seckendorf verschrieben, und das passte dem Saunsheimer nicht. Schließlich hatte auch er noch Forderungen an die Stadt. Die Art, wie er diese zu begleichen suchte, musste jeden aufrechten Ritter empören. Der Bischof jedoch lud ihn nach wie vor an seine Tafel. Immerhin war sein Sohn der bischöfliche Hauptmann. Und der hatte im Auftrag seines Herrn vor einiger Zeit vier Mitglieder des Domkapitels gefangen genommen, als diese von einer Reise nach Schweinfurt zurückkehrten. Der Streit zwischen Bischof und Kapitel hatte sich wieder verschärft, und so nahm der Bischof mal wieder zu dem bewährten Mittel der Erpressung Zuflucht, indem er einige wichtige Männer des Gegners in seine Gewalt brachte.
Der Vorfall lag erst wenige Wochen zurück, und doch schien er aus einem anderen Leben zu stammen. Damals hatte Elisabeth noch im Frauenhaus gelebt und sich zusammen mit den anderen Frauen und der Meisterin über die Ruchlosigkeit ihres Bischofs ereifert. Sie hatten ihn und seine Bosheit beschimpft und ihm ein schnelles und schlimmes Ende gewünscht. - Und nun war der böse Bischof Johann von Brunn ihr Vater, den sie stets geliebt und verehrt hatte!
Der Bischof winkte ihr zu, als er seine Tochter entdeckte, und forderte den Ritter von Henneberg auf, ihr den Platz an seiner Seite zu überlassen. Geradina, die auf seiner anderen Seite saß, zog eine saure Miene. Hans von Henneberg dagegen lächelte sie an und verbeugte sich, ehe er sich einen Platz auf der anderen Seite des Tisches neben dem Generalvikar suchte. Johann von Brunn strahlte seine Tochter an.
»Wie geht es dir, meine Liebe? Ich hoffe, der Vorfall hat dir keine schlechten Träume bereitet.«
»Danke, mir geht es gut, Vater«, sagte Elisabeth. Ihre Stimme hörte sich rau an. Sie griff nach der Mandelspeise und begann zu essen. Elisabeth achtete nicht auf die Gespräche um sie hierum. Natürlich wurden die Ereignisse des Vorabends immer wieder zum Thema. So oft kam es nicht vor, dass Leibwächter planten, ihren Bischof zu ermorden. Oder war es eher die Tatsache, dass zwei Mägde und eine Tochter der Sünde zwei Ritter erstochen und erschlagen hatten?
Elisabeth hielt dem Diener ihren Becher hin und wollte ihn gerade bitten, ihn mit warmem Met zu füllen, als drau ßen auf der Treppe plötzlich laute Stimmen zu hören waren. Schnelle Schritte näherten sich. Die Tür zur Halle wurde aufgestoßen, dass die beiden Flügel gegen die Wand krachten. Spätestens jetzt starrten alle Anwesenden zur Tür. Es war der junge Hauptmann von Saunsheim, der mit zwei seiner Wachtleute in die Halle stürmte. Der Bischof runzelte unwillig die Stirn. Er liebte Störungen während seines Mahls überhaupt nicht, und er konnte sich vermutlich keinen Grund denken, der solch ein rüdes Eindringen rechtfertigen würde.
»Hauptmann«, sagte der Bischof barsch, »erklärt Euch!«
Der Hauptmann verbeugte sich, schien aber nicht verunsichert. »Exzellenz, es tut mir leid, dass ich
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