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Die Drachen Der Tinkerfarm

Die Drachen Der Tinkerfarm

Titel: Die Drachen Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Beale , Tad Williams
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Spaß. So, und jetzt will ich meinen Kuss haben.«
    Lucinda küsste ihre Mutter auf die Backe, obwohl sie ihr böse war, nur für den Fall, dass sie sich tatsächlich nie wiedersähen. Sie glaubte zwar nicht, dass sie von so was wie einem Heumäher zermanscht werden würden, aber warum auch immer, ihr war bang und traurig zumute, und die Tatsache, dass sie groß geworden war und Mama sich nicht mehr bücken musste, um sie zu küssen, machte es nur noch schlimmer.
    »Beeilt euch, Kinder! Ach, hier ist übrigens noch etwas, das Onkel Gideon euch geschickt hat, hätte ich fast vergessen.« Mama reichte Tyler das in braunes Papier eingeschlagene Paket, weil er am nächsten stand, und als die zwei in den Zugstiegen, warf sie jedem von ihnen tapfer strahlend eine Kusshand zu. Im Abteil trat Lucinda ans Fenster. Mama winkte ihr, als der Zug anfuhr. Lucinda winkte zurück, doch sie fühlte sich dabei wie ein doofes kleines Kind, das im Einkaufszentrum in der Weihnachtsmannschlange steht, obwohl es dafür zu alt ist.
    Wir haben nicht einmal Brotbröcklein dabei, die wir ausstreuen können, dachte sie bedrückt, während der Bahnhof hinter ihnen verschwand. Und es wird sowieso niemand nach uns suchen kommen.
    Der Zug war alt. An den Wagenwänden blätterte die Farbe ab, und die Sitze waren, schien es, von den vielen Hinterteilen der letzten hundert Jahre durchgesessen und zerknautscht. Bei dem Gedanken hätte Lucinda am liebsten den ganzen Weg gestanden, aber Mama hatte gesagt, bis Standard Valley wären es mindestens fünf Stunden, und so setzte sie sich mit ihrem Bruder auf die freien Plätze, die am wenigsten eklig aussahen. Das Abteil war recht gut besetzt, überwiegend von Leuten, deren Anziehsachen ihnen nicht richtig passten oder die den Eindruck machten, dass Englisch für sie eine Fremdsprache war. Viele sahen ziemlich elend aus. Aber vielleicht lag das auch daran, dass sie sich so fühlte.
    Manchmal wünschte Lucinda wirklich, sie könnte irgendwie aufhören, immer so traurig und wütend zu sein.

    Sie waren schon eine ganze Weile gefahren, bevor ihnen das Päckchen einfiel, das Mama ihnen mitgegeben hatte. Tyler hing an seinem GameBoss Portable – er liebte das Ding und konnte stundenlang damit spielen, taub und blind für die Außenwelt. Lucinda hatte die Augen geschlossen und dachte neidisch an die Sommerferien, die ihre Freundinnen habenwürden. Caitlin und ihre Familie wollten zum Wasserskifahren, Schwimmen und Wandern an den Tyner Lake, und Trina und Delia blieben zwar zu Hause, aber konnten dafür in die Stadt gehen und Gitarrenunterricht nehmen. Die beiden würden wahrscheinlich Musiker werden und eines Tages beim Fernsehen landen, wo sie dann mit den ganzen anderen berühmten Leuten zusammensein und in Werbespots auftreten konnten, während Lucinda den Rest ihres Lebens Schafe scheren würde …
    »Das ist ja komisch«, sagte Tyler. Er hatte sich an das Päckchen erinnert und es ausgepackt.
    »Was?«
    »Da liegt ein Zettel drin. Darauf steht: ›Lucinda und Tyler, bitte lest dies aufmerksam durch. Es könnte euch das Leben retten.‹ Was soll denn das bedeuten?«
    »Wo liegt ein Zettel drin?«
    »In diesem Buch von Onkel Dingsbums.«
    »Gideon.«
    »Hä?« Tyler hatte angefangen, in dem Buch zu blättern.
    »Egal.« Sie äugte mit halbem Interesse hinüber, doch es sah nicht wie ein richtiges Buch aus. Zum Beispiel hatte es einen Papierumschlag, als ob es jemand in einem Kopierladen gemacht hätte.
    Lucinda beobachtete, wie die letzten Häuser eines Städtchens am Zugfenster vorbeizogen. Vom Zug aus ist alles hässlich, dachte sie. Man konnte den Leuten in den Garten gucken, und immer hing Wäsche an der Leine und stand für die Kinder eine armselige, rostige alte Schaukel herum.
    Etwas huschte so rasch am Fenster vorbei, dass Lucinda zusammenzuckte. Es hatte tatsächlich die Scheibe gestreift, glaubte sie – ein Vogel wahrscheinlich.
    »Haben Kühe einen Feueratem?«, fragte Tyler.
    Sie brauchte einen Moment, bis sie verstand, was er gesagt hatte. »Was redest du da?«, sagte sie schließlich.
    »Beantworte einfach die Frage.«
    »In echt?« Sie runzelte nachdenklich die Stirn. Sie wusste im Grunde nicht viel über Kühe. Milch. Unten dran eklige Hängedinger, aus denen die Milch kam. Machten »muh«. Standen auf Feldern rum. Fraßen Gras. Nichts von alledem hatte irgendetwas mit Feuer zu tun. »Nein«, sagte sie. »Natürlich nicht.«
    »Mann, das ist echt ein komisches Buch.« Lucinda wollte

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