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Die Drachenperle (German Edition)

Die Drachenperle (German Edition)

Titel: Die Drachenperle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Lüer
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von Moos und Flechten überwuchert war.
    „Weißt du , an wen du mich erinnerst? Früher, als ich noch ein kleines Mädchen war, hatte ich einen heimlichen Spielkameraden, ein Waldkind. Der Junge gehörte zu keiner Dorffamilie, hatte keinen Namen. Er tauchte manchmal auf, blieb eine Zeit und verschwand dann wieder, manchmal sogar mitten im Spiel. Er verschwand vor meinen Augen. Kannst du dir das vorstellen? Ich habe niemandem davon erzählt. Er hatte grüne Augen und Haare wie du, so seidig und schwarz wie die Nacht.“ Issyrle strich Makoto sanft über den Kopf und ließ spielerisch seine schulterlangen Haare über ihre Hand fließen. „Aber sie waren kürzer, nicht so lang wie deine. Selbst der Klang deiner Stimme ist ähnlich. Ich habe ihn mindestens seit zehn Jahren nicht mehr gesehen. Irgendwann habe ich ihn vergessen, hielt ihn für eine kindliche Einbildung, einen unsi chtbaren Freund, du weißt schon. Einer meiner Brüder hatte auch so einen „Freund“. Übrigens habe ich nur zwei Brüder, nicht elf.“ Issyrle lächelte keck. „Kleiner Scherz, weißt du? Ich wollte dich necken.“
    Je länger das Mädchen über diese längst vergangenen Tage sprach, umso aufgewühlter wurde Makoto. Die Berührung ihrer Hand öffnete etwas in ihm. Er spürte , wie die Barriere, die seine Erinnerungen blockierte, langsam bröckelte, instabiler wurde. Issyrles Worte erweiterten seinen Bewusstseinsraum, schufen Platz für vage Inhalte, die zu ihm gehörten, zu seiner Identität. Er fühlte sich stark zu Issyrle hingezogen, so als wäre sie schon immer ein Teil seines Lebens gewesen. Seine Schultern entkrampften sich , und er bekam Lust zu singen. Er hörte wie aus großer Ferne eine kleine Melodie und sang leise ohne Worte mit. Er gab seinen Gefühlen, die lebhaft nach Ausdruck verlangten, mit einer herrlichen, klaren Stimme Raum und Klang.
    Issyrle lächelte und summte leise mit. Derart ermutigt , sang Makoto nun lauter und freiherziger. Die Schönheit seiner Stimme verzauberte geradezu den Wald und seine Bewohner. Ein Schwarm kleiner, buntgefiederter Vögel kam herbei und ließ sich bei ihnen vertrauensvoll nieder. Einige flogen um Köpfe und Schultern herum und zwitscherten fröhlich mit. Makoto hielt ihnen lockend seine Handflächen hin und tatsächlich kam einer zu ihm. Sein Beinchen war verletzt und er lag mehr auf der Hand, als dass er stand. Dann geschah etwas sehr seltsames und völlig unerwartetes. Makotos Hände strahlten ein sanftes, goldenes Licht aus! Das Vögelchen wurde von diesem Licht vollständig erfasst und nach kurzer Zeit stand es fest auf beiden Beinen auf seiner Hand!
    „Was passiert hier? Makoto, was geschieht da? Du leuchtest, und der Vogel ist geheilt, wie hast du das bloß gemacht?“ Issyrle sprang überrascht auf und trat einen Schritt vom Baumstamm zurück. „Wer bist du wirklich? Was bist du?“
    „Ich weiß es nicht, ehrlich Issy.“
    „Wie hast du mich eben genannt?“ , fragte Issyrle atemlos. „So hat mich das Waldkind damals auch immer genannt! Bist du es wirklich?“
    Das Leuchten der Hände verstärkte sich jetzt , und der Vogel flog zu seinem Schwarm zurück. Makoto drehte seine Hände vor seinem Gesicht hin und her und war fasziniert. „Issyrle, es fühlt sich großartig an! Und so vertraut! Ich glaube, das war schon immer in mir. Und jetzt erinnere ic h mich auch an diesen Wald hier. Ich kenne die Shojabüsche und dich auch! Du bist mir jetzt so vertraut, als wärest du ein Teil meines Lebens, fast wie ein Teil von mir. Wir haben früher schon zusammen gesungen, nicht wahr? Ich war immer glücklich, wenn ich zum Spielen herkam, jetzt weiß ich es wieder! Aber – von wo bin ich hierhergekommen?“
    Es raschelte unter den Büschen. Ein Feuersalamander kroch flink auf den Baumstamm zu, kletterte auf Makotos Bein, von dort rasch weiter auf seine Hand. Er vollführte einen kleinen Tanz und zog so die volle Aufmerksamkeit auf sich.
    „Makoto, er ist giftig, schüttel ihn ab!“
    „Nein. Ich glaube , das Licht meiner Hände schützt mich, ich spüre kein Brennen. Sieh nur, wie elegant er sich bewegen kann und wie seine Augen mich ansehen! Fast, als wolle er mir etwas sagen. Das ist hier wirklich eine seltsame Welt.“
    Als wäre dies das Stichwort gewesen, stellte der Salamander seine wiegenden Bewegungen ein und fing tatsächlich an zu sprechen! Makoto hielt vor Schreck die Luft an und wäre fast vom Baumstumpf gepurzelt.
    „Ich bin ein Bote des Tempels. Ich überbringe dir eine

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