Die Drachenperle (German Edition)
Feuerträne. Dein Gesang rührt mich zu Tränen, ich kann nicht anders, als dir dieses kostbare Geschenk meiner Feuerträne zu machen. Bewahre sie wohl und sicher! Und denke immer daran: Hoch im Erlöserbaum, die Asche träumt ihren Feuertraum! “
Der schwarzgelbe Salamander wechselte nun chamäleongleich seine Farbe in ein tiefes Rotgold. Winzige Flammen züngelten aus seinen Augen , und schließlich fiel eine Träne, einem tiefroten Edelstein gleich, aus seinem Augenwinkel in Makotos Handfläche hinab.
Es war eine eigenartige, wunderliche Situation. Konnte das hier noch Realität sein? Makoto wusste nicht, was er davon ha lten sollte. Er stammelte Worte des Dankes und starrte schockiert und regungslos auf seine Hand, selbst dann noch , als der Salamander sich längst in die schwarzgelbe, landbewohnende, normale Amphibie zurückverwandelt hatte und wieder unter den Büschen verschwunden war.
Issyrle bestaunte die samenkorngroße Feuerträne, die in seiner Hand lag. „Sieh doch nur, in ihr lodern winzige Flämmchen! Ist die Träne heiß?“
Makoto verneinte. „Das hier muss Teil der Prophezeiung sein. Jetzt glaube ich wirklich, dass ich der Erlöser des Landes bin. Es kann nicht anders sein, meinst du nicht auch?“
Issyrle nickte heftig. „Du weißt, ich sah im Traum, dass der Tempel gefunden wird. Ich nehme jedenfalls an, dass das der Tempel war.“
„Du nimmst an?“
„Nun ja, niemand hat je zuvor den Tempel gesehen, alle haben immer nur davon geredet.“
Makoto stöhnte auf. „Ich jage also einem Phantom hinterher? Weißt du, ihr habt Glück, denn ich habe zufällig gerade nichts Besseres vor. Warum also nicht einen unsichtbaren Tempel suchen, mit nichts als Sprüchen und nunmehr einer Feuerträne im Gepäck. Großartig.“
„Sehr witzig, du Held und Erlöser. Aber ich muss jetzt wirklich nach Hause, meine Mutter wartet sicher längst ungeduldig auf mich und die Beeren. Werden wir uns wiedersehen? Ich möchte nicht noch einmal zehn Jahre warten, vor allem nicht, wo ich jetzt weiß, dass du real bist und keine Spielfantasie aus meiner Kindheit.“
Makoto legte seine Hand an des Mädchens Wange. „Ich vermisse dich jetzt schon. Aber je eher ich die Bürde, die Madox und das Volk der Taikianer mir auferlegt haben ablege, indem ich den Tempel finde, umso eher kann ich zu dir zurückkehren. Darum gehe ich jetzt. Wünsch mir Glück, dass ich alle Geheimnisse, die mir noch begegnen mögen, entschlüsseln kann, damit der unheilvolle Frost endgültig euren Lebensraum wieder freigibt.“
„Lebe wohl, mein Freund aus alten Tagen. Ich wünsche dir alles Glück des Taikiwaldes.“ Issyrle wurde sehr traurig, drehte sich jäh um und lief, den Beerenkorb schulternd, nach Hause. Was Mutter wohl zu dem goldenen Licht sagen würde, das aus seinen Händen strömte und Heilung brachte?
Makoto nahm seine Wanderung wieder auf, mit neuer Kraft. Er war erfüllt von dem Wunder des heilenden Lichtes und rief sich immer und immer wieder die einmaligen Bilder in Erinnerung. W ie der Vogel im Lichtschein heilte, wie der Salamander tanzte und sprach. Er vibrierte innerlich dabei, war wie elektrisiert. Das alles war von großer Bedeutung. Ja, er selbst war von großer Bedeutung! Makoto steigerte sic h in eine Hochstimmung hinein. E r fühlte sich jetzt nicht mehr klein und unsicher, sondern fühlte sich mächtig, wichtig und zuversichtlich. Wo immer der Tempel auch sei, er würde ihn finden, ohne Zweifel! Dann würden ihn alle Taikianer als Helden feiern und ehren, und Issyrle würde mit Bewunderung zu ihm aufschauen! Dass sie gut einen halben Kopf größer war als er, verdrängte er geflissentlich in seiner großspurig ausgestalteten Heldenvision.
Makoto gab sich seinen angenehmen Tagträume n hin und kam gut voran, alle Müdigkeit war fort. Doch je länger er unterwegs war, umso mehr beschlichen ihn dann doch wieder Zweifel. Wie groß war dieser Wald eigentlich? Allein die Strecke durch den Frostwald hatte grob geschätzt einen ganzen Tag in Anspruch genommen. Dann war er mit Issyrle zusammen gewesen, dann erhielt er wundersam die Feuerträne, die er in seiner Jackentasche aufbewahrte, und dann hatte er bei seiner jetzigen Wanderung allmählich das Zeitgefühl verloren. In der Tat konnte er kaum noch etwas sehen, es war dunk el geworden. Wo sollte er die Nacht verbringen? Er hatte nur eine Schlafrolle mitbekommen, kein Zelt. Keine Herberge weit und breit. Überhaupt hatte er noch keine bewohnte taikianische Siedlung
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